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Studierende sitzen in einem Hörsaal, vor ihnen steht eine Lehrende.

© Robert Schlesinger/dpa

Fairness für das Fußvolk der Wissenschaft: Perspektiven unterhalb der Professur und außerhalb der Uni schaffen

Tenure-Track-Professuren sind eine gute Sache. Doch für das "akademische Prekariat" braucht es mehr als das. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Amory Burchard

Nichts weniger als einen Kulturwandel in der Professoren-Laufbahn wollen Bund und Länder einleiten – und lassen sich das bis 2032 eine Milliarde Euro kosten. Nach US-Vorbild werden auch hierzulande mehr Forschende eine dauerhafte Professur erhalten, wenn sie über sechs Jahre in einer Assistenz- oder Juniorprofessorenstelle Erfolge nachweisen können. 1000 dieser sogenannten Tenure-Track-Professuren können geschaffen werden.

Grundsätzlich lässt sich zwar wenig dagegen einwenden, wenn wissenschaftliche Karrierewege planbarer und transparenter werden. Aber für viele Forschende bleibt es eine Geste nach dem Gießkannen-Prinzip. Für den überfälligen Kulturwandel reichen 1000 zusätzliche Professuren nicht. Der Aufschrei der „verlorenen Generation“ der wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wird dadurch nicht verhallen.

Denn sie werden sich auch weiterhin von einem Kurzzeitvertrag zum anderen hangeln müssen. Das Fußvolk an Unis und Forschungsinstituten ist zu über 90 Prozent vor und nach der Promotion befristet angestellt. Die Hälfte dieser Verträge hat eine Laufzeit von weniger als einem Jahr. Dieses „akademische Prekariat“ braucht mehr als ein Professoren-Programm.

Die Angst vor der Abbruchkante bleibt

Bei der großen Mehrheit der jungen Forschenden vor und nach der Promotion bleibt die Angst vor der akademischen Abbruchkante: Wer es nicht auf eine Professur schafft, bleibt meist in der Schleife der befristeten Verträge und schlecht bezahlten freien Lehraufträge. Oder begibt sich mit Mitte 30 oder gar mit Mitte 40 auf den Arbeitsmarkt.

Was fehlt, sind faire Angebote an leidenschaftliche und exzellente Forschende und Lehrende, auch unterhalb der Professur dauerhaft an der Uni bleiben zu können. Doch die Schaffung etwa von vielfach gewünschten Stellen für reine Lehrprofessuren, angestellte „Lecturer“ oder Dauerstellen im Management von Forschungsprojekten kommt nicht recht voran: Die Gewerkschaften sind gegen „Lehrknechte“ und die Unileitungen haben Angst, dass wie vor Jahrzehnten ein überalterter Mittelbau entsteht, der die Zugänge für junge Nachwuchskräfte verstopft.

Was gebraucht wird, um den bundesweit knapp 150.000 wissenschaftlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen echte Perspektiven zu geben, ist eine breite Palette von gangbaren Berufsperspektiven. Aber auch Ideen, wie alternative Wege beschritten werden können. Schöne Stellen für kluge Menschen gibt es auch außerhalb der Unis: Die Fachhochschulen suchen ebenfalls bundesweit Nachwuchs für ihre Professuren. Und die Schulen suchen Lehrkräfte – gerade auch solche, die mit einem Bein im Klassenraum und mit dem anderen in der Bildungsforschung stehen.

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