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Eine Bepreisung des Kohlendioxidausstoßes soll die Emissionen reduzieren - doch die Preisstrategie im Klimaschutzpaket der Bundesregierung sei „zu vorsichtig“, meint die Nationalakademie Leopoldina.

© Julian Stratenschulte/dpa

Forscher fordern „ambitioniertere“ CO2-Bepreisung: Nationale Akademie kritisiert Klimapaket der Regierung

Die Regierung hat die Empfehlungen der Wissenschaft beim Klimapaket weitgehend ignoriert. Nun fordern Forscher ein unabhängiges wissenschaftliches Gremium.

Mediale Schnellschüsse ist man von der Nationalakademie Leopoldina wahrlich nicht gewöhnt. Eine offizielle Reaktion der größten Wissenschaftlerorganisation Deutschlands auf politische Neuigkeiten braucht nicht selten ein paar Tage, auch wenn die Diskussion in den Medien dann oft schon vorbei ist. Diesmal hat es allerdings über einen Monat gedauert, bis sich die Leopoldina zu einer Kommentar zum „Klimaschutzpaket“ der Bundesregierung aufraffen konnte. Immerhin haben die Forscher nach all der Zeit ein paar hinreichend deutliche Worte gefunden, etwa dass die CO₂-Bepreisung der Koalition „zu vorsichtig“ sei.

Zwar sei die im Klimaschutzpaket der Bundesregierung enthaltene CO₂-Bepreisung „grundsätzlich geeignet, wirksame Anreize für die Vermeidung von Emissionen zu setzen“. Doch um ein echtes Leitinstrument zu werden, müsse „die Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit des Vorhabens deutlich erkennbar“ sein. Nur so könne Planungssicherheit für entsprechende Investitionen und somit eine Lenkungswirkung erzielt werden. Dies sei bei den aktuellen Plänen der Bundesregierung noch nicht der Fall.

Jährlich steigender CO₂-Preis

Stattdessen schlagen die Forscher vor, ab dem Jahr 2020 in den Sektoren Verkehr und Gebäude einen CO₂-Preis von 30 Euro pro Tonne anzusetzen, der dann jährlich um 10 Euro pro Tonne erhöht werden sollte. Ab dem Jahr 2023 wird der CO₂-Preis dann an den Europäischen Emissionshandel gekoppelt, müsse aber mindestens 60 Euro pro Tonne betragen. Parallel dazu werde die Akzeptanz des nationalen Emissionshandels durch die Festlegung einer Preisobergrenze von 130 Euro pro Tonne gesichert. „Ein solcher Preispfad würde durch die höheren Einnahmen nicht zuletzt deutlich mehr Möglichkeiten für den sozialen Ausgleich ermöglichen, zum Beispiel in Form einer Klimadividende“, so die Forscher.

Wenn diese Empfehlungen zur „Umgestaltung der Energieversorgung und -nutzung“ umgesetzt würde, könnten „die Klimaziele 2030 nach wie vor erreicht werden“. Allerdings müsse „ein systemischer Ansatz“ gewählt werden, eine „Fülle von Einzelmaßnahmen sei wenig erfolgversprechend, insbesondere dann, wenn diese von unterschiedlichen Ressorts ohne enge wechselseitige Abstimmung konzipiert werden“, heißt es in dem Papier mit Blick auf das Klimaschutzpaket der Bundesregierung.

Ein Expertenrat mit „deutlich stärkerem Mandat“

Außerdem weisen die Forscher darauf hin, dass der im Klimaschutzpaket geplante „unabhängige Expertenrat“ mit einem „deutlich stärkeren Mandat“ ausgestattet werden müsse als derzeit vorgesehen. Das Gremium solle die Fortschritte bei der Emissionsminderung kontinuierlich und mit Blick auf das gesamte System der Energieversorgung evaluieren und auf Grundlage dessen der Bundesregierung regelmäßig konkrete Maßnahmen vorschlagen, um die Klimaziele zu erreichen. Dieser Expertenrat sollte in der Wahl seiner Themen, Arbeitsweisen und Methoden frei sein und seine Ergebnisse transparent und allen zugänglich veröffentlichen.

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