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Roberto Car

© Univ. Princeton

Digitale Pioniere (52): Roberto Car und Michele Parrinello: Das simulierte Leben

Car und Parrinello entwickelten eine Methode, um komplexe chemische Reaktionen zu simulieren. Das nützt beispielsweise bei der Entwicklung neuer Medikamente.

Aller Ehren wert

Die italienischen Physiker Roberto Car und Michele Parrinello entwickelten 1985 gemeinsam eine Methode, mit der man chemische Reaktionen am Rechner simulieren kann. Sie vereinten damit zwei unvereinbare Bereiche der Physik. Sie nutzten die Dichtefunktionaltheorie, die das Verhalten von Elektronen beschreibt, und verbanden diese mit der Moleküldynamik. Das Problem dabei: Bei Elektronen sind Ort und Geschwindigkeit nicht scharf bestimmbar, was aber zur Simulation einer Bewegung nötig wäre. Diese scheinbar unüberwindbare Hürde meisterten Car und Parrinello, indem sie auf mathematisch solider Basis eine fiktive Dynamik der Elektronen erfanden.

Ihre Methode ist dabei vom Rechenaufwand her so effektiv, dass man mit ihrer Hilfe und einem halbwegs großen Computer sogar vorhersagen kann, welche Reaktionen in Proteinen, in den Fabriken unserer Zellen, stattfinden. Car und Parrinello haben damit wesentlich zu dem Verständnis biochemischer Vorgänge beigetragen. Mit Hilfe ihrer Methode wurden nicht nur Proteine designt und neue Medizinpräparate ermöglicht, auch neuartige und effektive Katalysatoren für die unterschiedlichsten chemischen Prozesse wurden am Rechner entwickelt, was zuvor noch unmöglich schien.

Michele Parrinello
Michele Parrinello

© ETH Zürich

Zur Person

Roberto Car wurde 1947 in Triest geboren. Seine Karriere führte ihn an viele wichtige Standorte der physikalischen Forschung, z.B. der International School of Advanced Studies (SISSA) in Triest und an die Universität Princeton University, wo er heute noch arbeitet. Seine Forschungsschwerpunkte sind so vielfältig, wie es die Anwendungsfelder seiner Simulationsmethode sind.

Michele Parrinello wurde 1945 in Messina geboren. Nach seiner Zeit als Professor an der SISSA war er Direktor am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Derzeit arbeitet er an der ETH Zürich und in Lugano.

Gut zu wissen

Um ungestört kostbare Zeit am Computer zu haben, arbeiteten die Forscher im Winter 84/85 monatelang ganze Nächte hindurch. Die Arbeit lohnte sich. Ihre im führenden Fachblatt „Physical Review Letters“ veröffentlichte Studie gehört zu den meistzitierten der Zeitschrift.

Vor 75 Jahren stellte Konrad Zuse den ersten funktionsfähigen Computer Z3 in Berlin vor. Aus diesem Anlass blicken das Zuse-Institut Berlin und der Tagesspiegel am 11. Mai auf einer internationalen Konferenz in die digitale Zukunft: „The Digital Future – 75 Years Zuse Z3 and the Digital Revolution.“  75 Folgen über die wichtigsten Wegbereiter des digitalen Zeitalters zeigen, was bisher geschah. Mehr zur Veranstaltung: www.science-match.info

Christof Schütte

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