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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich den Impfungen.

© Fabian Sommer/dpa

Der Unterschied zwischen „gut“ und „noch besser“: Spahn erklärt, was die Kreuzimpfung für die Bürger bedeutet

Nach einer Astrazeneca-Erstimpfung soll es künftig einen anderen Impfstoff geben. Ein überrumpelter Gesundheitsminister versucht zu beruhigen.

Es war ein Auftritt gegen die Verunsicherung. Am Donnerstag hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) überraschend für alle Astrazeneca-Erstgeimpften empfohlen, die Zweitimpfung mit Biontech oder Moderna durchzuführen. Am Freitagmittag nun saß Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach einer Konferenz mit seinen Länderkollegen vor der Presse in Berlin – und musste sich dazu verhalten.

Denn Fragen gab es viele: Gibt es genug Impfstoff, um die Empfehlung umzusetzen? Was ist mit denen, die schon zwei Mal Astrazeneca bekommen haben? Und warum kam die Stiko-Information wie aus heiterem Himmel?

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Spahn betonte gleich zu Anfang, dass alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe gut und sicher seien. Gleichzeitig versuchte er die eventuell Verunsicherten zu beruhigen. Rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland hätten zwei Impfungen mit Astrazeneca bekommen, sagte Spahn. Ihr Schutz gegen die Delta-Variante sei „gut“.

Aber er räumte eben mit Blick auf auf die Stiko-Empfehlung ein: „Noch besser“ sei gerade wegen der sich immer stärker verbreitenden, ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus eben eine Kreuzimpfung mit Astrazeneca und einem mRNA-Impfstoff wie Biontech oder Moderna. Wie um auch die letzten Bedenken auszuräumen, wiederholte Spahn an späterer Stelle noch einmal: Die Astrazeneca-Impfungen seien „richtig und wichtig“ gewesen. „Sie schützen.“

Ob er damit die doppelt mit Astrazeneca Geimpften wirklich überzeugt hat, wird sich zeigen.

Spahn: Von Stiko-Entscheidung überrascht worden

Spahn gab zu, am Donnerstag wie seine Länderkollegen von der Entscheidung der beim Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelten Stiko überrascht worden zu sein. Beim Chef der Impfkommission, Thomas Mertens, der bei den Ministerberatungen zugeschaltet gewesen sei, hätten die Politiker deshalb dafür geworben, „dass wir miteinander die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Politik noch etwas besser machen“. Allein in der kommenden Woche seien 500.000 bis 700.000 Menschen betroffen, bei denen eigentlich eine Zweitimpfung mit Astrazeneca anstehe.

Im Klartext dürfte das heißen: Die Gesundheitsminister wuschen dem Stiko-Chef ordentlich den Kopf. Ihre Ansage: Entscheidungen dieser Tragweite brauchen mehr Vorlauf.

„So eine Empfehlung kann natürlich leicht viele, die sich impfen lassen wollen, im ersten Moment verunsichern“, mahnte Spahn denn auch.

Er hatte aber auch zwei positive Botschaften. Erstens sei ausreichend mRNA-Impfstoff vorhanden. Zweitens mache die Empfehlung von Astrazeneca attraktiver. „Wir haben viele Dosen von Astrazeneca, die gerade jetzt in diesen Tagen uns geliefert werden“, sagte Spahn und betonte, dass damit vielen Impfwilligen eine Erstimpfung verabreicht werden könne.

Zudem könne man sich bereits nach vier Wochen die zweite Dosis mit mRNA-Impfstoff spritzen lassen. „Doppelt geimpft schützt gegen Delta, aber nur doppelt geimpft schützt gut“, sagte der Gesundheitsminister.

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Nach einigen Thrombose-Fällen vor allem bei jüngeren Frauen im Zuge einer Impfung mit Astrazeneca war Deutschland dazu übergegangen, Menschen unter 60 Jahren als zweite Dosis in der Regel einen anderen Impfstoff zu verabreichen. Nun sollen auch die Menschen ab 60 stets ein mRNA-Präparat bekommen.

Frage der Auffrischung soll zügig geklärt werden

Auf die Frage, ob zweifach mit Astrazeneca Geimpfte eventuell eine dritte Dosis bräuchten, sagte Spahn: „Die Frage der Auffrischimpfung ist im ständigen Check. Da wird es bald, so hoffe ich, eine Empfehlung der Stiko geben.“

Diese Fragen sollten im Juli oder August geklärt werden. Er betonte: „Wir werden ausreichend Impfstoff haben, um für alle Empfehlungen gewappnet zu sein.“

[Mehr zum Thema: Bisher mehr als 90 Fälle in Deutschland – das wissen Ärzte über Herzentzündungen nach einer Impfung (T+)]

Der Gesundheitsminister rief die Bürger auf, nicht auf die Zweitimpfung zu verzichten, ausgenommen sei der Impfstoff von Johnson & Johnson, bei dem es weiterhin nur eine Impfung brauche. Die zweite Dosis sei besonders wichtig zur Abwehr der besonders infektiösen Delta-Variante des Coronavirus. „Je mehr Impfungen im Sommer, desto besser wird der Herbst“, sagte Spahn.

