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Wenn Vulkane (wie hier der Mount Agung im November 2017 auf Bali, Indonesien) Rauch und Asche in die Atmosphäre blasen, hat das kühlende Auswirkungen auf das Klima. Ein Effekt, den man imitieren könnte, um die Klimaerwärmung zu bremsen.

© Firdia Lisnawati/AP/dpa

Geoengineering schadet mehr als es hilft: Folgenschwere Klima-Manipulation

Gut gemeinte Eingriffe in das Klimasystem könnten Tier- und Pflanzenarten gefährden.

Wenn ein Vulkan wie 1991 der Pinatubo auf den Philippinen explodiert und die Rauchsäule kilometerhoch in den Himmel steigt, sinken weltweit die Temperaturen. 20 Millionen Tonnen Schwefeldioxid bildeten damals feine Partikel, die einen Teil des Sonnenlichts reflektierten und die globale Durchschnittstemperatur fast um ein halbes Grad senkten. Diesen Effekt könnte die Staatengemeinschaft nachahmen, um die Folgen der Erderwärmung aufzuschieben. Ein derartiges „Climate Engineering“ wäre schnell wirksam und von reichen Staaten finanzierbar – doch es ist riskant.

Temperaturänderungen lassen Arten keine Zeit zur Anpassung

Zu diesem Schluss kommt die Simulation eines Forscherteams um Christopher Trisos von der University of Maryland: Wenn jedes Jahr fünf Millionen Tonnen Schwefeldioxid in der Atmosphäre verteilt würden, sinke die Temperatur zwar letztlich um ein gutes halbes Grad unter den Wert, der sonst durch den Klimawandel zu erwarten wäre. Doch der kühlende Effekt hält nur dann lange an, wenn ununterbrochen Partikel in die Atmosphäre gebracht werden, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Ecology & Evolution“. Werden die Maßnahmen beendet, schnellt die Temperatur in wenigen Jahren auf das Niveau, das dem Gehalt der Treibhausgase in der Atmosphäre entspricht. Es würde also binnen weniger Jahre um mehr als ein halbes Grad wärmer – für viele Tier- und Pflanzenarten wäre das mehr, als sie verkraften können. Der für sie geeignete Lebensraum wäre innerhalb kürzester Zeit woanders und nicht mehr erreichbar. Die Arten würden aussterben.

Am Helmholtz- Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig wird seit einigen Jahren untersucht, ob Flora und Fauna schnell genug mitziehen können, wenn sich Klimazonen durch die Erderwärmung verschieben. Kommen Blumen und Bienen, Vögel und Fische hinterher, wenn ihre Lebensräume wärmer und trockener werden und passendere Regionen weiter im Norden liegen (oder auf der Südhalbkugel im Süden)? Joseph Settele und seine Kollegen vom UFZ haben herausgefunden, dass Schmetterlinge in Europa schon heute mehr als 100 Kilometer hinter dem Klimawandel zurückliegen und auch das Verbreitungsgebiet der Hummeln bereits schrumpft.

Arten wandern dem Klima hinterher - aber nicht mehr als zwei Kilometer pro Jahr

Settele hält die Abschätzung von Christopher Trisos für plausibel. Das US-amerikanische Team hat berechnet, dass sich die Klimazonen nach einem Abbruch des Climate Engineerings fast doppelt so schnell verschieben würden wie bei einem moderaten Klimawandel: im Durchschnitt mehr als zehn Kilometer pro Jahr. Bisher wandern Tiere im Schnitt nur mit einer Geschwindigkeit von weniger als zwei Kilometern im Jahr. In den artenreichen Tropen würde sich die Temperatur sogar noch schneller ändern. Dort wäre mehr als die Hälfte der Säugetierarten mit dem Temperatursprung überfordert und vom Aussterben bedroht, schätzen die Forscher. Andere, weniger mobile Arten dürfte es noch härter treffen.

Ohnehin lässt sich der Klimawandel selbst mit dauerhaftem Climate Engineering nicht aufhalten, sondern nur um einige Jahrzehnte verzögern. Trisos und seine Kollegen sehen daher nur einen Weg, die Biodiversität zu bewahren: die Emissionen der Treibhausgase drastisch zu reduzieren, um die Erwärmung zu stoppen.

Alexander Mäder

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