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Fake News in der Coronakrise: Jugendliche anfällig für Falschnachrichten

Jugendliche sind im Netz zunehmend Desinformation ausgesetzt - und mangelhaft darauf vorbereitet. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Vodafone-Stiftung.

Sie grassieren ähnlich schnell wie das Virus: Fehlinformationen und Falschnachrichten. Schwer erkennbare Fake News im Zusammenhang mit der Pandemie kursieren massiv im Netz. Betroffen sind davon besonders junge Menschen.

Dem Großteil der 14- bis 24-jährigen (64 Prozent) fällt es hier schwerer als bei anderen Themen, unglaubwürdige von glaubwürdigen Informationen zu unterscheiden. Das belegt eine Studie zu Desinformation in der Coronakrise im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland, die Tagesspiegel Background vorliegt und die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Dass Fehlinformationen und Falschnachrichten unsere Gesellschaften durchdringen und weitreichende Folgen haben können, haben bereits mehrere Studien belegt – bis hin zum Nachweis, dass der Tod hunderter Menschen weltweit auf Corona-Fehlinformationen zurückzuführen ist.

Welches Ausmaß die „Infodemie“ in Deutschland insbesondere unter den jungen Menschen annimmt, macht die Studie der Vodafone Stiftung nun deutlich: Insgesamt begegnen 76 Prozent der 14- bis 24-jährigen in Deutschland mindestens einmal pro Woche Falschnachrichten über Internetseiten, sozialen Medien oder Messengerdiensten. Das ist laut Studie ein Anstieg von 50 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Zudem hat sich die Zahl derjenigen, die mehrmals täglich auf Falschnachrichten stoßen, seit dem letzten Jahr fast verdoppelt (21 gegenüber 12 Prozent).

Ein Graben zwischen den Bildungsschichten

Ein Drittel der jungen Menschen vertraut laut der Befragung nicht darauf, selbst Falschnachrichten zu erkennen. Dabei tut sich ein Graben zwischen den Bildungsschichten auf. 39 Prozent der jungen Menschen mit weniger Bildung – zehn Prozent mehr als jene mit höherer Bildung – trauen sich nicht zu, Falschnachrichten zu identifizieren. Gleichzeitig bekommen Jugendliche an Hauptschulen am wenigsten Unterstützung beim Umgang mit Falschnachrichten.  

Der Nährboden für Falschnachrichten werde durch die Corona-Beschränkungen noch einmal verstärkt, da sich immer mehr Aktivitäten ins Digitale verschieben, die Kompetenzen im Umgang mit Desinformation aber nur langsam wachsen.

Jugendliche sind beunruhigt

Inger Paus, Vorsitzende der Geschäftsführung der Vodafone Stiftung und Mitautorin der Studie, kritisiert: „Seit Beginn der Corona-Pandemie findet der Lebensalltag junger Menschen noch mehr als bisher im digitalen Raum statt. Gleichzeitig haben wir versäumt, junge Menschen ausreichend im Umgang mit digitaler Desinformation zu stärken.“

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind über die Verbreitung von Falschnachrichten selbst beunruhigt und stufen sie sogar als eine Gefahr für die Demokratie ein. 85 Prozent von ihnen gab an, dass das Thema verpflichtender Inhalt in einem Unterrichtsfach sein sollte, zum Beispiel in Politik, Gesellschafts- oder Sozialkunde. Bei nur 30 Prozent der Befragten wurde das Thema Desinformation bereits mal im Unterricht behandelt.   

Vertrauen in das politische System und klassische Medien gefährdet

Alarmierend ist, dass mehr als die Hälfte der Befragten Desinformation nicht nur mit dem Internet oder betrügerischen Absichten zusammendenken, sondern auch klassische Medien wie Radio, Fernsehen oder Zeitungen sowie Politikerinnen und Politiker oder Parteien damit in Verbindung bringen.

Kein Wunder: Eine kürzlich veröffentlichte Studie über die Berichterstattung zum Coronavirus in englischsprachigen Medien weltweit zeigt, dass fast 40 Prozent aller Corona-Falschmeldungen auf Donald Trump zurückzuführen sind.

Thema in den Lehrplänen verankern?

„Unsere Demokratie ist auf gut informierte Bürgerinnen und Bürger ebenso angewiesen wie auf das Vertrauen in politische Akteur:innen und Medien. Beides wird durch Desinformation und Falschnachrichten untergraben“, schreiben die Studienautorinnen Inger Paus und Johanna Börsch-Supan. Sie unterstützen die Forderung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, das Thema Desinformation verpflichtend im Lehrplan der Schulen zu verankern. Der Wunsch zeige, „wie wichtig das Thema für sie, ihre und unsere Zukunft ist.“

Die Vodafone Stiftung Deutschland hatte Infratest dimap mit der Befragung beauftragt. Die Stichprobe umfasst 2.064 Jugendliche und junge Erwachsene und ist so angelegt, dass sie in den wesentlichen Strukturmerkmalen der Grundgesamtheit deutschsprachiger Jugendlicher entspricht. Die Befragung wurde zwischen dem 11. und 28. September 2020 durchgeführt. 

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