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Die Studienteilnehmer durften nur jeden zweiten Tag etwas essen.

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Essen nur jeden zweiten Tag: Forscher finden keine Nebenwirkungen von strengem Intervallfasten

Kann man mit periodischem Hungern besonders gut abnehmen? Das ist bei Forschern umstritten. Klar ist nun aber: Man kann es problemlos ausprobieren.

Von allen Methoden, die ein längeres und gesünderes Leben versprechen, ist eine besonders vielversprechend. Sie heißt: Friss die Hälfte! Weil das aber die wenigsten auf Dauer schaffen, suchen Wissenschaftler (und Abnehmwillige) nach anderen Methoden. Eine davon ist das Intervallfasten, also eine bestimmte Zeit gar nichts zu essen. Das wird jedoch immer wieder kritisch betrachtet, weil es nur wenige Daten zu den Langzeitfolgen gibt.

Nun haben Wissenschaftler von der Universität Graz ihre Probanden für eine Studie auf eine strenge Intervalldiät gesetzt. Sie untersuchten die Auswirkungen über einen Zeitraum von vier und sechs Monaten. Im Fachblatt "Cell Metabolism" berichten sie nun, dass die Teilnehmer unter einer solchen Diät deutlich weniger Kalorien zu sich nahmen und an Gewicht verloren. Außerdem bringe sie gesundheitliche Vorteile mit sich. Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten.

Die Forscher um Slaven Stekovic von der Universität Graz teilten für ihre Studie 60 gesunde normalgewichtige Probanden in zwei Gruppen ein. Die eine Hälfte durfte so viel essen, wie sie wollte, die anderen 30 Teilnehmer mussten vier Wochen lang eine rigorose Diät einhalten. Sie mussten abwechselnd 36 Stunden – also einen Tag und zwei Nächte – fasten, danach durften sie zwölf Stunden lang normal essen.

Um sicherzustellen, dass sie während der Fastenzeit nichts aßen, überwachten die Forscher den Blutzuckerspiegel der Teilnehmer. Um die Sicherheit der Methode zu beurteilen, untersuchten die Wissenschaftler zusätzlich 30 weitere Personen, die sich schon mindestens sechs Monate nach einem solch strikten Plan ernährt hatten.

Ein Drittel weniger Kalorien

Es stellte sich heraus, dass die Teilnehmer zwar in den zwölf Stunden, in denen sie essen durften, einige der während des Fastens verlorenen Kalorien wieder aufholten, aber nicht alle. Durchschnittlich nahmen fastende Probanden während des vierwöchigen Versuchszeitraums 37 Prozent weniger Kalorien zu sich als vorher und verloren 3,5 Kilogramm an Körpergewicht.

Außerdem fanden sich bei Bluttests verschiedene Werte, die die Forscher mit einem verbesserten Zustand des Herz-Kreislauf-Systems und erhöhter Langlebigkeit in Verbindung bringen, zum Beispiel einen niedrigeren Cholesterinspiegel und einen Rückgang von Fettgewebe im Bauchbereich. Gerade dieses Bauchfett korreliert Studien zufolge mit dem Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen.

In anderen Studien hatte es Hinweise darauf gegeben, dass solch eine starke Kalorienreduktion etwa zu verminderter Knochendichte führen oder das Immunsystem schwächen kann. In der Grazer Studie zeigten sich jedoch auch nach sechs Monate keine Nebenwirkungen bei den Probanden.

Die Forscher schließen daraus, dass die Methode (zumindest für diesen Zeitraum) sicher ist und spekulieren, dass das alternierende Fasten sogar das Potenzial habe, zum Standard in der Klinik zu werden, etwa wenn übergewichtige Patienten Gewicht verlieren sollen. Außerdem schlagen sie es als präventive Gesundheitsmaßnahme vor, um etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.

Der große Vorteil gegenüber einer herkömmlichen Reduktion der Kalorien sei, nicht mühsam Kalorien zählen zu müssen, sondern sich einfach daran halten könne, an gewissen Tagen nichts zu essen.

