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Ein Roboter interagiert beim «Speed Dating mit KI - Meet the Robots bei KI-Tagen» in Hamburg.

© picture alliance/dpa

Förderung für Künstliche Intelligenz: Nur Kleckerbeträge für die KI-Forschung?

Deutsch-französische Forschung zu Künstlicher Intelligenz soll international mithalten. Doch für das Projekt gibt es „lächerlich wenig Geld“, finden die Grünen.

Mit drei Milliarden Euro will die Bundesregierung die Forschung von Künstlicher Intelligenz fördern und die Wissenschaftsstandorte Deutschland und Europa international konkurrenzfähig machen. So steht es seit 2018 in der KI-Strategie des Bundes. Doch wofür werden eigentlich die KI-Milliarden ausgegeben?

Auf diese Frage bekommen Opposition und Akteure regelmäßig keine zufriedenstellenden Antworten. Auch die im vergangenen Sommer abermals versprochenen zusätzlichen zwei Milliarden Euro für die Technologie sind weiterhin nicht auf die Budgets der Ministerien aufgeteilt. Dabei waren sie Teil des Konjunkturpakets der Bundesregierung, mit dem eigentlich der Corona-gebeutelten Wirtschaft und der Wissenschaft ein Schub verliehen werden sollte.

Offene Fragen gibt es auch bei der Forschungsförderung. Die Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich – beziehungsweise die europäische Vernetzung – wird regelmäßig als Schwerpunkt der KI-Förderung bezeichnet, ob im gemeinsam mit dem Nachbarland vor zwei Jahren geschlossenen Aachener Vertrag, in den Eckpunkten zum Corona-Konjunkturpaket, der gemeinsamen „KI-Roadmap“ oder in der jüngst im Dezember aktualisierten KI-Strategie der Bundesregierung.

Doch, so bemängelt die Grünen-KI-Expertin im Bundestag, Anna Christmann: „Bei der Förderung von Künstlicher Intelligenz liegen Versprechen und Wirklichkeit weiter meilenweit auseinander.“ Tatsächlich gebe Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) „lächerlich wenig Geld“ in ihrem Forschungsbudget für die gemeinsame KI-Förderung mit Frankreich aus, spreche aber von KI „made in Europe“ als Ziel.
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Als „Kleckerbeträge“ bezeichnet Christmann die jeweils fünf Millionen Euro, die das deutsche und das französische Forschungsministerium in einer derzeit laufenden Ausschreibung vergeben. Die entsprechende Förderrichtlinie wurde im Oktober mit einiger Verzögerung auf den Weg gebracht, die Antragsfrist war kurz vor Weihnachten.

Die Nachfrage ist zahlenmäßig durchaus groß: Eine Anfrage von Christmann an das zuständige Ministerium hat ergeben, dass insgesamt 152 Projektskizzen eingegangen sind, 79 für die Förderlinie A, 73 für die Förderlinie B. In der ersten Schiene werden bilaterale Forschungspartnerschaften gefördert, in der zweiten FuE-Vorhaben von Partnern aus der Wissenschaft und der Industrie.

Die rein wissenschaftlichen Projektpartner können einen Zuschuss von bis zu 400.000 Euro für ihre Vorhaben bekommen für eine Laufzeit von vier Jahren, die FuE-Vorhaben bis zu 800.000 Euro für drei Jahre. Im Laufe dieses Monats soll eine Auswahl getroffen werden, welche Projekte die Unterstützungsmittel erhalten, schreibt das BMBF in seiner Antwort an Christmann.

Der Chef des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Antonio Krüger, begrüßt zwar, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit in der KI-Forschung in den Fokus rückt. „Aber wir springen mit dieser Ausschreibung zu kurz“, kritisiert er.

Mehrere DFKI-Projekte hätten sich zwar für eine Förderung beworben, jedoch hätten insgesamt nicht sehr viele Projekte Aussicht auf die Gelder, die wiederum für einzelne Antragssteller nur eine kleine Unterstützung böten. „Ich frage mich schon: Was kommt darüber hinaus noch?“ Das DFKI und das französische nationale Forschungszentrum INRIA hätten ihre institutionelle Kooperation – aus Mangel an spezifischer Förderung – Anfang 2020 selbst angeschoben. Sie wollten nicht auf die Ministerien warten.

Große Förderung kommt eher über die EU

Lange auf die Förderrichtlinie gewartet haben auch die KI-Kompetenzzentren auf beiden Seiten des Rheins, die ebenfalls enger zusammenrücken sollen. Katharina Morik, Machine-Learning-Professorin an der TU Dortmund und Leiterin des Kompetenzzentrums Rhein-Ruhr, koordiniert seit 2019 die Zusammenarbeit der von Bund und Ländern geförderten KI-Zentren mit den französischen Partnerinstitutionen.

Sie begrüßt, dass nun zwei der drei von den Regierungen versprochenen Förderinstrumente ausgeschrieben wurden: „Das Förderprogramm ergänzt die vielseitigen Bestrebungen zur verstärkten deutsch-französischen KI-Zusammenarbeit.“ So bekämen nun Institutionen der Forschung, die bereits erfolgreich zusammenarbeiten, ergänzende Mittel — zum Beispiel für gemeinsame Promotionen — und die Möglichkeit, ein Konzept zur Verstetigung dieser Zusammenarbeit zu erarbeiten.

