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Künstlerische Freiheit. Eine Zeichnung von Mark Catesby.

© NHM London

Ein Buch zeigt Forscher als Künstler: Der Frosch macht Handstand

Was Forschungsreisende sammelten und malten: Ein Buch präsentiert Porträts, Skizzen und Bilder aus vier Jahrhunderten.

Jene Naturforscher, die im 18. und 19. Jahrhundert die Welt bereisten, hatten keine Kameras im Gepäck. Was sie in der Neuen Welt entdeckten, schrieben sie in ihre Notizbücher, vor allem aber skizzierten und zeichneten sie die ihnen unbekannten Tiere und Pflanzen. Der Engländer Mark Catesby, erstmals im Jahr 1712 nach Amerika aufgebrochen, besaß bald eine Fülle Material. Auftraggeber finanzierten ihm weitere Reisen – und er lieferte ihnen Ergebnisse. Meist verschickte er seine Fundstücke in Glasbehältern wie etwa „Zweige, Samenbehälter und Samen einer schönen blau blühenden Acacia“. Besonderes Interesse hatten die Sponsoren an Schlangen – präpariert oder illustriert. Mark Catesby machte aus seinen Notizen, Zeichnungen und Aquarellen ein kolossales Buch, dessen Ausarbeitung 20 Jahre dauerte. Unter dem Titel „National History“ erschien es 1749.

Catesby war kein ausgebildeter Kunstmaler, aber die Tafeln in seinem Werk zeigen, wie geschickt er die Schönheit von Flora und Fauna darstellen konnte. Seine Kompositionen waren oft recht eigenwillig. Auf einem Bild etwa arrangierte er unter der mit feinen Strichen ausgearbeiteten Pflanze einen vorwitzigen Frosch. Es sieht aus, als ob er Handstand macht.

Einer schmähte ihr Werk als "Gespinst von Falschheiten"

Auch Maria Sibylla Merian (1647–1717) war Künstlerin und Forscherin zugleich. Aber in ihren ausgefeilten Zeichnungen der Pflanzen- und Tierwelt von Surinam nahm sie sich viele Freiheiten heraus. Der Wissenschaftler Alexander Macleay schmähte ihr Werk als „Gespinst von Falschheiten“. Bei Kunstfreunden allerdings kamen die Bilder hervorragend an. Eine Amsterdamer Galerie bestellte auf einen Rutsch 54 Aquarelle.

23 Forschungsreisende und ihre faszinierenden Arbeiten werden in dem wunderbar gestalteten Buch des Londoner Natural History Museums präsentiert [Naturerkundungen mit Skizzenheft und Staffelei. 23 Forschungsreisende. Übersetzt von Wiebke Krabbe, Haupt Verlag 2019, 240 Seiten, 170 farbige Abbildungen, 29,90 €].

"Fliegen fressen die Farben vom Papier"

Das Blättern wird durch die zahlreichen Illustrationen zum Genuss, die Lektüre macht schlau. Mit Fakten, Anekdoten und Beschreibungen durch Zeitgenossen werden die reisenden Künstler porträtiert. Sydney Parkinson etwa begegnet man hier, der auf der „Endeavour“ unter dem Kommando von James Cook 1768 zur Pazifikreise startete. In den folgenden drei Jahren schuf er mehr als 1300 Bilder und Skizzen. Er nutzte jede Gelegenheit zum Sammeln von Pflanzen und Tieren.

Die Enge an Bord machte das Zeichnen fast unmöglich, doch auch an Land gab es Probleme. „Die Fliegen fressen die Farben fast so schnell vom Papier, wie die Maler sie auftragen. Zeichnen sie einen Fisch, so ist es schwieriger, die Fliegen zu vertreiben als das Bild fertigzustellen“, notierte ein Mitreisender. Malaria bedrohte die Mannschaft, die hygienischen Bedingungen waren katastrophal. Parkinson starb, kurz nachdem das Schiff 1771 von Java aus zurückfuhr. Er wurde nur 26 Jahre alt.

Reich war das Leben des Engländers Thomas Baines, der 33 Jahre auf Forschungsreisen unterwegs war. Seine detaillierten Aufzeichnungen fesseln noch heute. „Ich habe eine riesige Aloe gefunden, mich auf den Boden gekniet und versucht, den Stamm weit unten mit den Armen zu umfassen. Der Umfang betrug fast vier Meter ...“ Nach Baines Tod mit 54 Jahren wurde in der südafrikanischen Provinz Ostkap zu seinen Ehren ein Naturschutzgebiet benannt.

Wunder der Natur. Die frühen Forschungsreisenden haben sie entdeckt - und gezeichnet.
Wunder der Natur. Die frühen Forschungsreisenden haben sie entdeckt - und gezeichnet.

© Haupt Verlag

Das anregende Buch ist auch für jene interessant, die selbst malen. Für Beobachtungen von Pflanzen, Insekten oder Vögeln braucht man nicht mal einen eigenen Garten. Jeder Park ist eine Fundgrube fürs Skizzenbuch. Fortgeschrittene finden Platz für ihre Staffelei.

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