Kritik am Studiendesign

Jürgen König ist da eher skeptisch: "Es war zu erwarten, dass eine Energiereduktion einige positive gesundheitliche Effekte zur Folge hat", sagt der Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften der Universität Wien. Ob diese Effekte allerdings durch alternierendes Fasten zustande gekommen sind, lasse sich auf Basis des Studiendesigns nicht sagen.

So habe es in der Studie keine Kontrollgruppe gegeben, die durch kontinuierliches (anstatt intervallartiges) Fasten eine ähnliche Kalorienreduktion erreichte wie die fastenden Teilnehmer. Nur so hätte man jedoch wirklich eine Aussage treffen können, ob die Methode des Intervallfastens und nicht die Kalorienreduktion an sich die Effekte bewirkt hätten. Diese Kritik führt auch Stefan Kabisch an, Studienarzt am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke an. Dass Kalorienreduktion positive Effekte habe, sei schon seit Jahrzehnten bekannt. Er kritisiert die Methodik der Studie scharf, attestiert ihr sogar "keine verwertbaren neuen Erkenntnisse zum Intervallfasten beim Menschen".

Intervallfasten könnte den Stoffwechsel flexibler machen

Dermaßen kritisch sieht Annette Schürmann, Leiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie am DIfE, die Sache nicht. Zwar könne man aus den Daten nicht ableiten, dass die gefundenen Effekte wirklich durch das Intervallfasten verursacht seien und nicht grundsätzlich durch die verminderte Kalorienaufnahme. "Resultate aus tierexperimentellen Studien sprechen aber dafür, dass sich beim Intervallfasten die Pausen zusätzlich zu den bekannten Effekten einer verminderten Kalorienzufuhr positiv auswirken könnten", sagte Schürmann dem Tagesspiegel.

So würden im Fettstoffwechsel etwa Verbindungen (Ketonkörper) gebildet, denen förderliche Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System zugeschrieben werden. Außerdem könne der Körper durch die Pausen besser von Kohlenhydrat- auf Fettstoffwechsel schalten, was zur Verbrennung von Bauchfett führe. Eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Insulin, die bei Intervallfasten beobachtet werde, könne außerdem vor Diabetes schützen.

Die Daten dazu stammen meist aus Tierversuchen, da Studien am Menschen – wie häufig in der Ernährungsforschung – sehr aufwändig und schwer zu realisieren sind. "Insofern ist es ein Verdienst der Grazer Forscher, die Sicherheit dieser strengen Art von Intervallfasten nachgewiesen zu haben", sagt Schürmann.

"Überlegen, wofür man fastet"

Jetzt müssten weitere Studien folgen, die zum Beispiel überprüfen, ob sich das alternierende Fasten dazu eigne, übergewichtige Patienten zu behandeln. Eine amerikanische Studie hatte 2017 gezeigt, dass diese Methode einer Gewichtsreduktion auf mittlere Sicht von den Patienten schwer durchzuhalten ist. Auch berichten Patienten mitunter auch nach mehreren Wochen alternierenden Fastens noch über starken Hunger.
Schürmann rät niemandem, ein solch strenges Intervallfasten wie in der Studie nachzumachen. Vorher solle man das unbedingt mit seinem Hausarzt besprechen. Ein Intervallfasten im Modus 16:8 (16 Stunden pro Tag nichts essen) oder 5:2 (fünf Tage normal essen, an zwei Tagen höchstens 600 Kalorien) könne man dagegen ausprobieren. Kindern und Jugendlichen ohne Gewichtsprobleme und Schwangeren empfiehlt sie allerdings auch das nicht.

Wichtig sei immer, sich zu überlegen, warum man sich für Intervallfasten entscheide. "Wenn man tatsächlich abnehmen will, darf man auch in den Zeiträumen, in denen man essen darf, nicht nur Fastfood zu sich nehmen", sagt Schürmann. Denn komme man dadurch wieder auf die normale Kalorienzahl, sei damit nichts gewonnen. Die Forscherin sagt: "Kalorien zu reduzieren, ist für eine Gewichtsabnahme nach wie vor der größte Faktor." Und ob Intervallfasten dabei hilft, das sei von Mensch zu Mensch verschieden. (mit smc)

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