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Oberarm oder übervorsichtig? Beim Thema Covid-Impfung für Kinder scheiden sich die Geister.

© mauritius images / Westend61 / M

Diskussion über Impfungen bei Kindern: Fünf vor Zwölf bei Fünf- bis Zwölfjährigen?

Jüngere Kinder jetzt zu impfen könnte Leben retten. In den USA liegt bereits eine entsprechende Zulassung vor. Doch es gibt auch Gegenargumente.

Eines der regierungsseitig meistverwendeten Schlagworte der Pandemie lautet, allen ein Impfangebot machen zu wollen. Dies gibt es für Kinder unter zwölf Jahren bislang aber nicht, obgleich in den USA Impfungen mit dem Biontech-Vakzin schon zugelassen sind. Eine kurze Zusammenfassung der derzeitigen Lage:

Argumente dafür, Kinder jetzt impfen zu lassen

Nach den vorliegenden Daten ist die Biontech-Impfung für Kinder sicher und wirksam. Das bedeutet: Nach allem, was man weiß, ist das Risiko für negative gesundheitliche Folgen einer Impfung und einer Infektion danach auch be jüngeren Kindern deutlich geringer als das Risiko einer Infektion ohne vorherige Impfung.

Mittlerweile muss man davon ausgehen, dass unter anderem aufgrund der hohen Infektiosität etwa der Delta-Variante fast jede normal am Leben teilnehmende Person und speziell Kinder, die viele Kontakte haben, sich früher der später infizieren werden Deshalb ist statistisch das Ergebnis der Abwägung hier klar, wenn auch weniger deutlich als bei Erwachsenen oder gar Betagten.

Ein weiteres Argument, Kinder jetzt zu impfen ist, dass dies auch einen besseren Schutz der Gesamtbevölkerung und speziell vulnerabler Gruppen bedeuten würde, also indirekt Leben rettet und das Gesundheitssystem vor Überlastung schützt.

Grundsätzlich ist es auch möglich, jüngere Kinder bereits jetzt impfen zu lassen, wenn man einen Ärztin oder einen Arzt findet, die oder der dies im Rahmen einer so genannten "Off-Label"-Anwendung zu tun bereit ist.

Argumente dagegen, Kinder jetzt impfen zu lassen

Kinder erkranken meist nicht schwer an Covid-19. Die Dringlichkeit bezüglich des Risikos des einzelnen Kindes ist hier also am geringsten.

Zudem ist die Wahrscheinlichkeit von Impfnebenwirkungen zwar statistisch sehr gering, aber wie bei allen anderen Impfungen auch nicht gleich Null. Etwa Herzmuskelentzündungen sind vor allem bei Jungen und jungen Männern im Zusammenhang mit der Impfung beobachtet worden. Diese waren aber meist gut beherrschbar und heilten laut Datenlage vollständig aus. Jedoch ist die Zahl der Studienteilnehmer unter den Fünf- bis Zwölfjährigen mit bislang etwas mehr als 2000 zu klein, um verlässliche Rückschlüsse auf sehr seltene Nebenwirkungen zuzulassen.

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Von Kritikern einer auf jüngere Kinder ausgeweiteten Impfkampagne wird auch die Möglichkeit bisher unbekannter langfristig negativer Folgen ins Feld geführt. Befürworter der Impfung – und damit die überwiegende Mehrheit der Fachleute – kontern hier, dass es darauf keine Hinweise und kaum plausible physiologische Szenarien gibt. Auszuschließen sind sie aber bei den neuartigen Impfstoffen, die auf einem anderen Wirkprinzip als die klassischen beruhen, nicht. Erfahrungen mit ihnen gibt es erst seit etwa einem Jahr.

Zudem wird argumentiert, größere Ausbrüche an Schulen und Kitas seien bislang seltener als erwartet – und damit auch die Gefahr der Übertragung in vulnerable Gruppen. Derzeit allerdings scheinen solche Ausbrüche zuzunehmen.

Die Stiko, die EMA und die Kinder

Der Ständigen Impfkommission (Stiko) ist mehrfach vorgeworfen worden, zu zögerlich zu sein und Impfempfehlungen zu spät auszusprechen. Diese Kritik ist problematisch, denn sie richtet sich gegen ein explizit unabhängiges und rein der wissenschaftlichen Faktenlage verpflichtetes Gremium. Im Fall der Impfungen für Fünf- bis Zwölfjährige kann die Stiko derzeit auch keine Impfempfehlung aussprechen, da für diese Altersgruppe bisher kein Impfstoff von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen ist.

[Lesen Sie auch: Deshalb impfen Ärzte schon jetzt Kinder unter zwölf Jahren gegen Corona (T+)]

Diese will in den kommenden Monaten ihre Entscheidung fällen. Auch sie wird kritisiert und von ihr wird gefordert, die Notfallzulassung schneller zu erteilen. Hauptargument ist, dass dies ja anderswo, namentlich in den USA, auch geschehen sei. Auch hier gilt aber: Die Behörde gründet Entscheidungen nicht auf Beispielen von anderswo, sondern auf der Expertise der eigenen Fachleute und trifft sie gemäß auch aus Sicherheitsgründen festgelegter Abläufe.

Der tragische Fall in Cuxhaven

Ein Kind in Cuxhaven ist kurz nach der Biontech-Zweitimpfung gestorben. Der Obduktionsbefund steht aus. Beteiligte Mediziner sagten aber, es gebe Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang. Bestätigt sich dies, dann ist der Fall an Tragik und bitterster Ironie nicht zu überbieten. Denn Eltern und Kind hatten sich auch aufgrund einer Vorerkrankung, derentwegen das Kind als Hochrisikopatient bei einer Infektion galt, für die Impfung entschieden.

Bis Ende September waren in Deutschland fünf Todesfälle – meist vorerkrankter – jüngerer Menschen offiziell dokumentiert, die in zeitlichem Zusammenhang mit einer Covid-Impfung standen. Ein ursächlicher Zusammenhang gilt bei keinem davon offiziell als wahrscheinlich oder nachgewiesen.

Gegner der Impfung haben wiederholt den Verdacht geäußert, die verantwortlichen Behörden, allen voran das für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut, agierten hier nicht unvoreingenommen. Mögliche Zusammenhänge zwischen Impfungen und Erkrankungen und Todesfällen würden möglicherweise nicht objektiv kommuniziert, um die Impfbereitschaft nicht zu schmälern. Belege dafür gibt es keine.

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