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Der verglaster Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden.

© Alexander Schippel/Promo

Eine Agenda für den Hochschulstandort: Wie Berlin noch besser Wissen schaffen kann

Wissenschaftsstandort mit Weitblick: So könnte ein Fahrplan für den Standort Berlin für die neue Legislaturperiode.aussehen. Ein Gastbeitrag.

Jule Specht ist Professorin für Persönlichkeitspsychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und Gründungsmitglied von SPDWisspol, dem Netzwerk Wissenschaftspolitik von Sozialdemokrat:innen. Ina Czyborra ist stellvertretende Landesvorsitzende der SPD Berlin und Wissenschaftsexpertin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Beide gehören für die SPD zum Koalitionsverhandlungsteam beim Thema Wissenschaft in Berlin.

Berlin steht vor großen Zukunftsentscheidungen, sei es bei der Stadtentwicklung, der Bewältigung des Klimawandels, digitalen Transformationen oder dem Zusammenhalt einer diversen Gesellschaft. Für all diese Entscheidungen bilden wissenschaftliche Erkenntnisse und Beratungen die Grundlage. Investitionen in den weltweit bedeutenden Wissenschaftsstandort Berlin sind damit Investitionen in alle Bereiche unseres alltäglichen Zusammenlebens. Das Ziel muss daher sein, eine leistungsstarke Wissenschaft in Berlin weiterzuentwickeln und dafür auch die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen.

Die Hochschulen als Ort des Austauschs

Die Berliner Hochschulen sichern mit der Ausbildung von 200.000 Studierenden die hochqualifizierten Fachkräfte der Zukunft. Sie bilden zusammen mit außeruniversitären Partnern einen kreativen und inspirierenden Ort des Austauschs, aus dem technologische Innovationen und Ausgründungen entstehen, die dazu beigetragen haben, dass Berlin zur Start-up-Metropole Europas wurde.

Und nicht erst seit der Corona-Pandemie wird die größte Universitätsklinik Europas, die Charité, weltweit geschätzt, die mit dem Institut für Gesundheitsforschung und dem Deutschen Herzzentrum weiter ausgebaut wird.

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Berlin ist auch ein Zentrum kultureller und sozialer Innovationen. Im Vergleich zu anderen Wissenschaftsstandorten in Deutschland, werden in Berlin überproportional viele Forschungsprojekte in den Geistes- und Sozialwissenschaften gefördert. Auch etwa ein Drittel aller derzeitigen Exzellenzcluster mit entsprechendem Schwerpunkt ist in Berlin angesiedelt. Mit Investitionen von 660 Millionen Euro in die Entwicklung des Museums für Naturkunde entsteht ein wichtiges Forum, das den Austausch zwischen Disziplinen, zwischen Grundlagenforschung und Anwendung fördert. Mit der breiten Gesellschaft und ihren außerakademischen Expert:innen wird es die Bewältigung globaler Herausforderungen voranbringen.

Attraktiv für die leistungsstärksten Wissenschaftler:innen

Damit sich der Wissenschaftsstandort weiter entwickeln kann, muss er für die leistungsstärksten Wissenschaftler:innen attraktiv sein, ein dynamisches Forschungsumfeld bieten und finanziell zuverlässig ausgestattet werden. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Berliner Wissenschaft wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, attraktive Karriereperspektiven in der Berliner Wissenschaft zu etablieren und damit international anschlussfähig zu werden. Eine damit einhergehende modernisierte Personalstruktur mit mehr unabhängig forschenden und lehrenden Wissenschaftler:innen, die bei Bewährung dauerhaft gehalten werden können, wird die Nachhaltigkeit bieten, die es für wissenschaftliche Innovationen abseits des Mainstreams braucht.

Die Autorinnen. Ina Czyborra (links) und Jule Specht.
Die Autorinnen. Ina Czyborra (links) und Jule Specht.

© Stefan Boness/Ipon, Picasa/dpa

Die Umsetzung dieses Berliner Hochschulgesetzes stellt die Hochschulen vor Herausforderungen. Sie werden unter Handlungsdruck gesetzt, weitreichende – wenn auch überfällige – Modernisierungen umzusetzen. Gleichzeitig bestehen rechtliche Interpretationsspielräume und offene Fragen, die konstruktiv aufgelöst werden müssen, um das politische Anliegen des Gesetzes zu schärfen. In diesem Zusammenhang wird auch den Hochschulverträgen eine zentrale Rolle zukommen, für die ein jährlicher Aufwuchs der Grundfinanzierung von 3,5 Prozent vorgesehen ist. Diese werden auch notwendig sein, um angemessene Arbeitsbedingungen für Promovierende und im Wissenschaftsmanagement zu sichern.

Fortschritt nur im Team

Wissenschaftlicher Fortschritt ist nur im Team möglich. Mit Kooperationen im Kleinen, in den vielfältigen Arbeitsgruppen an den Instituten. Und mit Kooperationen im Großen, als Exzellenzverbund aus Freier, Technischer und Humboldt-Universität mit der Charité oder als Berlin Research 50, der gemeinsamen Initiative außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, und zusammen mit Forschungsabteilungen in Unternehmen und Initiativen aus der Gesellschaft.

Und mit der Einstein Stiftung leistet sich Berlin eine eigene Fördereinrichtung für institutionenübergreifende Kooperationen zu neuen Forschungsfeldern. Gemeinsam kann Berlin die Früchte der bisherigen Exzellenzförderung ernten, um anschließend hervorragend vorbereitet in die nächste Runde gehen.

Zukunftsweisende Ausbildung von Studierenden

Ein erfolgreicher Wissenschaftsstandort mit Weitblick nutzt seine Forschungsstärke auch für die zukunftsweisende Ausbildung von Studierenden, die es aus aller Welt an unsere Hochschulen zieht. Angebote für lebenslanges Lernen und Weiterbildungen an Hochschulen können in Berlin noch deutlich stärker ausgebaut werden. Das würde ein Aufstiegsversprechen einlösen, indem über das junge Erwachsenenalter hinaus Chancen geschaffen werden, sich für neue oder veränderte Berufswege weiterzubilden. Dabei können auch digitale Lehrformate an Bedeutung gewinnen, die während der Pandemie optimiert wurden, auch wenn die Präsenzlehre glücklicherweise wieder zum Standard werden wird.

Berlin hat in den letzten Jahren seine Bedeutung als internationaler Wissenschaftsstandort ausgebaut. Nun gilt es, auch in der neuen Legislaturperiode die Voraussetzungen für eine leistungsstarke und sozialverträgliche Wissenschaft zu sichern. Dazu gehören attraktive Karriereperspektiven für die besten Wissenschaftler:innen und eine nachhaltige Personalstruktur an Hochschulen ebenso wie inspirierende Forschungs-, Lehr- und Lernbedingungen für Hochschulmitglieder jedes Alters und Geschlechts, jeder Herkunft, jedes Aussehens und aus jedem Elternhaus. Und eine Kooperationskultur über Fächer und Institutionen hinweg, die das ganze Potenzial des vielfältigen Wissenschaftsstandorts ausschöpft.

Ina Czyborra, Jule Specht

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