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Gemeinsam begraben. Drei Menschen angelsächsischen Ursprungs aus dem 5. bis 6. Jahrhundert fanden ihre letzte Ruhestätte auf einem Friedhof im ostenglischen Oakington.

© Duncan Sayer

Germanische Einwanderung: Engländer sind zu einem Drittel Angelsachsen

Rund 30 Prozent ihres Genoms verdanken die Briten den Einwanderern.

Anhand von Erbgutanalysen aus verschiedenen Epochen haben zwei internationale Forscherteams die Einwanderung nach Großbritannien rekonstruiert. Die Analysen zeigen, dass etwa ein Drittel des Genoms der heutigen Briten von Angelsachsen stammt, die ab dem 5. nachchristlichen Jahrhundert auf die Insel kamen. Zudem ergab die im Fachblatt „Nature Communications“ veröffentlichte Untersuchung, dass das Zusammenleben von Angelsachsen und Urbevölkerung anscheinend gut funktionierte.

Großbritannien war im Lauf der Geschichte Ziel vieler Einwanderungswellen – etwa von Römern, Angelsachsen, Wikingern oder Normannen. Bislang war jedoch nur wenig darüber bekannt, wie stark sich die Zuwanderer mit der jeweils ansässigen Bevölkerung vermischten.

In der ersten Studie analysierte ein Team um Stephan Schiffels vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena die Überreste von zehn Menschen, die in der Umgebung von Cambridge in Ostengland beigesetzt wurden. Drei Gräber stammen aus der späten Eisenzeit um 100 v. Chr., die übrigen sieben aus verschiedenen Phasen der angelsächsischen Zeit.

Enge Verwandschaft mit Dänen und Niederländern

Anhand der Resultate schätzen die Autoren, dass die angelsächsischen Einwanderer, die die Insel von Südosten her besiedelten, 38 Prozent zum Erbgut der heutigen Bewohner Ostenglands beitrugen. Unter modernen Walisern und Schotten liegt der Anteil etwas niedriger, bei etwa 30 Prozent. Zudem ergab der Abgleich mit europäischen Erbgutdaten, dass die Angelsachsen genetisch am engsten mit den heutigen Bewohnern Dänemarks und der Niederlande verwandt sind.

„Das ist die erste direkte Abschätzung der Folgen der Einwanderung zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert und der Spuren, die sie im modernen England hinterlassen hat”, wird der Erstautor Schiffels in einer Mitteilung des Wellcome Trust Sanger Institute in Cambridge zitiert.

Und noch etwas schließen die Forscher aus der Untersuchung von vier Menschen, die von einem Friedhof in Oakington aus dem 5. und 6. Jahrhundert stammen: Zwei waren Angelsachsen, einer zählte zur Urbevölkerung und einer war ein Mischling, wie Ko-Autor Duncan Sayer von der University of Central Lancashire betont. „Die archäologischen Befunde zeigen, dass diese Menschen nach dem Tod gleich behandelt wurden, und sie beweist, dass alle trotz ihres unterschiedlichen biologischen Erbes gut in die angelsächsische Gemeinschaft von Oakington integriert waren.“

Die Waliser ähneln am ehesten den "Urbriten"

In der zweiten Studie untersuchte ein Team um Daniel Bradley vom Trinity College Dublin die Überreste von neun Menschen aus Nordengland. Sieben davon stammten aus den ersten Jahrhunderten nach Christus von einem römischen Friedhof in York, einer aus der späten Eisenzeit um 100 v. Chr. und einer aus der angelsächsischen Phase um das Jahr 800.

Diese Studie ergab, dass das Erbgut der Menschen aus der Römerzeit überwiegend von der einheimischen Bevölkerung stammt und mit dem der Eisenzeit nahezu übereinstimmte. Unter den heutigen Briten haben die Waliser die größte Ähnlichkeit mit diesem historischen Genpool. Bei einem Vertreter der Römerzeit fanden die Forscher große Übereinstimmungen mit der DNS heutiger Menschen aus dem Nahen Osten und Nordafrika. Dies belegte, wie mobil man schon damals war.

Alice Lanzke, dpa

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