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Raumsonde Elisa

© Abb.: AEI, MM, exozet

Die allererste Sekunde: Blick in den Urknall

Es gibt wenig Raum für Zweifel: Die neuen Beobachtungen bestätigen das rasante Aufblähen des Kosmos.

Von Rainer Kayser, dpa

Kurz nach Bekanntgabe der Sensation gibt sich die Forschergemeinde verhalten optimistisch: „Kein Experiment sollte ernst genommen werden, bevor es unabhängig bestätigt wurde“, mahnt zwar Alan Guth vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. „Aber mein Eindruck ist: Das ist ein zuverlässiges Team. Was sie beobachten, ist korrekt.“ Guth erfand in den 1980er Jahren die kosmische „Inflation“, eine nur Sekundenbruchteile dauernde Phase unmittelbar nach dem Urknall, in der sich das Universum gewaltig aufblähte.

Die am Montag publizierten Beobachtungen von John Kovac vom Harvard-Smithsonian Zentrum für Astrophysik und seinen Kollegen mit dem am Südpol stationierten Spezialteleskop Bicep 2 bestätigen erstmals, dass diese Inflation tatsächlich stattgefunden hat. Viele Physiker glauben, dass diese Entdeckung den Nobelpreis verdient. Im Medienecho stand allerdings meist etwas anderes im Vordergrund, nämlich der Nachweis von Gravitationswellen. Falsch ist das nicht. Denn die Wucht der Inflation hat den Kosmos mit Gravitationswellen gefüllt, die ein charakteristisches Muster in der kosmischen Hintergrundstrahlung, dem „Echo“ des Urknalls, hinterlassen haben. Und eben ein solches Muster, das erstaunlich gut mit den theoretischen Vorhersagen übereinstimmt, hat das Bicep-2-Team aufgespürt.

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Die Gravitationswellen alleine wären allerdings keine Sensation. Schließlich bezweifelt heute niemand mehr, dass es Gravitationswellen gibt, sagt Karsten Danzmann vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. Messungen der Bahnbewegungen enger Sternsysteme zeigen beispielsweise, dass diese Gravitationswellen exakt so abstrahlen, wie es Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie vorhersagt.

Blick in die allerersten Momente des Universums

Sensationell an den Bicep-2-Ergebnissen ist, dass sie den Wissenschaftlern erstmals einen Blick in die allerersten Momente der Existenz unseres Universums liefert. Etwa 380 000 Jahre nach dem Urknall wurde der Kosmos für elektromagnetische Strahlung durchsichtig. Aus dieser Zeit stammt die kosmische Hintergrundstrahlung, sie liefert eine Art Momentaufnahme des Universums zu diesem Zeitpunkt. Weiter zurück in die kosmische Geschichte konnten die Astronomen bislang nicht blicken. Die Gravitationswellen konnten sich schon vorher frei ausbreiten – und so gibt das von Kovac und seinem Team gefundene Muster Kunde von der allerersten Sekunde des Universums. Aus einem winzig kleinen Bereich, viel kleiner noch als ein Atom, ist damals durch die Inflation der gesamte für uns sichtbare Kosmos entstanden. Die Forscher hoffen nun, dass der Astronomie-Satellit Planck ihre Beobachtungen bald unabhängig bestätigt.

Und die Gravitationswellen? Auch wenn es keine ernsthaften Zweifel an ihrer Existenz gibt: Bislang sind alle Nachweise, sowohl über Doppelsterne als auch der jüngste von Bicep 2, indirekter Natur. Seit Jahren versuchen Wissenschaftler mit kilometergroßen Detektoren direkt zu messen, wie die Gravitationswellen den Raum stauchen und strecken. Bisher ohne Erfolg. Die Europäische Raumfahrtagentur Esa plant nun eine gewaltige Detektoranlage aus mehreren Raumsonden im Weltall. Selbst diese „Elisa“ genannte Mission ist wahrscheinlich nicht in der Lage, die Schwingungen der Raumzeit aufzuspüren. „Die Empfindlichkeit ist leider nicht hoch genug“, sagt Elisa-Forscherin Monica Colpi. „Aber es gibt viele weitere Quellen von Gravitationswellen beim Urknall – und deren Strahlung kann Elisa aufspüren.“ Bicep 2 ist also nur der Anfang. Die Astronomen dringen mithilfe der Gravitationswellen bis zum Anfang der kosmischen Zeit vor.

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