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Der Klimawissenschaftler Mojib Latif ist gerade erst mit dem wichtigsten europäischen Umweltpreis ausgezeichnet worden: dem Deutschen Umweltpreis.

© Roland Weihrauch/dpa

Der MOOC zum Klimagipfel: Wetter, Klima und die Physik

Warum ist die Erde keine Eiswüste? Und wie konnte es dazu kommen, dass sie langsam zum Treibhaus wird? Das erste Kapitel des Klima-MOOCs. Ein Einblick.

Die Tage werden kürzer, aber zumindest in Berlin ist es nicht kalt. Zwischen 12 Grad am Morgen und knapp unter 20 Grad am Nachmittag zeigt das Thermometer. Ist das jetzt noch Wetter, oder ist das schon Klima? Darauf antwortet Paul Becker vom Deutschen Wetterdienst (DWD) zwar in der ersten Lektion des Online-Kurses Klima nicht direkt. Aber was der Unterschied zwischen Wetter und Klima ist, das erklärt er im Klima-MOOC (Massive Open Online Course) „Klimawandel und seine Folgen“, zu der sich in der Startwoche mehr als 4000 Menschen angemeldet haben, dann doch.
Wetter ist immer an einen Ort und einen bestimmten Zeitpunkt gebunden. Die Witterung dagegen beschreibt einen „dominanten Wetterverlauf“. Und das Klima? Das ist die Summe aller Wetter über Jahrzehnte hinweg. So erklärt das Paul Becker. Und das Klima ändert sich. 2015 ist auf dem besten Weg eines der heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor mehr als 200 Jahren zu werden – und zwar weltweit.

Das hat mit dem Klimawandel zu tun. Aber 2015 ist auch ein Jahr, in dem ein starker El Niño aufgetreten ist. Dieses Klimaphänomen tritt in unregelmäßigen Abständen auf und hat seinen Ursprung im Pazifik. Wenn der Ostpazifik über mehrere Monate lang wärmer ist als der Westpazifik führt das dazu, dass sich die Windrichtung ändert. Das Ergebnis ist Wetterchaos zwischen der Pazifikküste Lateinamerikas bis nach Afrika. In Indonesien brennen die Wälder wegen der Trockenheit – und der Brandstiftungen. In Kenia folgt eine Überschwemmung auf den nächsten Erdrutsch, dafür hat die Dürre in Äthiopien einen Großteil der Ernten zerstört. Und auch im Süden Afrikas ist es knochentrocken, das gilt ebenso für Mittelamerika. El-Niño-Jahre sind immer wärmer. Aber der Klimawandel dürfte zusätzlich dazu beigetragen haben, dass 2015 eigentlich überall zu warm gewesen ist.
Physikalisch hat das vor mehr als 100 Jahren als erster Swante Arrhenius, ein schwedischer Physiker, verstanden. Seinen Berechnungen nach führt die Erhöhung des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre zu einer globalen Erwärmung. Und genau so ist es auch gekommen.

Die Physik des Klimawandels

In der ersten Lektion des Klima-MOOCs übernimmt der Mojib Latif die Aufgabe, die Physik des Klimawandels zu erklären. Latif, der gerade erst mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ausgezeichnet worden ist, forscht am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Ohne Kohlendioxid (CO2) wäre die Erde eine Eiswüste. 78 Prozent der Atmosphäre bestehen aus Stickstoff (N2) , 21 Prozent Sauerstoff (O2) und nur zu einem Prozent aus anderen Gasen. CO2 spielt dabei eine wichtige Rolle. Denn es hält Infrarotstrahlung des Sonnenlichts in der Atmosphäre fest. Trifft ein Sonnenstrahl auf die Erde, strahlt das kurzwellige UV-Licht wieder zurück in den Weltraum. Ein Teil des langwelligen Infrarot-Lichts wird aber durch den natürlichen Treibhauseffekt, den CO2 und einige andere Gase erzeugen, auf der Erde gehalten. Deshalb hat die Erde im Schnitt angenehme 15 Grad und damit gute Lebensbedingen zu bieten.

Mojib Latif schafft es in seiner Online-Vorlesung, erst gar keine Angst vor Mathe aufkommen zu lassen. Er nimmt die Gleichung, mit der die Strahlungsbilanz der Erde – aber auch anderer Planeten – berechnet werden kann, so unaufgeregt auseinander, dass selbst Matheschwache am Ende das Gefühl haben können: Wow - ich habe die Strahlungsbilanz-Gleichung verstanden!

