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Fünf junge Männer und Frauen stehen mit ihren Koffern vor einem Bahnhofsgebäude.

© IMAGO/Agencia EFE

Update

Internationale Studierende aus der Ukraine: Status von Drittstaatlern in Deutschland vorerst nur bis Mai geklärt

Ukrainische Studierende dürfen bleiben, aber was ist mit Drittstaatlern? Die HRK schlägt vor, sie in Deutschland ein Studienvisum beantragen zu lassen.

"Angemessene Regelungen für Studierende aus Drittstaaten, die bislang in der Ukraine studiert haben", forderte der Senat der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) am Mittwoch. Auf Nachfrage des Tagesspiegels, wie solche Regelungen aussehen könnten, teilte ein Sprecher am Donnerstag mit: "Ein pragmatischer Weg könnte etwa sein, dieser Personengruppe zu ermöglichen, in Deutschland einen Antrag auf ein Studienvisum zu stellen."

Dann müssten sie nicht erst in ihre Heimatländer reisen, um von dort aus den Antrag zu stellen. In jedem Fall seien Bund und Länder gefragt, zügig zu einer Lösung zu kommen. Ähnliche Lösungen wie die von der HRK vorgeschlagene haben demnach bereits verschiedene europäische Länder wie Polen, Ungarn, Bulgarien, Italien und Griechenland gefunden.

Klar ist unterdessen, dass Studierende aus Drittstaaten wie alle Ukraine-Flüchtlinge visafrei einreisen dürfen. Gleichbehandelt werden sie auch, wenn es um die Ukraine-Aufenthalts-Übergangs-Verordnung (UkraineAufenthÜV) des Bundesinnenministeriums geht. Danach genießen die internationalen Studierenden aus der Ukraine einen vorübergehenden Schutz bis mindestens 23. Mai dieses Jahres.

Darauf weisen der World University Service (WUS) und die Bundesarbeitsgemeinschaft Pro Asyl hin und das bestätigt auch die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung. Die Frist bis zum 23. Mai reiche aber nicht aus, heißt es in der gemeinsamen Erklärung von migrationspolitischen Initiativen.

Hauptherkunftsländer sind Indien, Marokko, Aserbaidschan

Etwa 60.000 internationale Studierende waren nach Unesco-Angaben unmittelbar vor Beginn des Krieges an ukrainischen Hochschulen eingeschrieben, erklärt der WUS. Hauptherkunftsländer waren Indien, Marokko, Aserbaidschan, Turkmenistan, Ägypten und Nigeria - und damit Länder, deren Staatsangehörige in der Regel kaum Aussichten auf Asyl oder auf einen Flüchtlingsstatus in Deutschland haben.

Der WUS stellt jedoch fest: "Sie haben in der Ukraine studiert, weil ihnen das in ihrem Herkunftsland aufgrund der politischen Situation unmöglich war oder weil die Studiengebühren für sie unbezahlbar waren. Der Krieg Putins gegen die Ukraine hat auch sie erschüttert und ihre Lebensplanung zerstört."

[Wie die Berliner Hochschule sich aktuell auf die Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge vorbereiten, lesen Sie hier]

Deutschland müsse deshalb "allen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchteten internationalen Studierenden ausreichend Zeit zur Orientierung gegeben". Sie bräuchten die Chance, "sich ohne Ausreisedruck um die Fortsetzung ihres Studiums an einer deutschen oder einer Hochschule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu bemühen", fordern die Initiativen.

Eine Gruppe von Studierenden steht mit Handgepäck auf dem Flugfeld vor einem Passagierflugzeug.
Nigerianische Studierende nach ihrer Ankunft aus der Ukraine - auf dem Nnamdi Azikiwe International Airport in Abuja (4. Marz 2022).

© REUTERS/Afolabi Sotunde

Konkret verlangen sie von der Bundesregierung, den Drittstaatlern Aufenthaltssicherheit bis mindestens zum Beginn des Wintersemesters 2023/24 zu gewähren. Nach Auffassung des WUS wäre eine solche pauschale Schutzgewährung möglich, etwa indem die Aufenthalts-Vorordnung für Ukraineflüchtlinge entsprechend verlängert wird.

Gespräche in der Berliner Wissenschaftsverwaltung

Internationalen Studierenden, denen es gelingt, sich bis zum Beginn des übernächsten Wintersemesters erfolgreich auf einen Studienplatz zu bewerben oder in vorbereitende Maßnahmen aufgenommen zu werden, sollten dann nach Paragraf 16b Aufenthaltsgesetz in Deutschland bleiben dürfen.

Das würde eine Gleichstellung mit anderen internationalen Studierenden bedeuten, die sich aus dem Ausland erfolgreich um einen Studienplatz oder beispielsweise um einen Platz im Studienkolleg beworben haben. Insofern schließt der Vorschlag der HRK an die Forderung der Verbände an.

Aufenthaltsrechtliche Fragen waren bereits Thema bei zwei Runden mit den Berliner Hochschulen in der Wissenschaftsverwaltung, zuletzt am Dienstag bei Staatssekretärin Armaghan Naghipour, teilte die Sprecherin am Mittwoch mit. Ein Ergebnis: Durch die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung könnten die Hochschulen Drittstaatler auch aus sicheren Herkunftsländern "erst einmal in ihre regulären Programme für geflüchtete oder Gaststudierende einbeziehen – unabhängig von der Nationalität".

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In der Zeit bis zum 23. Mai könnten die Studierenden eine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck beantragen, beispielsweise zur Aufnahme eines Studiums, sofern dafür die Voraussetzungen vorliegen, so die Sprecherin der Wissenschaftsverwaltung.

DAAD rechnet mit bis zu 3000 Drittstaatlern

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) weist unterdessen darauf hin, dass in den kommenden Wochen und Monaten zwischen 1000 bis 3000 dieser Studierenden aus Drittstaaten Deutschland erreichen könnten. Einige Herkunftsländer haben aber auch großangelegte Rückholaktionen per Flugzeug gestartet, darunter Indien, Nigeria und Ecuador.

Studierende sitzen in einem Kongresszentrum in einem festlich geschmückten Saal, vorne spricht eine Frau in weißem Sari.
Zurück in Indien: Eine Ministerin begrüßt Studierende, die aus der Ukraine zurückgekehrt sind, am 6. März 2022 in Kolkata.

© AFP/Dibyangshu Sarkar

Ungleich größer sei die Gruppe der Ukrainerinnen: Die deutschen Hochschulen sollten sich auf bis zu 100.000 Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vorbereiten, so ein Sprecher. Wie auch die Hochschulrektorenkonferenz erwarte der DAAD von Bund und Ländern, "dass zügig anstehende finanzielle und rechtliche Fragen für beide Gruppen geklärt werden".

Die Wissenschaftsverwaltung versichert, das Ziel laute, "die geflüchteten Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schnell in die bereits bestehenden Angebote für Geflüchtete sowie bestmöglich in das Regelsystem der Hochschulen zu integrieren".

Baris Ünal, Leiter der Studienberatung und Flüchtlingsbeauftragter der TU Berlin, sagt: "Das Programm ,In(2)TU Berlin' ist für alle mit Fluchthintergrund offen, wir kontrollieren keinen Asylstatus oder Ähnliches." Starten können also auch die Drittstaatler, die kaum Aussicht auf Asyl oder einen Flüchtlingsstatus haben. Planungssicherheit aber haben sie bis auf weiteres nicht.

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