Die zweite Förderlinie sei eine klassische Projektförderung unter Beteiligung von Firmen. „Auch hier wird die nationale und die EU-Förderung nur ergänzt“, stellt sie fest. „Die EU-Projekte bleiben die großen Förderprojekte. Insgesamt soll die deutsch-französische Zusammenarbeit gefördert werden, die sich im europäischen Rahmen entfalten soll.“ Noch steht laut Morik eine dritte Form der Zusammenarbeit aus, die gemeinsam besprochen wurde. Die KI-Forscherinnen und -Forscher sollen gemeinsame Curricula entwickeln, die gerade auch das maschinelle Lernen einbeziehen, um die wechselseitige Anerkennung von Studiengängen und den Aufbau einer kuratierten Sammlung von Lehrmaterial zu ermöglichen. Auch Gastaufenthalte und Fellowships sind angedacht. „Das muss über die Ad-hoc-Lösungen in Corona-Zeiten weit hinausgehen“, fordert Morik. „Zu diesen Punkten gibt es aber noch keine Förderlinie seitens der Ministerien.“

Auch Altmaier und Le Maire fördern KI-Projekte

Aus Sicht des BMBF bewegt sich das Fördervolumen der deutsch-französischen Bekanntmachung „im oberen Bereich bestehender bilateraler Kooperationen.“ Für Christmann ist das trotzdem „eine massive Enttäuschung für die Akteure in Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft“.

„Bundesministerin Karliczek hat dafür ganze drei Jahre gebraucht und bringt dennoch nur eine rein symbolische Förderung zustande – das reicht nicht für KI ‚made in Europe‘, wie wir es als Grüne schon seit Jahren fordern“, so Christmann. Das BMBF kündigt auf Nachfrage an, weitere Mittel für die europäische Vernetzung aus dem Konjunktur- und Zukunftspaket vorzusehen. „Die Abstimmung zwischen den Ressorts der Bundesregierung zur Mittelverteilung läuft derzeit noch“, schränkt die Sprecherin jedoch ein.

Die Gesamtsumme von Karliczeks KI-Förderung wirkt auch dann kleinteilig, wenn man sie in Relation zu einem zweiten aktuellen Förderaufruf für deutsch-französische KI-Projekte setzt, den die beiden Wirtschaftsministerien am 3. Februar veröffentlicht haben. Für gemeinsame Technologieprojekte stellen beide Seiten je 10 Millionen Euro zur Verfügung, also doppelt so viel wie die Forschungsministerinnen.

Noch bis 29. April können Firmen und Wissenschafts-Partner Anträge für KI-Innovationsprojekte für breite Anwendungsfelder zu den Stichworten Risikovorsorge, Krisenmanagement und Resilienz eingereicht werden. Krisen jeder Art können adressiert werden, heißt es in dem Förderaufruf, also Lösungen für weitaus mehr Bereiche als nur etwa Gesundheit oder Nachhaltigkeit.

Explizit wird auch die Möglichkeit genannt, Anwendungen für das Infrastruktur-Projekt Gaia-X über den Aufruf zu fördern. Durchgeführt wird die Ausschreibung von beiden Projektträgern Bpifrance und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Die Maßnahmen von BMWi und BMBF ergänzten sich und seien jeweils auf den Aachener Vertrag zurückzuführen, erklärt eine BMWi-Sprecherin auf Anfrage. Die Fördersumme sei aus Sicht des Wirtschaftsministeriums „für die Zielerreichung angemessen“. Der Aufruf stoße auf „reges Interesse“.

Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) und der KI-Hub France laden etwa heute Mittag interessierte Akteure zu einem Gespräch über die Ausschreibung und Potenziale für Energie- und Nachhaltigkeitsprojekte. „Die Ausschreibung entfaltet so auch schon im Vorfeld der Förderung eine erste positive Wirkung, indem (KI-)Ökosysteme sich miteinander vernetzten“, ist das BMWi zufrieden über die Eigeninitiative aus der Energie-Community.

Wie geht die europäische Förderung weiter?

Eine institutionelle Förderung erhalten die europäischen Forschungsnetzwerke CLAIRE und ELLIS von der Bundesregierung unterdessen weiterhin nicht. Bisher fördert nur die Europäische Union den Aufbau mehrerer thematisch ausgerichteter KI-Netzwerke, an denen die beiden Organisationen, die beide starke Standbeine in der deutschen KI-Forschung haben, beteiligt sind.

Wie die geplanten europäischen Investitionen in die europäische KI-Forschungslandschaft aussehen werden – über die das Gros der deutsch-französischen Zusammenarbeit finanziert werden dürfte – und welchen weiteren Beitrag die Bundesregierung dafür leisten wird, soll im gemeinsamen Investitionsplan der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten festgelegt werden, der derzeit fortgeschrieben wird und für den April erwartet wird.

„Im Beschluss der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung haben wir uns fraktionsübergreifend dafür ausgesprochen, starke KI-Forschungsstandorte aufzubauen und diese konsequent europäisch zu vernetzen“, sagt Christmann. „Nur so werden wir in Europa KI souverän nach unseren Werten gestalten können.“ Von der Bundesregierung erwarte sie deshalb eine „konsequente“ Unterstützung von CLAIRE und ELLIS sowie eine „substanzielle“ Förderung für deutsch-französische Projekte.

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