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Loch am Pol. Die Abbildung zeigt, wie weit der Ozongehalt am 2. Oktober 2015 zurückgegangen war.

© Abb.: DLR/dpa

FCKW-Verbot: Das Ozonloch schließt sich

Bis Mitte des Jahrhunderts könnte die Schutzschicht über der Antarktis wieder intakt sein. Trotzdem kann es in den nächsten Jahren Ozonlöcher geben - auch über dem Nordpol.

Das Ozonloch schließt sich langsam. Mitte des Jahrhunderts könnte es endgültig verschwunden sein, berichten Wissenschaftler um Susan Solomon vom Massachusetts Institute of Technology im Fachmagazin „Science“. Diese Nachricht hat man in den vergangenen Jahren mehrfach gehört, verschiedene Forscher berichteten bereits von Anzeichen einer „Heilung“. Doch es gab Zweifel, denn die Ausdehnung des Ozonlochs schwankt stark von Jahr zu Jahr. Gerade 2015 war es wieder ausgesprochen groß geworden (siehe Abbildung.

Doch nun sind sich Solomon und ihre Kollegen sicher: Die Regeneration der Atmosphäre sei klar erkennbar. Das Montreal-Protokoll, in dem sich 1987 alle Nationen verpflichtet hatten, ozonzerstörende Chemikalien wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) zu verbieten, sei die richtige Entscheidung gewesen, um auf den Ozonverlust in der Antarktis zu reagieren.

Sensible Moleküle

Tatsächlich ist das „Ozonloch“ gar kein Loch und es ist auch nicht dauerhaft vorhanden. Mit dem Begriff wird vielmehr komplexe Atmosphärenchemie zusammengefasst, die sich jedes Jahr in der Südpolregion wiederholt. In zehn bis 50 Kilometer Höhe befinden sich Ozon-Moleküle. Sie bestehen aus je drei Sauerstoffatomen und schützen die Erdoberfläche vor der UV-Strahlung der Sonne. Aber die Moleküle sind sensibel, sie können durch Chlor zerstört werden. Das geschieht jedes Jahr im antarktischen Frühjahr von August bis Oktober.

Im antarktischen Winter ist es dunkel und sehr kalt über dem Pol, in der Stratosphäre entsteht ein großer Wirbel mit Wolken. Auf den Partikeln laufen chemische Reaktionen ab, die dazu führen, dass Chlor aus dem FCKW frei wird und die Ozonmoleküle angreifen kann. Unterstützt wird das Ganze durch UV-Strahlung, die im heraufziehenden Frühjahr den Polarwirbel erreicht und dort die Chlorfreisetzung beschleunigt.

Der Ozonverlust schwankt je nach Wetter und vulkanischer Aktivität

In den folgenden Wochen gehen bis zu 70 Prozent des Ozons in der Atmosphäre über dem Südkontinent verloren. Je nachdem, wie weit die ozonarme Zone – das „Loch“ – nach Norden reicht, sind Menschen in Australien und Südafrika betroffen: Die Zahl der Hautkrebserkrankungen dort hat nachweislich zugenommen. Während des Frühjahrs wird es wärmer über der Antarktis, der Abbau kommt zum Erliegen und die Ozonschicht erholt sich wieder.

„Wie stark der Ozonverlust ausfällt, hängt von verschiedenen Einflüssen ab, zum Beispiel vom Wetter oder ob es Vulkanausbrüche gab, die viel Schwefeldioxid in die Atmosphäre bringen und damit den Ozonabbau verstärken“, sagt Markus Rex, Atmosphärenwissenschaftler am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Potsdam, der an der aktuellen Studie nicht beteiligt ist. „Wenn man also nur die Menge des Ozons misst, erhält man kein eindeutiges Ergebnis.“

Daten über 15 Jahre zusammengetragen

Solomon und ihre Kollegen haben einen anderen Ansatz gewählt. Statt sich auf die Oktober-Daten zu fokussieren, wenn das Loch am größten ist, schauten sie auf den September. Dann sei der Einfluss der „Störfaktoren“ noch nicht so groß. Die Wissenschaftler trugen Daten von 2000 bis 2015 zusammen: Ozonmessungen von Wetterballons und Satelliten, Schwefeldioxidgehalte sowie Wetterdaten wie Temperatur und Wind. Sie verglichen die realen Ozongehalte mit Simulationen, die vorhersagen, welche Ozonkonzentration gemäß der herrschenden Chlorgehalte zu erwarten sind.

Dabei stellten sie fest, dass das September-Ozonloch von 2000 bis 2015 um mehr als vier Millionen Quadratkilometer geschrumpft ist, das ist größer als die gesamte Fläche Indiens. Darüber hinaus zeigen die Wissenschaftler, dass der Rückgang des Ozonverlusts zu mehr als 50 Prozent mit dem schwindenden Gehalt der Chlorchemikalien in der Atmosphäre zu erklären ist.

Das Rekordloch von 2015 ist einem Vulkanausbruch geschuldet

„Das ist die erste wirklich überzeugende Arbeit, die zeigt, dass sich das Ozonloch über der Antarktis langsam schließt“, sagt Markus Rex. „Man sieht, dass die Maßnahmen, die die Menschheit ergriffen hat, wirken. Das ist ermutigend.“

Und wie passt das Riesenloch von 2015 ins Bild? Schließlich lagen da die Chlorgehalte nochmals etwas niedriger. Solomons Team begründet das vor allem mit dem Ausbruch des chilenischen Vulkans Calbuco, der viel Schwefeldioxid in die Luft geschleudert hatte. „Wir müssen immer mit Schwankungen von Jahr zu Jahr rechnen“, sagt Rex. Es würde ihn nicht wundern, wenn es im Oktober wieder ein Rekord-Ozonloch gäbe. „Es wird lange dauern, bis sich die Ozonschicht wirklich erholt hat.“

Auch über der Arktis kann ein Ozonloch entstehen

Doch nicht nur FCKW, die einst als Treibmittel in Sprühdosen und als Kältemittel verwendet wurden, machen Probleme. Auch Lachgas zerstört Ozon, es kommt vor allem aus der Landwirtschaft – beispielsweise durch den Einsatz von Stickstoffdünger.

So dürfte es noch einige Jahre Schreckensnachrichten von Ozonlöchern geben: an beiden Polen. Wenn es im hohen Norden sehr kalt ist, kann auch über der Arktis die Ozonschicht abgebaut werden. Wie zum Beispiel in diesem Frühjahr. Je nachdem wie sich der Polarwirbel dort samt eingeschlossener ozonarmer Luft bewegt, kann es dann in Europa vorübergehend zu einer erhöhten UV-Belastung kommen.

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