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Bundespräsident Joachim Gauck (hier bei einem Termin im Sorbischen National-Ensemble in Bautzen) wird morgen den "Global Summit" der Ethikräte aus über 100 Ländern in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eröffnen.

© dpa

Global Summit - Gipfeltreffen der Ethikräte: Einigkeit und Pluralismus

Moralischer Status des Embryos, Geschlechtergerechtigkeit, Hirntoddebatte - Ethikräte aus mehr als 100 Ländern treffen sich zum „Global Summit“ in Berlin.

Erarbeitet der Deutsche Ethikrat eine Stellungnahme zu brisanten Themen wie Hirntod und Organspende, Präimplantationsdiagnostik oder Sterbehilfe, dann steckt der Teufel oft im Detail. Am Ende zeugen dann die Mehrheits- und Minderheitsvoten in den Stellungnahmen in transparenter Form von vorangegangenen scharfen Debatten. Heute und morgen geht es in Berlin jedoch ums große Ganze: „Globale Gesundheit, globale Ethik, globale Gerechtigkeit“, so heißt das elfte weltweite Gipfeltreffen nationaler Bioethik-Komitees, das diesmal der Deutsche Ethikrat in Berlin ausrichtet. Er wird dabei von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und von der Unesco unterstützt. Die Treffen finden seit 1996 alle zwei Jahre statt.

Gauck zur Ethik

Mehr als 200 Vertreter solcher Ethikräte aus über 100 Ländern kommen in die Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, morgens willkommen geheißen von Bundespräsident Joachim Gauck und abends zum Essen geladen von Parlamentspräsident Norbert Lammert.

Der Global Summit werde „hoffentlich die Basis sein für zukünftige Aktionen, die diese Welt zu einer besseren machen“, sagte die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates und Präsidentin des Global Summit Christiane Woopen am gestrigen Mittwoch. Themen, die Bioethik-Gremien beschäftigen sollten, gibt es genug: neue Technologien, die Veränderungen des menschlichen Genoms und Eingriffe in die Keimbahn möglich oder zumindest einfacher machen, medizinische Entscheidungen am Anfang und am Ende des menschlichen Lebens, aber auch der Umgang mit Epidemien wie Ebola. Viele dieser Themen werden beim Summit, der per Live-Stream im Internet verfolgt werden kann, diskutiert.

Ethikkommissionen längst noch kein globaler Standard

Nach Woopens Worten geht es dabei auch darum, die Notwendigkeit und die konkreten Begrenzungen einer pluralistischen Betrachtungsweise zu diskutieren. Sie verwies auf die „Universelle Deklaration zu Bioethik und Menschenrechten“ der Unesco von 2005. Dort wird von den Mitgliedsstaaten ausdrücklich gefordert, in allen Ländern Ethikkommissionen einzurichten – was inzwischen viele, aber längst nicht alle Länder getan haben.

Ob die Gremien wirklich überall „unabhängig, multidisziplinär und pluralistisch“ arbeiten, wie in der Deklaration gefordert, und damit die gewünschte konstruktiv-kritische Stimme bilden können, ist eine zweite Frage. In der heutigen Sitzung zu neuen Technologien wird immerhin der Vorsitzende des Nationalen Komitees für Ethik in der biomedizinischen Forschung aus dem Iran sprechen und in der Session zu Epidemien der Vorsitzende der entsprechenden Organisation aus Saudi-Arabien.

Für ihre Organisation stünden ethische Fragen „im Herzen unserer Arbeit“, versicherte Abda Saxena von der „Global Health Ethics Unit“ der WHO am Mittwoch. Wichtig sei aber auch, dass die Forschungs- und Gesundheitspolitik auf nationaler Ebene ethischen Prinzipien und Normen folge. Als wichtige positive Beispiele dafür, dass aus den nationalen Gremien Impulse für die Weltgemeinschaft kommen können, nennt sie als Beispiele die deutsche Stellungnahme zum Hirntod, die Diskussionen zum Problem der Zwangsbehandlung in der Psychiatrie in Irland oder die Hilfestellung des senegalesischen Ethikrates für die Regierung während der Ebola-Epidemie.

Globaler Konsens in Ethikfragen ist schwierig

Langfristig wünscht sich Christiane Woopen, die Weltgemeinschaft möge zu einem echten Vertrag über bioethische Fragen kommen. Dafür Lösungen zu erarbeiten bedeute keineswegs, in allen Fragen einen Konsens zu finden. Ein Beispiel dafür, wie schwierig das sei, sei der moralische Status von menschlichen Embryonen. Mindestens in zwei Fragen sei ein globaler Konsens allerdings unabdingbar: bei gleichen Rechten für die Geschlechter und bei den Rechten der Teilnehmer von wissenschaftlichen Studien zu Medikamenten.

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