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Fünf Milliarden Euro gibt es vom Bund für den Digitalpakt für die Schulen.

© Julian Stratenschulte/dpa

Exklusiv

Erst 20 Millionen Euro bewilligt: Der Digitalpakt für Schulen kommt kaum voran

Von den fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt sind bisher erst 20 Millionen bewilligt. In einigen Bundesländern ist noch gar kein Vorhaben beauftragt.

Jahrelang haben Kommunen und Länder auf den Digitalpakt gewartet, der ihre Schulen und deren IT-Ausstattung fit für die Zukunft machen soll. Doch offenbar haben nicht alle die Zeit gründlich genutzt, um sich auf den Tag vorzubereiten, an dem sie die Mittel aus dem fünf Milliarden schweren Pakt endlich abrufen können.

Sieben Monate, nachdem der Pakt in Kraft getreten ist, gibt es einige Länder, in denen bislang kein einziger Antrag bewilligt worden ist.

Und auch dort, wo es zügig vorangeht, stoßen Kommunen und Schulträger teilweise auf Schwierigkeiten – weil das Geld nicht ausreicht, um die Schulen so gut auszurüsten, wie es eigentlich nötig wäre. Das ergibt eine Abfrage von Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI bei allen Bundesländern.

Vier Länder haben aus dem Digitalpakt kein Vorhaben bewilligt

Demnach haben Hessen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Thüringen und das Saarland bisher noch kein einziges Vorhaben bewilligt – auch wenn Anträge in den meisten dieser Länder inzwischen durchaus vorliegen und teilweise in Kürze auch grünes Licht erhalten sollen, wie zum Beispiel Schleswig-Holstein meldet.

Keine Antwort auf die Anfrage, für deren Antwort die jeweiligen Kultusministerien zwei Wochen Zeit hatten, gab es aus Mecklenburg-Vorpommern.

Schnell geht es beim Digitalpakt in Sachsen

Besonders schnell handelten dagegen die Sachsen. Den ersten Förderbescheid überreichte Kultus-Staatssekretär Herbert Wolff bereits im vergangenen August: und zwar eine Bewilligung über 3,6 Millionen Euro für den Landkreis Zwickau, der damit hauptsächlich das W-Lan in seinen Schulen verbessern will.

Sachsen scheint überhaupt insgesamt am weitesten zu sein: 18 Anträge mit einem Volumen von 8,4 Millionen Euro wurden bis Ende 2019 freigegeben.

Berlin hat 492.000 Euro freigegeben

Neun weitere Länder haben bereits Anträge bewilligt. Vergleichsweise viel Geld hat auch Hamburg schon verplant: Die Hansestadt hat Maßnahmen für 34 Schulen in Höhe von sieben Millionen Euro beauftragt, hier geht es vor allem um die W-Lan-Ausstattung.

Bei über einer Millionen Euro liegen ebenso Baden-Württemberg und Niedersachsen. Berlin hat 492.000 Euro freigegeben, davon profitieren 44 Schulen. Erste Förderbescheide überreicht hat zudem Bayern, nennt dazu aber keine Summen.

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Bundesweit sind damit bislang nur insgesamt 20 Millionen Euro der fünf Milliarden Euro bewilligt, die zur Verfügung stehen. Der Pakt läuft bis zum Jahr 2024.

Lange wurde im Vorfeld zwischen Bund und Ländern gerungen, was mit den Mitteln überhaupt finanziert werden darf. Soll nur die IT-Infrastruktur verbessert werden, also zum Beispiel die W-Lan-Ausleuchtung, wie ursprünglich geplant? Das hätte die Schulen benachteiligt, die bereits gut angebunden sind.

Laptops, Interaktive Tafeln, Wlan - die Bedarfe sind vielfältig

Daher dürfen solche Einrichtungen jetzt auch Endgeräte wie Laptops oder Tablets anschaffen. Einige der jetzt angeschobenen Vorhaben zeigen, dass die Bedarfe tatsächlich vielfältig sind:

  • Die Schulen in NRW investieren zunächst vor allem in die Vernetzung des Schulgebäudes und die W-Lan-Netze, hier handelt es sich um elf freigegebene Anträge.
  • Die erste in Bayern geförderte Kommune, Karlstadt, beschafft digitale Tafelsysteme, Tablet-Klassensätze, aber auch Audiosysteme für Hörgeschädigte.
  • In Bremen, wo die Netz-Abdeckung nach Auskunft der Senatsverwaltung bereits gut ist, wurden zunächst vor allem Präsentationsmedien – etwa interaktive Tafeln – und Arbeitsgeräte wie Tablets und Laptops geordert.
  • Die 44 Berliner Schulen wiederum, die jetzt in der Hauptstadt als Erste gefördert werden, bauen ihre pädagogischen Schulserver aus.
  • Laptops und Activeboards (auch das sind interaktive Tafeln) beschafften fünf Grundschulen aus Helmstedt, die in Niedersachsen zu den ersten unterstützten Einrichtungen gehören.

Woran liegt es, dass in einigen Ländern schon Geld fließt oder zumindest zahlreiche Anträge bewilligt sind, während in anderen Anträge erst langsam eintrudeln? Schon als es um die Förderrichtlinie ging – die Voraussetzung, um Mittel vergeben zu können – reagierten einige Länder unmittelbar, während andere trödelten.

