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"Die Not ist so groß". An der HU gibt es Widerstand gegen die Vorgaben des Senats, fortan deutlich mehr Lehramtsstudierende zum Abschluss zu führen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Hochschulverträge: Humboldt-Uni will sich gegen Berliner Senat wehren

Berlins Unis sollen doppelt so viele Lehramtsstudierende wie bisher zum Abschluss führen. An der Humboldt-Universität befürchten viele Einbußen bei der Qualität der Lehre und hoffen aufs Parlament

An der Humboldt-Universität gibt es großen Unmut über den Auftrag des Senats, die jährliche Zahl der Lehramtsabsolventen zu verdoppeln. Mehrfach wurde in der Sitzung des Akademischen Senats (AS) am Dienstag die Hoffnung geäußert, das Parlament werde die Vorgaben in den Hochschulverträgen für die Jahre von 2018 bis 2022 noch korrigieren.
Statt 1000 Lehramtsabsolventen sollen Berlins Unis fortan jährlich 2000 produzieren. Auf die HU entfallen dabei 850, davon 350 Lehrkräfte für die Grundschule, 500 für die Oberschule. Im September gibt es im Wissenschaftsausschuss zu dem Thema eine Anhörung. Die Uni-Basis hofft, dass das Präsidium der HU dort Stellung bezieht und „ein starkes Signal sendet“, wie Stefan Kipf, Professor für die Didaktik der Alten Sprachen, sagte: „Die Not ist so groß, da können wir nicht blinden Gehorsam üben.“
Eben diesem Verdacht sieht sich aber die Unileitung ausgesetzt, die den drastischen Aufbau der Kapazitäten bei knappen Mitteln umzusetzen hat. Obwohl die Hochschulverträge erst im Januar unterschrieben werden sollen, arbeitet Eva Inés Obergfell, die Vizepräsidentin für Lehre, bereits gemeinsam mit verschiedenen Arbeitsgruppen an einem Konzept.

Ressourcen sollen verschoben werden

Geplant ist „eine moderate Verschiebung“ von „Ressourcen“ – also von Personalmitteln – von den Fachwissenschaften auf die lehrkräftespezifischen Bereiche. Die Unileitung geht nicht davon aus, dass der Senat dauerhaft so viele Lehramtsabsolventen verlangen wird – auch jetzt nicht, da die Bertelsmann-Stiftung einen starken Anstieg der Schülerzahlen prognostiziert. Darum sollen keine dauerhaften Stellen, also Professuren, für die Lehrerausbildung geschaffen werden – eine Ausnahme ist die Sportwissenschaft. Obergfell erklärte auch, dass die Kapazitäten in den Fachdidaktiken noch gar nicht ausgeschöpft sind. Sie plädierte dafür, das Thema als Aufgabe der gesamten HU zu betrachten und es so gut wie möglich zu meistern.
Die Anglistin Helga Schwalm erklärte dazu: „Wir teilen die Sorglosigkeit der Vizepräsidentin nicht.“ Nötig sei eine große Debatte über die Folgen der Senatsbeschlüsse für die Qualität in der Lehrerausbildung: „Das Verhandlungsergebnis ist für bestimmte Fächer desaströs.“ Dem Senat gehe Quantität vor Qualität. Mehrere Wissenschaftler sehen die Qualität der Lehre an der HU keineswegs nur im Lehramtsstudium gefährdet: „Das Problem ist ja nicht neu. Wir sind längst über dem Limit unserer Leistungsfähigkeit“, sagte die Historikerin Gabriele Metzler. Der Student João Fidalgo sagte, die HU sei immer öffentlich präsent, wenn es um die Exzellenzinitiative gehe. Die Lehre thematisiere sie hingegen nicht. Entsprechend müsse sie sich auch nicht wundern, wenn die Politik darüber hinweggehe.

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