Die Ökonomie des Klimawandels

Die Umweltökonomin Sonja Petersen vom Kieler Institut für Weltwirtschaft rundet die Vorlesung mit den Informationen ab, die für die bevorstehende 21. UN-Klimakonferenz in Paris von besonderer Bedeutung sein werden. Die Geschäftsführerin des Instituts für Weltwirtschaft schlüsselt auf, wie abhängig die Weltwirtschaft derzeit von fossilen Brennstoffen wie Öl, Gas oder Kohle abhängig ist. Vor allem zeigt sie, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wohlstand und einem steigenden Kohlendioxidausstoß pro Kopf und Jahr gibt. Das wichtigste Treibhausgas ist Kohlendioxid (CO2), das bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas entsteht, oder auch bei der Abholzung von Wäldern oder anderen Landnutzungsänderungen wie beispielsweise der Trockenlegung von Mooren. CO2 hat einen Anteil von rund drei Viertel aller Treibhausgasemissionen. An zweiter Stelle steht Methan (CH4), das aus lecken Gasleitungen, bei der Ölförderung vor allem aber beim Reisanbau, der Viehhaltung und aus Mülldeponien frei wird. Lachgas (N2O) entsteht vor allem bei der Düngung in der Landwirtschaft.
Wer trägt wie viel zum Problem bei? Das ist das zweite Thema von Petersen. Sie erläutert, wie hoch die absoluten Emissionen der verschiedenen Länder sind, und setzt diese dann mit den Pro-Kopf-Emissionen in Beziehung. Die arme Welt hat Pro Kopf und teilweise auch absolut relativ wenig zum Problem beigetragen. Das ist der Grund, warum es so schwer ist, eine gerechte Lösung zu finden.

Vulkane und das Klima

Übrigens kommt schon im ersten Kapitel eine Variante des „Climate Engineering“ vor – wenn auch eine natürliche. Es geht um die Wirkung von Vulkanausbrüchen auf das Klima. Es hat mehrfach Fälle gegeben, dass durch Vulkanausbrüche große Mengen Partikel in die höheren Luftschichten gelangt sind, die sich als große dunkle Wolke über die ganze Erde verteilt haben. Die Partikel strahlen das Sonnenlicht ins Weltall ab, noch bevor es auf der Erde angekommen ist. Das kühlt den Planeten. So stellen sich einige Klima-Ingenieure auch die Lösung für das Klimaproblem vor. Doch diese Debatte kommt im Klima-MOOC im ersten Kapitel dann doch noch nicht vor. Schließlich geht zunächst einmal um das Grundlagenwissen.

Ausblick auf das zweite Kapitel

Am Montag, 11.2015 wird bereits das zweite Kapitel des Klima-MOOCs – Modelle und Szenarien - freigeschaltet. Aber auch das erste Kapitel steht weiter zur Verfügung. Und auch an der Herausforderung der Woche, kann man sich noch beteiligen; und die Diskussionsbeiträge sind lesenswert. Die MOOC-Macher wollen wissen, wo den Kursteilnehmern klimarelevante Themen im Alltag begegnen. Das Deutsche Klima-Konsortium (DKK), die Umweltstiftung WWF und die Online-Bildungsplattform Iversity haben den Kurs mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung am 9. November begonnen. Fünf Wochen lang wird jeden Monat ein weiteres Kapitel freigegeben. Wer noch in den kostenlosen Kurs einsteigen will, findet die dafür nötigen Informationen hier: https://iversity.org/de/courses/klimawandel-und-seine-folgen

Es gibt noch mehr Klimakurse online

Das Klima-MOOC ist nicht die einzige Möglichkeit, sich in einem Online-Kurs auf den Klimagipfel in Paris vorzubereiten. Die Fernuniversität Hagen hat gemeinsam mit der schwedischen Universität Lund schon im September mit einem ebenfalls kostenlosen MOOC begonnen, bei dem es um Klima und Gerechtigkeit geht. Annette Elisabeth Töller, Wissenschaftliche Direktorin des Interdisziplinären Fernstudiums der Umweltwissenschaften (Infernum) der Fernuniversität Hagen und Thomas Bergström, der die Politikwissenschaften der Universität Lund leitet, haben den Kurs konzipiert.

Es geht um die Klimawissenschaft, um die Blockaden im internationalen Verhandlungsprozess, die institutionelle Zusammenarbeit beim Klimaschutz, um Kohlenstoffmärkte, Nord-Süd-Beziehungen und Öko-Kolonialismus, um Klimaflucht und Klimakriege sowie um die Lösungen. Ein Lösungskapitel befasst sich mit den nicht mehr verbrennbaren fossilen Brennstoffen, und ein zweites mit einer wirtschaftlichen Abrüstung und Klimagerechtigkeit.
Auch in den englischsprachigen Kurs können Interessierte weiterhin einsteigen. Das MOOC umfasst acht Kapitel. Die dafür notwendigen Informationen gibt es hier: https://mooc.umweltwissenschaften.de.
Auch die Berliner Charité nutzt eine Online-Plattform für ein klimabezogenes Bildungsangebot. Das Centre Virchow-Villermé für Public Health, eine Gemeinschaftseinrichtung der Charité-Universitätsmedizin Berlin und der Universität Sorbonne aris Cité, bieten ebenfalls auf der Online-Plattform Iversity einen weiteren Kurs an. Auch dieser Kurs findet in englischer Sprache statt. Der Titel: Climate Change and Health for Policy Makers. Es ist ein einwöchiger Intensikurs, der am 13. Oktober begonnen hat. Im kommenden Jahr soll ein umfangreicherer fünf-wöchiger Kurs zur Frage, welche Rolle der Klimawandel für die Gesundheit spielt auf Iversity verfügbar sein. Der Heidelberger Professor Rainer Sauerborn leitet den Kurs. Weitere Informationen über die Angebote gibt es hier: https://iversity.org/en/courses/brief-on-the-role-of-health-for-climate-policy

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