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Der Huanan-Markt in Wuhan, auf dem das Coronavirus entdeckt wurde.

© Hector RETAMAL / AFP

Der Ursprung des Coronavirus: Neue Studien sprechen gegen die Labor-Theorie

Die Frage nach dem Ursprung des Coronavirus beschäftigt die Wissenschaft. Studien sprechen nun für einen Tiermarkt als Startpunkt der Pandemie.

Seit über zwei Jahren bestimmt das Coronavirus unser aller Leben. Ebenso lange versucht die Wissenschaft herauszufinden, wie es zu dem Ausbruch kam, der sich zu einer weltweiten Pandemie entwickelte. Zwei neue Studien haben nun einen Tiermarkt im chinesischen Wuhan als Ausgangspunkt der Corona-Pandemie ausgemacht - und damit die These eines Laborunfalls als Ursache entkräftet.

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Die Untersuchungen hätten gezeigt, „dass es einfach nicht plausibel ist, dass dieses Virus auf eine andere Weise als durch den Handel mit Wildtieren auf dem Markt von Wuhan eingeschleppt wurde“, erklärte einer der Autoren der beiden Studien, der Virologe Michael Worobey von der University of Arizona, am Dienstag.

Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht. Studienautor Worobey hatte im vergangenen Jahr einen offenen Brief unterzeichnet, in dem dazu aufgerufen wurde, die Theorie eines Laborunfalls im Institut für Virologie in Wuhan weiter in den Blick zu nehmen. Die seitdem gesammelten Erkenntnisse hätten ihn aber zum Umdenken bewegt, sagte der Virologe nun. Das Virus sei „auf diesem Markt entstanden und hat sich von dort aus ausgebreitet“.

Ein typischer Seafood-Markt in Wuhan, China.
Ein typischer Seafood-Markt in Wuhan, China.

© Artur Widak/NurPhoto via Getty Images

Studien-Mitautor Kristian Andersen vom Scripps Research Institute sagte, die Theorie eines Laborlecks sei zwar nicht widerlegt. Es sei aber wichtig zu verstehen, „dass es mögliche und wahrscheinliche Szenarien gibt. Und dass möglich nicht gleich wahrscheinlich ist.“

Die beiden Studien zum Corona-Ursprung waren bereits als Vorab-Publikationen, sogenannte Preprints, veröffentlicht worden. Nach einer Begutachtung durch unabhängige Experten erscheinen sie nun in der renommierten Fachzeitschrift „Science“.

Drei Untersuchungsansätze

In der ersten Untersuchung wurde die geografische Verteilung der ersten Covid-Fälle im Dezember 2019 analysiert, wobei sich zeigte, dass diese eng um den Huanan-Tiermarkt in Wuhan herum angesiedelt waren. Auch einige der ersten Patienten, die in der jüngeren Vergangenheit den Markt nicht besucht hatten, lebten in unmittelbarer Nähe des Marktes.

Die Forscher analysierten zudem Virus-Proben, die sie im Januar 2020 auf dem Markt genommen hatten. Den Angaben zufolge konzentrierten sich diese auf den südwestlichen Teil des Marktes, wo lebende Tiere wie Füchse oder Marderhunde verkauft wurden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Fledermäuse die ursprünglichen Wirte des Coronavirus waren. Welches Tier als Zwischenwirt Sars-CoV-2 auf den Menschen übertragen hat, blieb allerdings auch bei der Studie ungeklärt.

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Die zweite Studie nahm eine Genom-Analyse des Virus vor, das bei den ersten Corona-Patienten nachgewiesen wurde. Dabei untersuchten die Forscher zwei Abstammungslinien des Erregers. Sie kamen zu dem Schluss, dass beide bei verschiedenen Ereignissen, im November und Dezember 2019, von Tieren auf dem Markt auf Menschen übergesprungen sind. Es sei unwahrscheinlich, dass das Virus vor November 2019 beim Menschen zirkulierte, schrieben die Wissenschaftler.

Fledermäuse als Ursprung wahrscheinlich

Allgemein wird davon ausgegangen, dass Fledermäuse die ursprünglichen Wirte des Coronavirus waren. Welches Tier als Zwischenwirt Sars-CoV-2 auf den Menschen übertragen hat, konnten auch die beiden Studien nicht klären. Für die Zukunft sei nun wichtig herauszufinden, woher die auf dem Markt verkauften Tiere kamen, um zukünftige Risiken zu minimieren.

Medizinsiche Mitarbeiter:innen auf einer Covid-Station in einem Krankhaus in Wuhan, China.
Medizinsiche Mitarbeiter:innen auf einer Covid-Station in einem Krankhaus in Wuhan, China.

© REUTERS

Die Corona-Pandemie hatte Ende 2019 in Wuhan ihren Ausgang genommen. Schon bald war darüber spekuliert worden, dass das Virus bei einem Unfall im Institut für Virologie in Wuhan entwichen sein könnte, in dem an Coronaviren geforscht wird. Die chinesische Regierung bestreitet dies energisch.

Untersuchungen durch China behindert

Erst im Januar 2021 konnte dann ein internationales Experten-Team der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Wuhan besuchen. Der von den Experten vorgelegte Bericht lieferte aber keine klaren Ergebnisse zum Ursprung der Pandemie. Die sogenannte Labor-Theorie stuften die WHO-Experten damals als „extrem unwahrscheinlich“ ein.

An dem Bericht und der Untersuchung selbst waren aber schnell Zweifel und Kritik laut geworden. Viele Länder äußerten Besorgnis darüber, dass den internationalen Experten bei ihrer Untersuchung in China Zugang zu wichtigen Daten verwehrt worden sei. Weitere Untersuchungen, die auch von WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus gefordert wurden, lehnt die chinesische Regierung bisher vehement ab.

Die WHO begrüßte nun die Veröffentlichung der beiden Studien. "Es sei enorm wichtig, dass wir die Ursprünge der Pandemie weiter erforschen, um sicherzustellen, dass wir besser darauf vorbereitet sind, künftige Ausbrüche, Epidemien und Pandemien zu verhindern und einzudämmen", schrieb die WHO-Expertin Maria Van Kerkhove auf Twitter.

Mehr als zwei Jahre nach Ausbruch der Lungenkrankheit wurde ein Randbezirk von Wuhan nun erneut unter Lockdown gestellt. Nachdem vier asymptomatische Fälle identifiziert worden waren, sollen nun über 1 Millionen Bürger:innen zuhause bleiben, der öffentliche Verkehr wurde eingestellt. (AFP, Bloomberg)

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