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Eine junge Frau kellnert in einem Kaffeehaus.

© IMAGO

Update

Die Not der Studierenden: "500 Euro reichen nicht zum Leben"

Ein Großteil der Studierenden, die Überbrückungshilfen erhalten, bekommen den Höchstsatz. Doch die Ablehnungsquote ist weiter hoch - oft aus formalen Gründen.

Die überwiegende Mehrheit der Studierenden, deren Anträge auf Überbrückungshilfe bei den deutschen Studierendenwerken bewilligt wurden, erhalten die Höchstsumme von 500 Euro. Das geht aus der Antwort des Bundesbildungsministeriums auf eine schriftliche Frage von Nicole Gohlke, der hochschulpolitischen Sprecherin der Linken im Bundestag, hervor.

Mit dem Stand vom 28. Juli seien im Juni und Juli bundesweit 59.322 gestellte Anträge auf Überbrückungshilfe angenommen worden, heißt es. Davon erhielten 35.791 Antragstellende und damit gut 60 Prozent die Höchstsumme. 400 Euro erhielten weitere 10 509 Personen, beim niedrigsten monatlichen Zuschuss von 100 Euro waren es nur 2109.

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Linke im Bundestag: Höchstsatz zu gering bemessen

Für die Höchstsumme muss ein leeres Bankkonto nachgewiesen werden – als Ergebnis von coronabedingt ausbleibenden Einnahmen aus Nebenjobs oder von den Eltern. Der hohe Anteil des Höchstsatzes zeige „wie groß die Notlage der Studierenden in der Corona-Pandemie ist“, kommentiert Gohlke gegenüber dem Tagesspiegel.

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Viele bewegten sich demnach „nur knapp über dem Existenzminimum“ – was bedeute, dass sich Einnahmeausfälle durch die Corona-Pandemie kaum auffangen ließen. Die Bemessung der Beträge sei zudem willkürlich, kritisiert Gohlke. „Ein Höchstbetrag von 500 Euro reicht vorne und hinten nicht zum Leben.“

Insgesamt stellten Studierende im Juni und Juli rund 154.000 Anträge – eine Zahl, die Gohlke beim Deutschen Studentenwerk erfragte. Aus einer Aufstellung des BMBF für den Bildungsausschuss des Bundestags, die dem Tagesspiegel vorliegt, geht außerdem hervor, wie viele Anträge aus welchen Gründen von den Studierendenwerken abgelehnt wurden.

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Der Anteil der Bewilligungen im Juni habe bei 52 Prozent gelegen, wobei die Entscheidung über 5000 Anträge noch ausstehe, heißt es. 42 Prozent erhielten – im Juni und im Juli – eine Absage, weil „keine pandemiebedingte akute Notlage“ bestehe, wobei bei nur neun Prozent der tatsächliche Kontostand zu hoch gewesen sei. Wegen unvollständiger oder unleserlicher Unterlagen wurden 29 Prozent der Anträge abgelehnt und bei 20 Prozent verstrich die Frist für Nachbesserungen.

Es sei unverständlich, dass so viele an formalen Mängeln scheitern, moniert Gohlke. Die Zahlungen seien „offenbar an besondere Restriktionen gekoppelt“.

Steigende Zahlen auch beim KfW-Studienkredit

Mit der zweiten Säule der Pandemie-Hilfe des Bundes, dem vorübergehend zinsfreien KfW-Studienkredit, erhalten Studierende 650 Euro monatlich – und auch hier sind die Zahlen gegenüber der Vor-Corona-Zeit gestiegen: Seit Mai wurden über 22.000 KfW-Kredite bewilligt – die meisten davon im Juni (12.052), während es beispielsweise im April 2020 nur 1220 waren.

Die Unterstützung des Bundes besteht darin, dass der Kredit von Anfang Mai 2020 bis Ende März 2021 zinslos gestellt ist. Wegen dieser Befristung müssen Studierende, die das Angebot in Anspruch nehmen, für ein halbes Jahr Studienkredit zum Höchstsatz allerdings bis zu 1400 Euro Zinsen zahlen – zusätzlich zum Darlehensbetrag.

Dass die Nachfrage nach KfW-Krediten bis Juni so stark zugenommen hat, sei „ein direktes Resultat der von Anfang an fehlkonstruierten Überbrückungshilfen“, erklärt Nicole Gohlke dazu. „Viele Studierende wurden nicht zuletzt durch die Verzögerung der Überbrückungshilfen in die Schuldenfalle gezwungen.“

Vermeidbar wäre das gewesen, wenn Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) der Forderung der Opposition, aber auch der SPD, gefolgt wäre, in der Coronakrise das Bafög unbürokratisch für notleidende Studierende zu öffnen.

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