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Stand Donnerstag hatten mehr als 55 Prozent der Bevölkerung eine erste Impfdosis erhalten, mehr als 37 Prozent sind vollständig geimpft. „Das ist ein guter Wert, aber es reicht noch nicht“, sagte Spahn und ergänzte: „Die Impfung ist der Schlüssel, um gemeinsam die Pandemie in Deutschland unter Kontrolle zu bringen.“

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Spahn wies zudem darauf hin, dass man mit einer Kreuzimpfung womöglich im Ausland nicht überall als vollständig geimpft gelte, weil es keine entsprechende Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gebe. Zumindest in der Europäischen Union ist das aber kein Problem, sofern man einen digitalen Impfpass hat, der seit dem 1. Juli EU-weit gültig ist.

Auf Aussagen von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) angesprochen, der in einem Interview einen Lockdown für vollständig Geimpfte in einer möglichen vierten Welle im Herbst ausgeschlossen hatte, sagte Spahn: „Wer geimpft oder genesen ist, kann mit Einschränkungen von Freiheitsrechten nicht genau so belegt werden wie ein Nicht-Geimpfter oder Nicht-Genesener. So lange es keine Mutation gibt, die den Impfschutz nicht beeinträchtigt, dann ist es offenkundig so, dass Einschränkungen und Beschränkungen weder notwendig noch rechtlich möglich sind.“

Weiter sagte der Bundesgesundheitsminister, dass mit Blick auf Herbst und Winter mehr Aspekte als die Inzidenz berücksichtigt werden müssten. „Es wird sehr wichtig sein zu sehen, welche Belastung in den Kliniken aus dem Infektionsgeschehen erfolgt", sagte Spahn.

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Die Stiko hatte ihre angepasste Impfstoff-Empfehlung am Donnerstag in einer Mitteilung so begründet: Die Immunantwort nach der Impfung mit Astrazeneca und einem mRNA-Impfstoff sei der Immunantwort nach zwei Astrazeneca-Impfungen „nach aktuellen Studienergebnissen deutlich überlegen“. Die Studien, auf die sich die Stiko stützt, werden in der Mitteilung jedoch nicht benannt.

Das RKI verwies auf Nachfrage des Tagesspiegels darauf, dass es sich nur um einen Entwurf für einen Beschluss des Gremiums handelt und erst die eigentliche Empfehlung eine wissenschaftliche Begründung mit Quellenangaben enthalten werde.

„Kombination ist sicher und hochimmunogen“

„Unsere Studie zeigt, dass diese Kombination sicher und hochimmunogen ist“, twitterte der Impfexperte der Berliner Charité, Leif Erik Sander in Bezug auf die von der Stiko empfohlene Kreuzimpfung.

In Anbetracht der zunehmenden Verbreitung der Deltavariante des Coronavirus und der verminderten Schutzwirkung der Impfungen bei älteren Menschen erscheine es zudem „sinnvoll“, so Sander, dass diese Empfehlung auch für ältere Menschen gelten solle. „Aber einschränkend muss man auch sagen, dass es noch keine guten Daten zur Impfwirkung des heterologen Impfschemas bei älteren Menschen gibt“, twitterte Sander.

[Mehr zum Thema: Umstrittene Grundlagenforschung - „Jede Art von RNA in der Zelle hat das Potenzial, bis ins Erbgut zu kommen“ (T+)]

„Nach den Daten, die ich sehe, stimuliert Vaxzevria die T-Zellantwort des Immunsystems etwas besser, mRNA-Impfstoffe erzeugen dagegen eine höhere Antikörperantwort“, sagte die Virologin Jana Schroeder dem Tagesspiegel.

Die T-Zellen schützten mehr vor schwerem Verlauf, hohe Antikörper-Konzentrationen im Blut verhindern die Weitergabe besser, erklärt die Chefärztin des Instituts für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie der Stiftung Mathias-Spital in Rheine.

Aufgrund der zunehmenden Verbreitung der Delta-Variante sei es auch relevant, den Impfabstand verkürzen zu können, sagt Schroeder. Auf diese Weise können mehr Menschen in kürzerer Zeit beide Dosen erhalten.

Dem Stiko-Entwurf zufolge beträgt der Mindestabstand bei zweimal Vaxzevria von Astrazeneca neun Wochen, beim heterologen Impfschema sind es nur noch vier. „Es wäre eine wesentlich sinnvollere Empfehlung, als bei Vaxzevria den Impfabstand zu verkürzen, wie es auch schon erwogen wurde“, sagt Schroeder.

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