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Das warme und trockene Klima in Wohnungen ist ideal für die Braune Hundezecke. Blutmahlzeiten nimmt sie aber lieber vom Hund.

© Katrin Fachet/Universität Hohenheim

Draußen und drinnen: Die Braune Hundezecke erschließt sich Lebensräume in Deutschland

Ein Citizen-Science-Projekt verfolgt die Verbreitung der Braunen Hundezecke in Deutschland. Verdächtige Funde können eingeschickt werden.

Temperaturen um die 25 Grad Celsius, trocken und am liebsten einen Hund im Haushalt. Müsste die Braune Hundezecke ein Wohnungsgesuch aufgeben, wären dies ihre Präferenzen.

Ursprünglich in Nordafrika und dem Mittelmeerraum beheimatet, nistet sich Rhipicephalus sanguineus, so der wissenschaftliche Name, auch in Wohnzimmern ein und kann dort zur Plage werden.

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Allerhand kuriose Einsendungen

Als Urlaubsmitbringsel am eigenen Hund oder an importierten Hunden festgesogen gelangt das Spinnentier immer öfter nach Deutschland. Vereinzelt wurden auch Exemplare dieser Art an Hunden gefunden, die nie im Ausland waren. In der Schweiz trifft man die Braune Hundezecke in freier Natur an. Und auch in den Niederlanden wurden einzelne Vertreter gesichtet.

Es stellt sich die Frage, ob die Erwärmung in unseren Breitengraden dazu führt, dass die Braune Hundezecke ihren Entwicklungszyklus über Ei, Larve, Nymphe bis hin zum adulten Tier zukünftig auch in Deutschland durchlaufen kann, draußen, oder als „Indoor-Zecke“ auch in Wohnungen.

[Lesen Sie bei Tagesspiegel Plus über die zunehmende Verbreitung der Auwaldzecke]

Ein Citizen-Science-Projekt soll helfen, diese und weitere Fragen zu klären. Ute Mackenstedt und Katrin Fachet von der Uni Hohenheim bitten um die Mithilfe von Hundehaltern und Zeckeninteressierten. Bei Sichtung eines verdächtigen Exemplars sollte zunächst eine E-Mail mit Foto, Datum und Fundort der Zecke an die Universität Hohenheim gesendet werden.

„Die vorherige Begutachtung per Foto macht Sinn, denn von Teppichflusen, Hautkrusten, Wanzen bis hin zum Mäusedarm haben wir schon allerhand Kurioses zugeschickt bekommen“, sagt Fachet. Für den Versand gesammelter Exemplare sollte ein gut verschließbares Behältnis gewählt werden. Der einfache Briefumschlag eignet sich nicht. In Hohenheim kamen bisweilen nur noch Blutflecken an oder überlebende Spinnentiere sind entkommen. Die Zecken sollten auch nicht mit Tesafilm oder Klebstoff fixiert werden, das macht es schwieriger ihre Art zu bestimmen.

Bevorzugter Aufenthalt am Schlafplatz des Hundes

In Hohenheim wird die geografische Herkunft der Parasiten dokumentiert und sie werden auf Krankheitserreger untersucht. Die Braune Hundezecke kann einzellige Parasiten wie Babesien oder Hepatozoon canis und bakterielle Krankheitserreger wie Ehrlichien auf Hunde übertragen. FSME- oder Borreliose-Erreger wurden in dieser Zeckenart noch nicht nachgewiesen.

„Obwohl der Hund ihr bevorzugter Wirt ist, werden auch gelegentlich Menschen gestochen. Wenn sie eine Blutmahlzeit benötigt, ist sie nicht wählerisch“, sagt Mackenstedt. Auf diese Weise könnte die Braune Hundezecke möglicherweise auch die Erreger für das Mittelmeerfleckfieber weitergeben.

„In einer Untersuchung aus Italien wurde festgestellt, dass die Zeckenart auch auf Katzen übergeht, wenn kein Hund zur Verfügung steht“, berichtet Fachet berichtet:  Die Nymphen befallen auch Hasen und kleinere Nagetiere. Die Braune Hundezecke ist recht „gesellig“: Häufig saugen mehrere an einer Stelle, besonders gerne in gut durchbluteten Körperbereichen des Hundes mit dünner Haut.

Bevorzugter Aufenthaltsort in Wohnungen ist der Schlafplatz des Hundes. Nach einer Blutmahlzeit verlässt die Zecke ihren Wirt und verkriecht sich in Ritzen und Spalten von Wänden oder Dielen und unter Teppichen. Ein Zeckenweibchen kann zwischen 1500 und 4000 Eier legen. Der schlimmste Fall, den Fachet bisher gesehen hat, waren hunderte von Nymphen, die sich in einer Natursteinwand in einem Wohnzimmer eingenistet hatten. „Das stellt aber eine absolute Ausnahme dar, in den meisten Fällen entdecken die Hundehalter eine verdächtige Zecke an ihrem Tier und wenden sich hilfesuchend an uns.“

Bis zu zwei Stunden Fahrt nimmt Fachet auf sich, um Hilfestellung vor Ort zu geben. Adulte Vertreter der Braunen Hundezecke können bis zu einem Jahr ohne Mahlzeit ausharren, Nymphen mehrere Monate. Katrin Fachet hat bisher 21 Funde der Braunen Hundezecke genauer analysiert.

Bernsteinketten, Knoblauch und Kokosöl sind nicht wirksam

Wie erfolgreich Citizen-Science-Projekte sein können, beweist eine Studie über Bunt-Zecken. Von Februar 2019 bis Februar 2020 wurden insgesamt etwa 3900 Dermacentor-Zecken von Bürgern eingesandt. Davon konnten rund vier Fünftel als Auwaldzecke, Dermacentor reticulatus, identifiziert werden, und die meisten weiteren als Schafzecke D. marginatus.

Die gesammelten Zecken waren aus allen Bundesländern außer Hamburg eingeschickt worden. Es wurde gezeigt, dass die Auwaldzecke ihr Verbreitungsgebiet deutlich ausweiten konnte, insbesondere in Norddeutschland. Die Ergebnisse der Studie belegen auch, dass adulte Auwaldzecken das ganze Jahr über aktiv sind und sie ebenfalls Babeiose übertragen können. Hunde sollten also das ganze Jahr über vor Zecken geschützt werden.

Zur Prävention eignen sich Wirkstoffe aus der Gruppe der Pyrethroide, die zumeist in Halsbändern und Spot-Ons enthalten sind. Sie halten Zecken fern und töten sie. Für Hunde, die regelmäßig schwimmen, sind Tabletten besser geeignet, die andere Wirkstoffe enthalten. Tierärzt:innen raten zu den am besten geeigneten Präparaten. Bernsteinketten, Knoblauch und Kokosöl sind nicht wirksam, wie in diesem Jahr nachgewiesene Babesiose-Fälle bei Hunden zeigen. Unerkannt kann Babesiose beim Hund tödlich enden.

Sigrun Grombacher

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