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Zum weiteren Proviant von Sven Schnieder gehören eine Tonne Kartoffeln, 1400 Liter Milch und 150 Gläser Nuss-Nougat-Creme.

© dpa/Mohssen Assanimoghaddam

Grillabende bei minus 45 Grad: Der Smutje von der "Polarstern"

Auch Arktisforscher müssen essen. An Bord des Forschungsschiffs werden sie bekocht von Sven Schnieder. Der hat unter anderem 14.000 Eier eingepackt.

Mit Extremen kennt sich Sven Schnieder aus. Der 52 Jahre alte Koch aus Langen bei Bremerhaven hat schon 14 Monate in der Antarktis in der Küche der Neumayer-Station III gearbeitet. Auch mit dem Forschungsschiff „Polarstern“ war er schon im Südpolarmeer unterwegs und hat die Crew mit Schnitzel oder Lamm gestärkt. Nun steht Schnieder vor einer neuen Herausforderung: Am 20. September wird er als Küchenchef - beziehungsweise auf Seefahrerdeutsch als „Smutje“ - mit an Bord sein, wenn die „Polarstern“ von Norwegen aus startet, um sich ein Jahr für die „Mosaic“-Expedition in der Arktis einfrieren zu lassen. 

Vom Kreuzfahrtschiff aufs Forschungsschiff

„Man muss Lust darauf haben, auch auf die Kälte“, sagt der Koch. Und die hat er: „Der Job ist interessanter als jeder andere, den ich bisher machen durfte.“ Schnieder hat schon auf einem Kreuzfahrtschiff angeheuert, in einem Bremer Hotel gekocht, bei einem Caterer in Bremerhaven, in einem Kult-Restaurant auf Sylt sowie in der Schweiz.

Seit dem 11. August ist er nun wieder mit der „Polarstern“ unterwegs und kocht für Forscher und die Besatzung auf der Überfahrt von Bremerhaven nach Norwegen. Hinter ihm liegen Wochen der Planung: 14.000 Eier, 1400 Liter Milch, eine Tonne Kartoffeln und 150 Gläser Nuss-Nougat-Creme hat er bereits eingelagert - um nur ein paar Dinge zu nennen. Alles, was bis zum „Mosaic“-Start von der aktuellen Crew verzehrt wird, muss er in Tromsø neu anliefern lassen.

Größte Herausforderung ist die Dunkelheit

Auf dem Schiff sind auch zwei volle Notfallcontainer. „Mit dem Inhalt kann die Mannschaft zwei Monate überleben, falls der Nachschub ausbleibt“, sagt Schnieder. Denn die Planung sieht vor, dass die „Polarstern“ in der zentralen Arktis alle zwei Monate von einem Eisbrecher oder einem Flugzeug versorgt wird. Sollte das einmal nicht klappen, muss Schnieder auf die Reserven zurückgreifen. „Wir werden nicht verhungern“, versichert er.

Die größte Herausforderung für ihn ist eine andere: „Ich muss die Leute in der Dunkelheit bei Laune halten.“ Denn ab Ende Oktober wird es für Monate dunkel sein. Da sei es gut, dass ihn in der Küche ein Bäcker unterstütze und täglich Brötchen und Kuchen backe. „Die Leute wollen Kohlenhydrate.“

Eingeschlossen vom Eis

Ziel des einjährigen Abenteuers ist es, mehr Daten zu sammeln, um die Auswirkungen des Klimawandels genauer zu verstehen. Die Arktis gilt als Frühwarnsystem für Veränderungen des Erdklimas. Um in der im Winter eigentlich unzugänglichen zentralen Arktis messen zu können, wird die „Polarstern“ mit etwa 100 Menschen an Bord vom Eis eingeschlossen ohne eigenen Antrieb über den Pol driften. 

Sven Schnieder plant, rund zehn Monate auf dem Schiff zu sein. Zweimal wird er zwischendurch für ein paar Wochen von Bord gehen, das erste Mal Ende des Jahres. Dann wird er mit dem Eisbrecher, der neuen Proviant bringt, zurück nach Norwegen fahren. Da nicht gesichert ist, dass das Versorgungsschiff vor Weihnachten ankommen wird, wollte Schnieder eigentlich Spekulatius und Dominosteine einlagern. „Die habe ich aber im August nicht bekommen“, sagt der Koch betrübt. Denn ihm ist es wichtig, dass sich die Crew wohlfühlt. „Keiner soll etwas vermissen“, sagt er. Deshalb nimmt er auch Wünsche entgegen: „Hoch im Kurs steht Hausmannskost, die zu Hause gar nicht gegessen wird: Eisbein zum Beispiel.“

Viele nehmen auf der Reise zu

Auch die Grillabende auf dem Arbeitsdeck seien immer beliebt. „Das kann sich am Anfang keiner vorstellen: bei bis zu minus 45 Grad draußen zu grillen“, sagt Schnieder. Mit der entsprechenden Kleidung sei das aber kein Problem. Jeder lege sich selbst das auf den Grill, was er essen möchte: Fleisch, vegetarische Würstchen oder Ananas. „Das macht allen Spaß“, sagt Schnieder.  

Auch etwas anderes hat er bei seinen bisherigen Expeditionen im Eis beobachtet: „Die ersten zwei Wochen halten sich die Leute noch an die normalen Essenszeiten. Dann gewöhnen sie sich daran, dass rund um die Uhr was Leckeres rumsteht.“ Die meisten Kollegen gingen mit mehr Gewicht von Bord als sie gekommen seien. Um dem entgegenzuwirken, gebe es auf der „Polarstern“ eine Tradition: Jeden Sonntag trifft sich der „Wiegeclub“ im „Blauen Salon“, um die Kilos auf der Waage zu kontrollieren. Wer Pfunde loswerden will, kann sich an Bord im Schwimmbad oder Fitnessraum verausgaben. „Der wurde extra noch mal aufgerüstet“, sagt Schnieder. (dpa)

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