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Zwei Kinder beim Essen

© imago images/Shotshop

Gemüse statt Fleisch: So entwickeln sich vegetarisch ernährte Kinder

In immer mehr Haushalten wird auf Fleisch verzichtet. Wie wirkt sich eine vegetarische Ernährung auf die kindliche Entwicklung aus?

Zum Klimaschutz, Tieren zuliebe oder aus gesundheitlichen Gründen: In vielen Familien ist Vegetarismus ein Thema. Ob eine rein vegetarische Ernährung von Kleinkindern körperliche Nachteile mit sich bringt, beschäftigt nicht nur Eltern. Jetzt berichten kanadische Wissenschaftler, dass Kinder, die sich vegetarisch ernähren, im Vergleich zu Fleisch essenden Altersgenossen häufiger von Untergewicht betroffen seien. Sie haben eine fast zweifach höhere Wahrscheinlichkeit, untergewichtig zu sein, heißt es in einer aktuellen Studie im Fachmagazin „Pediatrics“.

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Vegetarier und Fleischesser gleich gesund

Die Vegetarier sind im Schnitt auch etwas kleiner: Für ein dreijähriges Kind entspricht der Größenunterschied etwa drei Millimeter, wie das Team um den Professor für Pädiatrie Jonathan L. Maguire vom St. Michael’s Hospital in Toronto schreibt. Unklar bleibt allerdings, wie es zum Größenunterschied kommt. Einen Nährstoffmangel weisen die untersuchten Kinder nicht auf, sie haben einen ähnlichen Body-Mass-Index (BMI) sowie ähnliche Eisen-, Vitamin-D- und Cholesterinwerte wie Fleischesser.

Die Forschenden untersuchten rund 9000 Kinder im Alter von sechs Monaten bis acht Jahren, die Daten wurden zwischen 2008 und 2019 erhoben. Die Ernährungsweise der jungen Teilnehmenden wurde per Fragebogen von den Eltern erfragt: Danach ernährten sich insgesamt 248 der Kinder fleischfrei.

Studie weist Schwächen auf

Peter von Philipsborn, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung an der LMU München, wies gegenüber dem Science Media Center (SMC) auf Schwächen der Studie hin. Die kanadischen Daten würden zwar zeigen, dass mehr vegetarische Kinder untergewichtig seien als Fleisch essende Altersgenossen. Die Studie dokumentiere jedoch hinsichtlich des durchschnittlichen Körpergewichts zu keinem Zeitpunkt einen Unterschied zwischen den beiden Gruppen. „Da die Anzahl der Kinder mit Untergewicht in der Studie insgesamt sehr niedrig war, ist der scheinbare Unterschied zwischen den zwei Gruppen daher möglicherweise auf einen Zufallseffekt zurückzuführen“, so von Philipsborn.

Eine weitere Fehlerquelle: In der Studie wurde eine Methode für die Klassifikation von Kindern als untergewichtig verwendet, die für Kinder europäischer Herkunft entwickelt wurde, erklärte der Versorgungsforscher. „Wird diese Methode bei Kindern asiatischer Abstammung angewandt, kann dies nach Einschätzung von Fachleuten zu einer Überschätzung der Häufigkeit von Untergewicht führen“, sagte er.

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Tatsächlich war ein Drittel der vegetarisch oder vegan ernährten Kinder in der Studie asiatischer Abstammung; unter den herkömmlich ernährten Kindern lag der Anteil hingegen nur bei 20 Prozent. „Dies kann möglicherweise die Erklärung dafür sein, weshalb der Anteil von Kindern mit Untergewicht unter den vegetarisch oder vegan ernährten Kindern in der aktuellen Studie höher erscheint.“

Ernährungsformen wurden nicht untersucht

Das Team um Maguire schränkte zudem ein, dass unterschiedliche vegetarische Ernährungsformen nicht untersucht worden seien. Entsprechend würden weitere Arbeiten benötigt, um die langfristigen Konsequenzen einer vegetarischen oder veganen Ernährung, die tierische Produkte wie Milch, Eier und Honig gänzlich ausschließt, auf den Nährstoffstatus von Kindern einschätzen zu können.

Hans Hauner, Direktor des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München, sagte dem SMC: Eine vegetarische Ernährung mit Milchzufuhr sei für Kleinkinder wahrscheinlich unbedenklich, eine vegane Ernährung sei jedoch bis zum Beweis des Gegenteils weiterhin als kritisch zu bewerten und sollte nach Möglichkeit nicht empfohlen werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung befürwortet eine vegetarische Ernährung für Kinder und Jugendliche als Dauerkost, eine vegane aber nicht – ebensowenig wie für Schwangere und Stillende.

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