zum Hauptinhalt
In Karlsruhe droht die "Katastrophe", weil zwei Hubschrauber zur Mückenbekämpfung ausgefallen sind. Nun fordert ein Politiker, die Bundeswehr müsse einspringen.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

FDP-Politiker will Bundeswehr gegen Mücken einsetzen: Nicht ein stichhaltiges Argument

Mückenplage im Landkreis Karlsruhe. Ein Politiker fordert nun "Katastrophenalarm". Kann man machen. Oder auch bleiben lassen. Besser. Ein Kommentar.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Jung fordert, wegen einer drohenden Mückenplage im Landkreis Karlsruhe den Katastrophenfall auszurufen: „Die Landesregierung muss den Katastrophenfall ausrufen und die Bundeswehr und das Technische Hilfswerk sowie weitere Rettungskräfte anfordern, um die regionalen Schnakenbekämpfer vor allem rund um Linkenheim-Hochstetten und Dettenheim zu unterstützen.“

Hubschrauber ausgefallen

In der Tat hat es in der Gegend in den vergangenen Tagen geregnet, es war warm, so dass sich die Larven in Pfützen und Lachen gut vermehren konnten und werden. Dagegen geht normalerweise die "Kabs" vor, die Kommunale Arbeitsgemeinschaft. Per Hubschrauber versprüht sie Insektizide über den einschlägigen Brutgebieten am Rhein, um die Vermehrung der Blutsauger einzuschränken. Doch nun sind beide Hubschrauber der "Kabs" ausgefallen, die Mücke muss zu Fuß bekämpft werden. Nur noch rund die Hälfte der Brutgebiete in den Rheinauen seien so erreichbar. Die Schwäbische Zeitung verweist ihre verzweifelten Lesern bereits auf Tipps, wie man sich gegen Insektenstiche schützen kann - etwa Zebrastreifen auf die Haut zu malen, die einer Studie zufolge "unsichtbar" für Insekten machen sollen. (Dummerweise lesbar nur hinter der Bezahlschranke.)

Das ist natürlich alles schrecklich.

Andererseits kann man sich durchaus über die Idee amüsieren, in diesem akuten Notfall nun ausgerechnet die Bundeswehr um Amtshilfe zu bitten - angesichts der Nöte der Truppe mit fliegendem Gerät. Dass nach dem Ausfall der "Kabs"-Helikopter "die Bekämpfung der Stechmücken nur noch mit der Bundeswehr und dem Technischen Hilfswerk und der vorhandenen Infrastruktur für Katastrophenfälle möglich“ ist, könnte stimmen. Vorstellbar wäre aber auch, dass auch außerhalb der Kasernen des wohlhabenden Ländles noch der eine oder andere Hubschrauber herumsteht, den man chartern oder für die zwei Wochen ausleihen könnte, bis die "Kabs" wieder fliegen kann.

Die (gar nicht so) schreckliche Tigermücke

Doch das wäre ja einfach nur pragmatisch und würde längst nicht so einen schönen Medienrummel hervorrufen wie die Forderung, wegen drohender Mückenstiche sogleich Katastrophenalarm auslösen zu müssen. Und irgendwie ist es doch auch eine Katastrophe, schließlich drohen ohne Bekämpfung, so tönt Jung vollmundig, „optimale Entwicklungsbedingungen für die Schnaken und die gefährliche Asiatische Tigermücke, die Krankheiten wie Gelbfieber oder das Zika-Virus übertragen“ könne.

So formuliert, ist das nicht einmal falsch. In der Tat "kann" die Asiatische Tigermücke Gelbfieber oder Zika übertragen. Und vereinzelt hat man die Tigermücke im Ländle auch schon gesichtet, obwohl sie normalerweise in viel weiter südlichere Gefilde gehört. Doch was theoretisch möglich ist, ist eben nicht unbedingt praktische Realität. Hierzulande tragen Mücken keine Gelbfieber- oder Zika-Viren herum und können sie deshalb auch nicht übertragen, ebensowenig wie Malaria, Schlafkrankheit oder was Mücken (meist nur bestimmte Anopheles-Arten) sonst noch so beim Blutsaugen verteilen "können".

Elefant oder Mücke?

Sollte man solch einen alarmistischen Aufruf also nur mit einem Augenrollen quittieren? Weil man es aus der Politik ja nun mal gewohnt ist, dass der Aufmerksamkeit halber aus Mücken Elefanten gemacht werden (und umgekehrt)? Nein.

Denn wie können wir hierzulande etwas als "Katastrophe" bezeichnen und Bundeswehrhubschrauber anfordern, was am Ende nur ein paar juckende Stiche zur Folge hat, während wir die wirkliche, alltägliche Katastrophe in Ghana, dem Senegal oder Malawi ignorieren, wo Mückenplagen Jahr für Jahr für den Malaria-Tod tausender Kinder sorgen? Doch das ist ja weit weg, und für einen deutschen Politiker sicher kein stichhaltiges Argument.

Soll die Bundeswehr also einen Hubschrauber schicken, wenn sie denn noch einen übrig hat, um den Karlsruhern ein paar Mückenstiche zu ersparen. Nur nennt es bitte nicht Katastrophenhilfe.

Zur Startseite