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Ein Arzt impft einen Patienten mithilfe einer Spritze in den Oberarm.

© Ted S. Warren/AP/dpa

Eröffnung des World Health Summit in Berlin: Der Bundespräsident spricht sich gegen "Impfstoff-Nationalismus" aus

Mit einem Appell, Corona-Impfstoffe weltweit solidarisch zu verteilen, hat Frank-Walter Steinmeier am Sonntag den Berliner World Health Summit eröffnet.

Bei der Eröffnung des Weltgesundheitsgipfels hat sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gegen einen „Impfstoff-Nationalismus“ in der Corona-Pandemie gewandt. Zwar sei es verständlich, wenn Regierungen zum Schutz der eigenen Bevölkerung versuchten, sich schon jetzt größere Mengen bei den Herstellern zu reservieren, sagte Steinmeier.

Doch weil nicht überall sofort Impfstoffe in großer Menge produziert werden könnten, „wird eine solche frühzeitige Impfstoffsicherung einiger zu Lasten anderer gehen“.

„Fast die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Staaten, die nicht über die Mittel verfügen, sich den Herstellern als Vorzugskunden anzudienen“, erklärte der Bundespräsident in einem am Sonntagabend übermittelten Videobeitrag für den World Health Summit. „Die Folge wird sein, dass in ärmeren, aber nicht weniger bedürftigen Ländern nur ein geringer Teil der Bevölkerung geimpft werden kann, in reicheren Ländern hingegen ein ungleich größerer Teil.“

"Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind"

Es wäre eine Illusion zu glauben, dass schon kurz nach der ersten Zulassung genug Impfstoff zur Verfügung stehen werde, um sofort Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt vor einer Infektion mit Covid-19 zu schützen, sagte Steinmeier.

[Über die ersten Fachvorträge des World Health Summit vom Sonntag berichtet exklusiv der Tagesspiegel Background Gesundheit&E-Health am Montagmorgen]

Die Frage sei, ob es der Politik gelingen werde, „überzeugend zu erklären, dass es für uns alle von Vorteil ist, wenn zunächst weniger Menschen in allen Ländern geimpft werden, als in wenigen Ländern alle Menschen“.

Frank-Walter Steinmeier setzt sich einen blauen Mund-Nasen-Schutz auf.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier - hier am 17. Oktober 2020 in Lübeck.

© Morris Mac Matzen/AFP

Steinmeier appellierte, die Pandemie „mit einem Geist der Zusammenarbeit“ zu überwinden und nicht im Geist eines „Impfstoff-Nationalismus“. Rückzüge hinter nationale Grenzen brächten nicht die Lösung. Vielmehr liege „der wirkliche Ausweg aus der Pandemie, der Silberstreif am Horizont unserer endlichen Geduld“ in der beispiellosen internationalen Anstrengung bei der Suche nach Therapien, Diagnoseverfahren und Impfstoffen.

Eine globale Allianz sei nicht allein ein Akt der Solidarität, sondern auch aus einem wohlverstandenen Eigeninteresse heraus nötig. „Niemand ist sicher vor Covid-19, bevor nicht alle davor sicher sind“, sagte der Bundespräsident. „Selbst wer das Virus in seinen eigenen nationalen Grenzen besiegt, bleibt ein Gefangener dieser Grenzen, solange es nicht überall besiegt ist.“ Die Formel „wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht“ sei nicht nur unethisch, sondern dumm.

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Als weitere Rednerinnen und Redner bei der Eröffnungsveranstaltung des Weltgesundheitsgipfels wurden EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, UN-Generalsekretär António Guterres und WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus erwartet.

Ein Porträtbild von Detlev Ganten vor dem Logo des World Health Summit.
Detlev Ganten ist Gründungspräsident des World Health Summit.

© promo

Präsenzveranstaltungen im "Kosmos" abgesagt

Der diesjährige World Health Summit findet bis zum kommenden Dienstag wegen der Covid-19-Pandemie ausschließlich als digitales Format statt. Die ursprünglich geplante Präsenzveranstaltung im Berliner Veranstaltungszentrum "Kosmos" wurde wegen der steigenden Infektionszahlen abgesagt.

[Lesen Sie hier einen Bericht über Proteste von Gegnern gegen die Corona-Maßnahmen anlässlich des World Health Summit]

Zentrale Themen der dreitägigen Tagung sind aktuelle Erkenntnisse zu Covid-19, globale Strategien für Pandemie-Prävention und -Bekämpfung sowie die Rolle Europas und der WHO in der globalen Gesundheit. Die 50 Sessions sind online kostenfrei und ohne Anmeldung abrufbar - hier über Zoom oder hier direkt im Programm. Am Montag sprechen unter anderem der Virologe Christian Drosten und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Der World Health Summit wurde 2009 zum 300-jährigen Jubiläum der Berliner Universitätsmedizin Charité gegründet - als strategische Konferenz für globale Gesundheit. Das Forum steht unter der Schirmherrschaft unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron.

Gründer und Präsident des World Health Summit ist der Berliner Pharmakologe Detlev Ganten, Gründungsdirektor des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin-Buch und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Charité. (KNA/Tsp)

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