In Sachsen trat die Förderrichtlinie Mitte Mai in Kraft, in Bayern Ende Juli, in Brandenburg Anfang August, in Hessen dagegen erst Anfang Dezember. Um Schulen erste, schnelle Anschaffungen zu ermöglichen, richtete Bremen als einziges Land sogar ein „Initialbudget“ ein. Aus diesem konnten Grundschulen je 5000 Euro, Oberschulen je 10.000 Euro und Gymnasien je 15.000 Euro abrufen.

Schulen sind unterschiedlich gut auf den Digitalpakt vorbereitet

Überhaupt scheinen die Schulen unterschiedlich gut auf den Digitalpakt vorbereitet zu sein. Schulen, die von den Mitteln profitieren wollen, müssen zunächst ein Medienkonzept einreichen. „Die Technik folgt der Pädagogik“, hatte bereits die ehemalige Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) als Devise vorgegeben.

In Bayern hatten laut Auskunft des Ministeriums alle Schulen im Juli 2019 ein solches Konzept aufgestellt – während in Baden-Württemberg aktuell noch immer solche Entwicklungspläne eingereicht werden.

In Bayern mussten die Schulen schon Mitte 2019 auflisten, welche IT-Bedarfe sie haben - anderswo wird diese Bestandsaufnahme gerade erst gemacht.
In Bayern mussten die Schulen schon Mitte 2019 auflisten, welche IT-Bedarfe sie haben - anderswo wird diese Bestandsaufnahme gerade erst gemacht.

© picture alliance / Marc Tirl/dpa

In Bayern mussten die Schulen auch schon bis zum vergangenen Juli ihre Ausstattungsbedarfe aufstellen. Sachsen-Anhalt dagegen berichtet, Schulträger würden sich aktuell „in der Phase der Bestandsaufnahme“ befinden. Dieser „Erstaufwand“ gestalte sich gerade bei größeren Schulträgern mit vielen Schulen als „sehr hoch und zeitaufwendig“. Das Land wolle gründlich prüfen, um Fehlinvestitionen zu vermeiden.

Dass die Länder oft keinen Überblick über die IT-Ausstattung ihrer Schulen haben, wurde bereits im vergangenen Jahr kritisiert.

Heruntergerechnet auf jede Schule bleibt nicht so viel Geld

Nun klingen fünf Milliarden Euro für den Digitalpakt erst mal wie eine enorme Summe – heruntergerechnet auf die 40.000 Schulen in Deutschland sind es aber mal gerade 120.000 Euro, die pro Einrichtung übrig bleiben. Die Bundesländer haben praktisch durchgehend einen Verteilschlüssel für ihre Kommunen und Schulträger aufgestellt, damit diese mit festen Summen planen können, auch in Berlin.

Die Digitalisierung der Schulen - lesen Sie zum Thema auch:

In einigen Kommunen hat schon das große Rechnen begonnen, inwieweit sich der Pakt für sie eigentlich lohnt. Dass auf sie viele Extrakosten zukommen, zeigt das Beispiel der Stadt Zwickau.

Ein Problem: Die Kosten für die Wartung fehlen

Dort kalkulierte das Amt für Familie, Schule und Soziales im Dezember, dass „für eine vollständige und optimale Umsetzung des Digitalpaktes“ zusätzlich hohe Summen nötig sind: nämlich fast 600.000 Euro, ungefähr ein Fünftel der Mittel, mit denen die Stadt aus dem Digitalpakt rechnen kann.

Denn die Festbeträge, die in den Förderrichtlinien für den Pakt etwa für Server, Endgeräte oder interaktive Tafeln vorgesehen sind, „entsprechen leider nur bedingt der aktuellen Marktsituation“, heißt es in einer Vorlage, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Schulen kritisieren, dass die Wartung neuer Geräte nicht im Digitalpakt enthalten ist - was zu hohen Folgekosten führen könnte.
Schulen kritisieren, dass die Wartung neuer Geräte nicht im Digitalpakt enthalten ist - was zu hohen Folgekosten führen könnte.

© Julian Stratenschulte/dpa

Nochmal mehr als 600.000 Euro jährlich könnten später für die Wartung und Fachkräfte für den IT-Support dazukommen – was ebenfalls nicht durch den Pakt abgedeckt ist. Auch aus Schulen in anderen Bundesländern ist zu hören, es sei ein großes Problem, dass die Wartung nicht mit abgerechnet werden dürfe.

Der Bundestag wird übrigens erst am 15. März eine erste Übersicht über die Umsetzung des Digitalpaktes erhalten. Dann will die Bundesregierung dem Haushaltsausschuss darüber berichten, wie aus der Antwort des BMBF auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht. Dieser kann man auch entnehmen, dass der Bund bislang keinen Überblick über die Aktivitäten der Länder hat, obwohl er ja der Hauptgeldgeber ist.

„Der Bund darf zahlen, steht aber bei der Umsetzung des Digitalpakt unbeteiligt am Spielfeldrand“

Für Katja Suding, die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, ist das nicht hinnehmbar. „Der Bund darf zahlen, steht aber bei der Umsetzung des Digitalpaktes unbeteiligt am Spielfeldrand“, kritisiert Suding.

Die Länder seien vielfach nicht einmal verpflichtet, ihm über die Verwendung der Bundesmittel Bericht zu erstatten. „Wir brauchen daher dringend eine weitergehende Modernisierung des Bildungsföderalismus und mehr Verantwortung für den Bund in der Bildung“, erklärte Suding dem Tagesspiegel.

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