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Gruppe alter Eichen auf einem Hügel in der Schorfheide.

© Tsp/Richard Friebe

Folgen der Dürre: Die märkischen Eichen wanken

Laut Waldzustandsbericht 2018 sind nur noch 16 Prozent aller Eichen in Brandenburg gesund. Jetzt sind sie erneut von Trockenheit bedroht.

Ausgedehnte Wälder mit vielen Alteichen sind typisch für die Schorfheide im Norden Brandenburgs. Das könnte sich ändern. Der aktuelle Waldzustandsbericht attestiert einen starken, 15prozentigen Anstieg der Schäden in den Kronen der Eichen in Folge des Dürrejahres 2018. Nur noch 16 Prozent aller märkischen Eichen seien gesund, Bäume mit vielen Blättern und dichten Kronen seien hingegen rar geworden.

Während in der Schorfheide 1992 noch 2463 der bis zu 500 Jahre alten Riesen-Eichen gezählt wurden, waren es 2013 nur noch 1343. Ein Verlust von mehr als 1100 Eichen in 21 Jahren. Und inzwischen sind auch die jüngeren Eichen in Brandenburgs Wäldern bedroht.

Die Vorratsspeicher sind leer

Vor allem das trockene Frühjahr bereitet Ralf Kätzel Sorgen. Der Forstwissenschaftler weiß um die Empfindlichkeit der Eichen. „Die nächsten Wochen sind entscheidend“, sagt der Leiter des Fachbereichs Waldökologie und Monitoring am Landeskompetenzzentrum Forst in Brandenburg, „Das schlimmste, was den Eichen nach dem frühen Laubaustrieb aufgrund der hohen Temperaturen jetzt passieren kann, ist eine späte Frostnacht im Mai.“ Denn durch den Wassermangel im vergangenen Jahr seien die Eichen geschwächt.

„Sie haben kleinere Knospen und werden kürzere Äste mit weniger und kleineren Blättern treiben.“ Zudem seien die Feinwurzeln der Bäume geschwächt und ihre Vorratsspeicher sind leer. Ein Spätfrost, der die Blätter erfrieren lässt und die Bäume zwingt, „Ersatzblätter“ treiben zu müssen, könnte fatale Folgen haben. Kämen dann noch Eichenprozessionsspinner oder blattfressende Raupen von Frostspanner, Eichenwickler, Schwammspinner oder Blätterbefall mit Mehltau-Pilzen dazu, wäre das ein Todesurteil für zahlreiche Eichen.

Ein Manko der Eiche als sogenannter ringporiger Baumart besteht darin, dass sie jedes Jahr, egal wie es ihr geht, einen neuen funktionsfähigen Jahrring anlegen muss. Nur dieser eine Ring leitet Wasser, Zucker und Nährstoffe zwischen Wurzel und Krone. Ist dieser Jahrring lückenhaft oder zu schmal, führt dies zu Mangelerscheinungen.

Hoffnung auf junge Eichen, die sich an Trockenheit gewöhnen

Gestresste Eichen zeigen mit sogenanntem Schleimfluss, einer Flüssigkeit, die im unteren Stammbereich aus feinen Holzrissen dringt, dass es ihnen schlecht geht. Die Ursachen dieses Stressanzeichens sind unbekannt. Mutmaßliche Auslöser wie Insekten, Pilze, Bakterien, Spät- oder tiefe Winterfröste konnten bislang nicht als Verursacher nachgewiesen werden. In den vergangenen Jahren bis 2018 hat Kätzel den Schleimfluss an weniger Bäumen festgestellt. Ein Indiz für eine Erholungsphase bis 2017. Doch nach dem Dürrejahr 2018 befürchtet Kätzel die nächste „Schleimflusswelle“.

Hoffnung macht, dass Jungeichen, die mit Trockenjahren konfrontiert werden, sich an gewisse Wassermangelsituationen gewöhnen können. Experten sprechen von „Konditionierung“. So haben Kätzel und sein Team in Gefäßversuchen 120 zweijährige Eichen ein Jahr lang trocken gehalten. Im ersten Jahr sei zwar die Hälfte der Bäume gestorben, im darauffolgenden hätten die Überlebenden weiteren Wassermangel jedoch gut überstanden. Solche Ausleseprozesse dürften auch in der Natur ablaufen, so dass die Jungeichen bereits heute lernen, sparsam mit Wasser umzugehen.

Der Mensch kann auch mithelfen, um den Stress der Alteichen mit geeigneten Hilfsmaßnahmen zu reduzieren. In Parkanlagen hätten etwa Wurzelimpfungen mit Mykorrhizapilzen die Bäume sichtbar vitalisiert, sagt Kätzel. Diese Pilze verbinden sich mit den Baumwurzeln und liefern ihnen Nährstoffe und Wasser aus dem Boden.

Im Tiergarten werden Altbäume beatmet

Im Berliner Tiergarten sei eine weitere Vitalisierungsmaßnahme für Altbäume geplant, bei der mittels aufwendiger Technik Luft in den Boden geblasen wird, sagt Kätzel. „Das ist spannend und kann das Leben alter Parkbäume verlängern, für den Wald ist das jedoch viel zu teuer.“

Wichtig für den Erhalt der Eichen ist, dass der Genpool der Alteichen der Schorfheide erhalten bleibt. Über Pfropfungen und Sämlinge haben Kätzel und sein Team die Alteichen vermehrt. Genanalysen haben übrigens ergeben, dass es sich bei den Alteichen nicht um alteingesessene Brandenburger handelt. Die meisten stammen aus dem italienischen Apenninengebirge.

Dieses Wissen um die Herkunft kann wichtig werden, um den Eichen der Schorfheide eine Zukunft zu ermöglichen. So hat das Landeskompetenzzentrum in der Schorfheide unter älteren Kiefern junge Traubeneichen gepflanzt, die aus Rumänien, Österreich, der Ukraine, Bulgarien sowie Griechenland stammen. Die Forscher gehen davon aus, dass Eichen aus diesen Regionen mit Trockenperioden gut zurechtkommen. Die große Unbekannte bleibt aber: Wie empfindlich reagieren sie auf Spätfrost.

Roland Schulz

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