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Eric Lander. Wenn der Senat zustimmt, wird Lander Direktor des "Office of Science and Technology Policy (OSTP)" und "Science Advisor" des Präsidenten. Hier zu sehen ist er während seiner Ansprache anlässlich seiner Nominierung in Wilmington, Delaware, am 16. Januar 2021.

© REUTERS/Kevin Lamarque

Eric Lander, Joe Bidens "Science Advisor": Mehr als ein gut dotierter Beratervertrag

Im US-Kabinett wird es erstmals eine Art Wissenschaftsminister geben. Die Nominierung ist ein Signal, auch an die Vorgänger. Ob sie mehr ist, muss sich zeigen.

In einem der größten Hörsäle am Massachusetts Institute of Technology (MIT) sind die Reihen eng besetzt mit unglaublich jung aussehenden Menschen. Vorne steht ein Mann mit Locken und Schnauzbart, den man auf dem Gang eher für den Hausmeister halten würde als für einen Professor. Schon gar nicht für jemanden, den das Time Magazin kurz zuvor auf seiner Liste der 100 einflussreichsten Menschen des Planeten hatte.

Der Mann heißt Eric Lander. Er hat Mathematik studiert, betrieb nebenbei aber Genetik. Mit 29 Jahren ist er bereits Professor an der darin weltweit führenden Einrichtung, dem Whitehead Institute am MIT. Bald ist er auch einer der Köpfe des Humangenom-Projektes und wird Chef des Broad Instituts für Genomik.

Antworten, Fragen

Er erzählt den Studierenden von Genen, Molekülen, der Entwicklung von Organen, schreibt klassisch mit Kreide an die Tafel. Es geht schnell, er verliert keine Zeit, erklärt nichts zweimal. Lander geht davon aus, dass die "High Potentials" in den Reihen ihm folgen können. Denn so kompliziert sie vielleicht auf den ersten Blick zu sein scheint, die Wissenschaft des Lebens, so logisch und plausibel greift doch beim genauen Hinsehen alles in einander. Immer wieder blickt er lächelnd in die Runde, als wollte er sagen: „Faszinierend, oder? All das Wissen, aber vor allem all die offenen Fragen.“

Die Szene, in der Eric Lander den Erstsemestern seiner Uni Biologie erklärt, liegt schon ein paar Jahre zurück. Locken und Schnauzer sind heute grau. Jene Vorlesungen für Studienanfänger aller Fachrichtungen am MIT, hätte er in seiner Position auch Assistenten überlassen können. Doch er bezeichnete sie, darauf angesprochen, als Herzensangelegenheit.

Er wird sie aber für eine Weile nicht mehr halten. Lander, der auch schon Chef eines Beratergremiums von Präsident Obama war, das unter anderem Empfehlungs-Berichte zu Klimawandel, Energiepolitik – und zu Pandemien - erarbeitete, wird unter Joe Biden wissenschaftlicher Chefberater des Präsidenten. Als erster in dieser Funktion wird Lander auch auch Ministerrang haben. Biden verknüpfte die Nominierung mit der Ankündigung, Wissenschaft werden für ihn „immer vornan stehen“.

Seine neuen Studenten im Oval Office

Der Mathematiker und Molekularbiologe Lander wird mit der Soziologin Alondra Nelson, der Chemie-Ingenieurin Frances Arnold und Maria Zuber, einer Astrophysikerin, auch erstmals ein komplett von Frauen dominiertes erweitertes Wissenschaftsteam um sich haben.

Dass die, die ihm ab jetzt zuhören sollen, allen voran der Präsident der Vereinigten Staaten, das ähnlich aufmerksam tun, mitschreiben und versuchen werden, zu lernen und zu verstehen, ist nicht sicher. Und Lander gilt auch nicht gerade als geduldig mit jenen, die es intellektuell nicht mit ihm aufnehmen können. Dem Magazin "Stat" sagte ein Wegbegleiter einmal, der Mann, dem schon im Alter von 30 Jahren ein "Genius Award" der MacArthur Foundation zugesprochen wurde, sei tatsächlich zwar "ein echtes Genie", habe aber auch "ein Ego ohne Ende".

Aus früheren Administrationen wurde zudem immer wieder berichtet, dass auch die kompetentesten „Science Advisors“ in der täglichen Realpolitik und -diplomatie förmlich untergingen. Dass Lander jetzt, sofern durch den Senat bestätigt, nicht nur Berater, sondern de facto Minister sein wird, ist zunächst nicht viel mehr als ein Signal und eine Absichtserklärung des gewählten Präsidenten und seiner Vize Kamala Harris. Dem einstigen Mathe- und Genetik-Wunderkind steht jetzt seine bislang schwerste Bewährungsprobe bevor.

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