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Wo es Einbrecher hinzieht. Professionelle Täter kehren oft zurück, um noch mehr Beute zu machen. Die Prognosesoftware Precobs (Pre Crime Observation System) ermittelt mit statistischen Methoden, wo die Gefahr besonders groß ist.

© picture alliance / dpa

Digitales Leben: Der Computer sagt Einbrüche voraus

Eine Software soll die Polizei unterstützen, aktuell gefährdete Straßenzüge zu identifizieren - bald auch in Berlin. Niedersachsen indes hat das Vorhaben gestoppt.

Wenn die digitalen Stadtpläne von München und Nürnberg im Computer der Polizei rote Flecken bekommen, ist Gefahr im Anzug. An diesen Stellen herrscht aktuell ein erhöhtes Risiko für Wohnungseinbruchdiebstahl, wie es korrekt heißt. Also werden mehr Beamte dorthin geschickt, in Uniform und in Zivil, sie zeigen Präsenz, kontrollieren. Mit Erfolg, meint Günter Okon vom Bayerischen Landeskriminalamt, die Zahl dieser Delikte sei zurückgegangen. Er führt das unter anderem auf eine Software namens Precobs (Pre Crime Observation System) zurück, die das LKA in der Landeshauptstadt und Mittelfranken im Routinebetrieb nutzt.

Entwickelt wurde sie vom Institut für musterbasierte Prognosetechnik in Oberhausen und stützt sich auf das Near-Repeat-Phänomen. Es besagt, dass zumindest professionelle Täter nach einem Bruch ein paar Tage später in die Gegend zurückkommen, um noch mehr zu holen. Das soll Precobs vorausahnen, ohne dabei personenbezogene Daten zu verwenden.

"Profis schlagen keine Scheibe ein"

Dazu wird regelmäßig eine Datenbank durchsucht, in der Einbrüche oder Einbruchsversuche gespeichert sind mit Angaben wie Straße und Hausnummer, war ein Ein- oder Mehrfamilienhaus betroffen, Tatzeit und Methode. Das lässt Schlüsse auf die Täter zu. „Profis schlagen normalerweise keine Scheibe ein oder nehmen sperrige Gegenstände wie Fernseher mit“, erläutert Okon. „Die hebeln die Tür auf oder bohren das Schloss auf und nehmen Handliches mit wie Bargeld und Schmuck.“

Täglich wird die Datenbank um die aktuellen Delikte erweitert; Precobs sucht darin nach Ähnlichkeiten und warnt, wenn Gefahr droht. „Wir wussten auch vorher schon, welche Stadtteile oder Straßenzüge gefährdet sind“, sagt Okon. „Jetzt kommt aber noch die zeitliche Komponente hinzu, wir wissen, wann etwas passieren kann und können gezielt handeln.“

Eine solide wissenschaftliche Evaluation zur Wirksamkeit solcher Methoden gebe es bis heute nicht, sagt Alexander Gluba vom LKA Niedersachen, der das Thema „Predictive Policing“ (sinngemäß: Datenanalyse, um künftige Straftaten zu verhindern) seit Jahren erforscht. „Das ist auch sehr schwierig, wenn auf eine Prognose fußende Maßnahmen letztlich dazu führen, dass sie nicht zutrifft.“ 

Berliner Polizei will eigene Software entwickeln

Günter Okon beruft sich auf die Statistik. Vergleicht man die Winterhalbjahre 2013/2014 und 2014/2015 gingen die Wohnungseinbruchdiebstähle in Bayern um 14 Prozent zurück, in München, nach Einführung von Precobs um 29 Prozent. Offensichtlich kam es auch nicht zu einer Problemverlagerung infolge der erhöhten Polizeipräsenz, sagt er. In den Nachbarbezirken habe es keinen Anstieg der Fallzahlen gegeben. Daher setzt Bayern weiter auf Precobs, Kosten: „ein sechsstelliger Betrag“. Künftig könnte der Einsatz auf Diebstähle aus Autos erweitert werden, sagt Okon.

Die Berliner Polizei will stattdessen eine eigene Software zur Bekämpfung des Wohnraumeinbruchs entwickeln. Damit könne von Beginn an flexibler auf die Bedürfnisse der Anwender reagiert werden, sagt der Pressesprecher Stefan Redlich. Man wolle dabei mit Brandenburg kooperieren. Ein Modellversuch ist geplant, wann dieser beginnt ist unklar.

Niedersachsen hat sich anders entschieden. Die Wirkung von Predictive Policing sei nicht ausreichend nachgewiesen, sagt eine Sprecherin des Innenministeriums. Daher werde kein derartiges Projekt initiiert. Stattdessen wird zunächst verfolgt, welche Erfahrungen andere Länder damit machen.

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