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Einen klugen Vorschlag zur Institutionalisierung des Potsdamer IASS erwarten die Grünen.

© Promo/IASS

Entscheidung vertagt: Zukunft des Töpfer-Instituts weiter ungewiss

Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages will nun Ende Juni über Potsdamer Nachhaltigkeits-Institut befinden. Grünen-Sprecher Gehring fordert kluge Lösung von der Bundesregierung.

Die Entscheidung über die Zukunft des Potsdamer Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) ist vertagt worden. Das Thema soll nun in der nächsten Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses im Bundestag am 25. Juni erneut auf der Tagesordnung stehen.

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Eigentlich war von der Ausschuss-Sitzung am 21. Mai eine Entscheidung erwartet worden, wie das bislang über Projektmittel finanzierte Institut, das 2009 von Klaus Töpfer gegründet wurde, eine konkrete institutionelle Entwicklungsperspektive erhalten kann.

Angliederung an das Geoforschungszentrum steht im Raum

Das Bundesforschungsministerium (BMBF) und das Brandenburger Wissenschaftsministerium (MWFK) hatten eine Angliederung an das Potsdamer Geoforschungszentrum GFZ favorisiert. Dafür zeigte sich das IASS offen, vorausgesetzt allerdings, dass eine solche Angliederung unter größtmöglicher Eigenständigkeit des Instituts erfolge (Tagesspiegel vom 19. Mai). 

Genau dieser Punkt soll nun dem Vernehmen zu der Vertagung geführt haben. In der Union sieht man hier offenbar noch Gesprächsbedarf, wie das zu gestalten sei. Es sei fraglich, ob eine Angliederung an die Geoforschung des GFZ der richtige Weg für die Nachhaltigkeitsforschung des IASS ist. Die eigenständige Leistungsfähigkeit des Instituts müsse erhalten bleiben.

Auch bei den Grünen ist man über den Umgang mit dem IASS unzufrieden. „Mich wundert, dass das Thema im Bundesforschungsministerium offenbar jahrelang auf Wiedervorlage lag, aber jetzt in aller Kürze – und parallel zur Fertigstellung der Stellungnahme des Wissenschaftsrats – ein Plan vorliegt, der aber noch einige Fragen aufwirft“, sagte Kai Gehring, Grünen-Fraktions-Sprecher für Forschung, Wissenschaft und Hochschule, dem Tagesspiegel. 

„Es gehört jetzt ein kluger Vorschlag auf den Tisch, der die besondere Rolle des IASS berücksichtigt und dem Institut die notwendige Unabhängigkeit und Agilität sichert, die für transformative Forschung an der Schnittstelle von Natur-, Geistes und Sozialwissenschaft nötig ist“, so der Grünen-Politiker.

Der Wissenschaftsrat hatte jüngst ein positives Votum zum IASS abgegeben und die positive Entwicklung des IASS gewürdigt. 

In dem Gutachten wurde der wichtige Ansatz des Instituts hervorgehoben und eine Institutionalisierung empfohlen, nachdem bei der ersten Evaluierung 2014 noch erheblicher Handlungsbedarf festgestellt worden war. Es wurde eine deutliche Verbesserung gegenüber 2014 konstatiert. 

Die Zuwendungsgeber und Mitgliederversammlung sollten sich demnach „möglichst rasch über die Zukunft des IASS“ verständigen, die Prüfung der Möglichkeiten „möglichst offen und breit“ anlegen und „auch neuartige Institutionalisierungsformen“ einbeziehen. 

Rüge vom Rechnungsprüfungshof

Seit seiner Gründung war das IASS keine eigenständige Institution, sondern ein Projekt des Bundesforschungsministeriums und des brandenburgischen Wissenschaftsministeriums. Der Rechnungsprüfungshof hatte bereits vor einigen Jahren gerügt, dass eine solche Projektfinanzierung nicht fortwährend verlängert werden kann.

„Es ist jetzt die Verantwortung des BMBF und der Regierungskoalition, gemeinsam mit dem IASS eine gute Lösung für die Zukunft des Instituts zu finden“, sagte Gehring.

In einer Antwort des BMBF auf eine Anfrage von Gehring und Kolleg:innen der Grünen-Fraktion im Bundestag hieß es zur Zukunft des IASS, dass eine wissenschaftlich-fachliche Anbindung des IASS an die Programme der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF), insbesondere im Forschungsbereich „Erde und Umwelt“ und eine rechtliche Einbindung in das Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches Geoforschungszentrum (GFZ) angestrebt werde.

Ortwin Renn ist wissenschaftlicher Direktor am IASS.
Ortwin Renn ist wissenschaftlicher Direktor am IASS.

© imago/Sabine Gudath

Mit einer Angliederung an des GFZ  kann man, unter Bedingungen, wohl auch am IASS leben. „Uns ist wichtig, dass wir keine Abteilung des GFZ werden, das würde auch dem Gutachten des Wissenschaftsrates widersprechen“, hatte der wissenschaftliche Direktor, der Risikoforscher Ortwin Renn dem Tagesspiegel gesagt.

Eine administrative Zuordnung an das GFZ sieht Renn als durchaus tragfähigen Kompromiss. „Aber mit einem Höchstmaß an Selbständigkeit, mit einer Hoheit über das Budget und über die Themen des Instituts sowie mit einer eigenständigen wissenschaftlichen Leitung“, so Renn. Beide Seiten sollten von einer Angliederung des IASS profitieren.

Am GFZ selbst ist die wissenschaftliche Leitung aktuell nur als Interims-Lösung besetzt, hier wird ein Nachfolger für Reinhard Hüttl gesucht, der nach einem Untreue-Verdacht gehen musste.

Ein Sprecher des BMBF hatte dem Tagesspiegel dazu gesagt, dass man die Empfehlung des Wissenschaftsrats, dem IASS eine konkrete institutionelle Entwicklungsperspektive zu geben, „gerne aufgreife“ und zusammen mit dem Brandenburger MWFK dem Institut eine solche Perspektive eröffnen will.

„Das IASS kann einen wesentlichen Beitrag zur Vermittlung in und von Nachhaltigkeitsprozessen leisten, der in Politik und Gesellschaft stark nachgefragt wird“, so das BMBF.

Nachhaltigkeitsforschung dringend stärken

Der Grünen-Politiker Gehring betonte im Zusammenhang mit der Ausrichtung des Instituts, dass die interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung „wesentlich zur Lösung der großen Herausforderungen unserer Zeit“ beitrage. „Wir müssen diesen Forschungsbereich dringend stärken“, so Gehring. 

Das IASS erfülle an der Schnittstelle von Forschungs- und Beratungseinrichtung eine wichtige Rolle für den Transfer von Forschungserkenntnissen in die Anwendungspraxis, das habe auch der Wissenschaftsrat jüngst hervorgehoben. „Diese besondere Rolle des IASS als transformative Wissenschaftseinrichtung gilt es zu erhalten und mit einer dauerhaften Institutionalisierung Planungssicherheit und langfristige Perspektiven zu schaffen“, sagte der Grünen-Politiker.

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