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Licht ins Dunkel. Protagonist Bob erhält Nachhilfe von Physikern wie Louis de Broglie, dem es gelang, Einsteins Aussagen über Licht und Photonen auf alle Materieteilchen zu verallgemeinern.

© promo

Ein Comic über die Quantenphysik: Was unsere Welt im Innersten zusammenhält

Ein Physiker und ein Zeichner haben sich zusammengetan, um in einem Comic das „Geheimnis der Quantenwelt“ zu lüften.

Wie soll man etwas verstehen, von dem selbst Albert Einstein dachte: „... in meinen Augen bleibt das Ganze ein Rätsel“? Lohnt sich da überhaupt der Versuch des Begreifens?

In der Tat stellt die Quantenphysik den gesunden Menschenverstand vor nicht gerade kleine Probleme, weil sie ihm ja ständig widerspricht: Ein Teilchen soll gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten existieren können, eine Katze gleichzeitig tot und lebendig sein? Materie vielleicht nur aus Wellen, nicht aber aus Teilchen bestehen? Die Grenze zur Esoterik scheint da nicht fern.

Der 1951 geborene Franzose Thibault Damour, mehrfach ausgezeichneter Professor für Theoretische Physik, der seine Karriere Schwarzen Löchern und Gravitationswellen widmete, hat sich jetzt trotzdem daran gemacht, „Das Geheimnis der Quantenwelt“ in einer für Laien verständlichen Form aufzubereiten.

Einprägsame Darstellung trifft auf informativen Text

Dafür bedient er sich des Mediums des Comics, was alle, die mit dem Begriff nach wie vor nur Superhelden-Hefte und Hühner-Cartoons assoziieren, erst mal verwundern dürfte. Beim zweiten Überlegen ist die Idee aber eigentlich sehr einleuchtend. Schließlich vereint der Comic einprägsame Darstellungen mit erläuternden Texten. Im Prinzip haben wir es also mit einer Art narrativer Infografik zu tun, deren didaktischen Wert etwa für den Geschichtsunterricht auch die Bundeszentrale für Politische Bildung rühmte. Wie gut so etwas funktionieren kann, zeigte vor ein paar Jahren die hochgelobte Wirtschaftshistorie „Economix“ von Michael Goodwin und Dan E. Burr.

Eine Traumreise durch die Physik

Ähnlich dieser sollte man sich nun auch Damours Werk, das er gemeinsam mit dem Zeichner Mathieu Burniat geschaffen hat, nicht als klassische Erzählung vorstellen. Vielmehr schicken die beiden den knollennasigen Abenteurer Bob auf eine Art Traumreise, bei der dieser den großen Theoretikern der Physik begegnet und durch sie nach und nach in die Mysterien der Materie eingeführt wird.

Den Anfang macht Max Planck, der im Jahr 1900, freilich ohne abschätzen zu können, was für Folgen seine Entdeckung haben würde, eine neben der Gravitation und der Lichtgeschwindigkeit dritte Naturkonstante entdeckte, wie er Bob am Lagerfeuer erzählt. Das mit dem Lagerfeuer ist wichtig, wie sich zeigt. Schließlich waren es ja die unterschiedlichen Farben der Glut und der Sonne, die Planck zur Entdeckung der Formel „E = hf“ brachten.

Verkürzt besagt diese, dass Energie nicht in jeder beliebigen Größe existieren kann, sondern nur in bestimmten – also quantisierbaren – Einheiten.

Zuckerwürfel und Kinderschaukeln

Wie bitte? Da ist man gerade mal auf Seite 30 von 168 angekommen und schon hakt der gesunde Menschenverstand zum ersten Mal aus. Energie existiert nur paketweise? Doch Burniat weiß das in einleuchtenden Schwarz-weiß-Bildern verständlich zu machen, wenn er diese Energie einmal als Puderzucker und dann als Zuckerwürfel darstellt, die an eine Meute Kinder verteilt werden sollen. Oder später, wenn Albert Einstein Bob in das Wesen von Licht einweist, am Beispiel einer Kinderschaukel, die nicht auf jede Höhe geschubst werden kann.

Auch wenn nach den Ausführungen von Schrödinger immer noch einiges rätselhaft bleiben mag: Der Blick auf das, was unsere Welt im Innersten zusammenhält, hat sich grundlegend gewandelt.
Auch wenn nach den Ausführungen von Schrödinger immer noch einiges rätselhaft bleiben mag: Der Blick auf das, was unsere Welt im Innersten zusammenhält, hat sich grundlegend gewandelt.

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So geht es weiter durch die Zeit. Bob begegnet Louis de Broglie, dem es gelang, Einsteins Aussagen über Licht und Photonen auf alle Materieteilchen zu verallgemeinern, dann dem Allergiker Werner Heisenberg, danach Erwin Schrödinger, dessen Kritiker Max Born, Niels Bohr und schlussendlich Hugh Everett. Letzterer erläutert Schrödingers berühmtes Katzen-Gedankenexperiment anhand von Bobs Hund so anschaulich, bis die Idee von Paralleluniversen mit einem Male gar nicht mehr ganz so abstrakt erscheint.

Der Blick auf die Welt wandelt sich

Am Ende hat man einiges gelernt über Licht und Teilchen, die Zufälligkeit der Realität, aber vor allem auch darüber, wie Wissenschaft aufeinander aufbaut, sich widerspricht und korrigiert.

Nur von allein erschließen tut sich das trotz aller Kunstfertigkeit der Autoren freilich nicht. Damour und Burniat verlangen ihren Lesern schon einiges an Konzentration, Mitdenken und in manchen Punkten auch Nachschlagen ab. Der Anhang des Buches, in dem noch mal kurze Biografien der Protagonisten und die Anwendungen der Formeln auf die Realität rekapituliert werden, bietet da nur einen Einstieg. Doch selbst wenn nach der Lektüre des Buches immer noch einiges rätselhaft bleiben mag: Der Blick auf das, was unsere Welt im Innersten zusammenhält, hat sich grundlegend gewandelt. Über wie viele Bücher lässt sich das schon sagen?

Thibault Damour & Mathieu Burniat: „Das Geheimnis der Quantenwelt“, Knesebeck, 168 Seiten, 19,95 Euro

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