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Im Einzelnen wurden allein 980 Konzentrationslager gezählt. Im Bild: Buchenwald.

© AFP

Holocaust-Studie: US-Forscher: 42 500 Lager in der Nazizeit

Bisher war bekannt, dass die Nazis im Dritten Reich etwa 7.000 Lager und Ghettos errichtet hatten. Eine amerikanische Studie zeigt nun ganz andere, erschütternde Zahlen auf: Es soll sechsmal mehr Nazi-Zwangslager geben haben als bisher bekannt.

Die Zahl der Zwangsarbeitslager und Ghettos, die das NS-Regime im Laufe seiner Herrschaft insbesondere in Osteuropa einrichtete, ist wesentlich höher, als bisher bekannt. Ein Forscherteam des United States Holocaust Memorial Museum in der US-Hauptstadt Washington, der größten derartigen Einrichtung in den USA, stellte die Ergebnisse seiner 13-jährigen Forschungsarbeit im Deutschen Historischen Institut in Washington vor. Danach beläuft sich die Gesamtzahl aller derartiger Einrichtungen, von den ersten „Schutzhaftlagern“ des Jahres 1933 bis zum größten Ghetto, demjenigen von Warschau, und einschließlich aller Konzentrationslager, auf 42 500. Diese Zahl übertrifft die bislang ermittelte Zahl von 7000 derartigen Einrichtungen um das Sechsfache.

Wie die Projektleiter Geoffrey Megargee und Martin Dean erläuterten, wurden die neuen Zahlen aufgrund der Forschungsergebnisse von mehr als 400 Projektmitarbeitern ermittelt. Sämtliche Daten sollen bis 2025 in einer mehrbändigen Enzyklopädie der Lager veröffentlicht werden.

Im Einzelnen wurden 980 Konzentrationslager gezählt, 30 000 Arbeitslager einschließlich ihrer oft zahlreichen Außenstellen, 1150 jüdische Ghettos, 1000 Kriegsgefangenenlager und nicht weniger als 500 Zwangsbordelle. Allein für Berlin wurde eine Zahl von 3000 Zwangsarbeitslagern und sogenannten „Judenhäusern“ ermittelt, in denen Juden nach der Vertreibung aus ihren Wohnungen untergebracht und für den späteren Abtransport in Konzentrationslager gefangen gehalten wurden.

Die letztere Zahl zeigt allerdings die Problematik der pauschalen Addition aller Zahlen. Zweck und Umfang der Lager unterscheiden sich erheblich. Es erscheint wenig sinnvoll, beispielsweise ein Arbeitslager mit dem Warschauer Ghetto zusammenzufassen. Auch ist zu beachten, dass nicht alle 42 500 Lager zur gleichen Zeit existierten. So wurden die „wilden“ KZs der Frühzeit des NS-Regimes zumeist bis 1934 wieder aufgelöst.

Die enorme Zahl macht allerdings eines deutlich, in den Worten des Projektleiters Martin Dean: „Man konnte in Deutschland buchstäblich nirgendwo hingehen, ohne auf Zwangsarbeitslager oder KZs zu stoßen. Sie waren überall.“ Insofern unterstreichen die Forschungen des Museums, was mittlerweile in der historischen Forschung auch durch zahlreiche Zeitzeugenberichte belegt ist, dass nämlich die Kenntnis der Terror- und Vernichtungspolitik der Nazis im Deutschen Reich allgemein war. Und zwar nicht allein gegenüber Juden, sondern auch beispielsweise gegenüber den 3,3 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen. Die überall im Einsatz befindlichen, insgesamt bis zu zwölf Millionen Zwangsarbeiter aus ganz Europa waren ohnehin ein jedermann bekannter Anblick.

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