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Zurück zum Papier? Wenn die Verhandlungen der Hochschulen mit der VG Wort scheitern, müssen die Hochschulen urheberrechtlich geschützte Texte aus ihren Semesterapparaten entfernen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Digitale Semesterliteratur: Die Unis ringen um eine Flatrate für digitale Texte

Streit um Nutzung von urheberrechtlich geschützten Texten: Wie könnte ein Kompromiss zwischen den Hochschulen und der VG Wort aussehen?

Müssen die Hochschulen am 31. Dezember etwa im großen Stil ihre digital verfügbare Semesterliteratur löschen? Diese Sorge steht im Raum, seit die Kultusministerkonferenz (KMK), der Bund und die Verwertungsgesellschaft (VG) Wort Ende September einen neuen Rahmenvertrag zur Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für das Jahr 2017 ausgehandelt haben. Dieser sollte den Hochschulen auch fortan erlauben, ihren Studierenden den Lesestoff für das Semester digital bereitzustellen. Doch die Vertragsbedingungen erscheinen den Hochschulen bundesweit als nicht akzeptabel: Sie meinen, dass damit enormer bürokratischer Aufwand entstünde.

Nachdem sich die Hochschulen geweigert haben zu unterschreiben, sucht nun eine Arbeitsgruppe der KMK, der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der VG Wort nach einer Lösung – und das noch zum Jahresende, damit der worst case nicht eintreten muss.

Der neue Rahmenvertrag verlangt die Einzelabrechnung

Wie könnte die Lösung aussehen? In jedem Fall ist bei der Suche danach das Urteil des Bundesgerichtshofs von 2013 zu beachten, das den neuen Rahmenvertrag überhaupt erst nötig gemacht hatte. Die bisherige Praxis, wonach die Länder für ihre Hochschulen eine Pauschale bei der VG Wort gezahlt haben, wird demnach den einzelnen Urhebern der verwendeten Texte weniger gerecht als die Einzelabrechnung. Der neue Rahmenvertrag sieht deshalb vor, das jeder für ein Seminar hochgeladene Text mit den verwendeten Seitenzahlen und der ISBN-Nummer der VG Wort gemeldet werden muss. Pro Seite erhält die Urheberin oder der Urheber so 0,008 Euro. Für die Hochschullehrer wäre der Aufwand enorm. Vermutlich würden viele lieber ganz auf ein digitales Angebot für ihre Studierenden verzichten. Die Studierenden würden wie frühere Generationen mit Forschungsliteratur auf Papier arbeiten.

Während die VG Wort bislang auf der Einzelabrechnung besteht, hält die HRK eine pauschale Abrechnung auch nach dem BGH-Urteil für möglich. Dass es bei den niedrigen Pauschalen bleiben kann, scheint aber unwahrscheinlich. FU-Präsident Peter-André Alt sagt: „Die Leistung der Urheber muss gerecht bezahlt werden.“ In Berlin gehen die Hochschulen davon aus, dass die bisher pauschal vom Land an die VG Wort überwiesenen Gebühren von etwa 100 000 Euro im Jahr weit unter denen liegen, die den Autoren tatsächlich zustehen. Für eine große Uni käme hier etwa eine Million Euro zusammen. Den Hochschulen ist aber wichtig, dass die Abrechnung nicht über die einzelnen Lehrenden läuft, wie Alt sagt.

Auch ein Moratorium kommt infrage

Als Kompromiss mit der VG Wort diskutiert wird dem Vernehmen nach nun eine Flatrate, in der eine konkrete Zahl von Studierenden und die Zahl der in einem Semester eingestellten Titel berücksichtigt werden könnte. Denkbar wäre auch, dass die Länder ein tool finanzieren, mit dem die Dozenten die Literatur für ihre Studierenden über ein Portal der Universitätsbibliotheken hochladen würden, das Titel und Seitenzahlen automatisch registriert.

Sollte die Verhandlungsgruppe sich nicht zeitnah auf eine Lösung verständigen können, käme zunächst ein Moratorium infrage: Die alten Regelungen könnten noch ein bis zwei Semester weiter gelten. Für den Fall, dass die Verhandlungen platzen, sollten die Studierenden ihre digitale Semesterliteratur vor Jahresende downloaden.

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