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Was alles zu einem Klimamodell gehört, hat das Max-Planck-Institut für Meteorologie in dieser Grafik zusammen getragen. Daten all dieser Komponenten werden in einem guten Klimamodell hinterlegt.

© Max-Planck-Institut für Meteorologie

Der MOOC zum Klimagipfel: Klimamodelle und die Wirklichkeit

Über nichts ist in den vergangenen Jahren in der Klimadebatte mehr gestritten worden als über die der Wissenschaft zur Verfügung stehenden Klimamodelle. Das zweite Kapitel des Klima-MOOCs bietet einen Einblick in die Modellwerkstatt.

Sage keiner, so ein Klima-Onlinekurs habe keine Wirkung. Auf die zweite „Herausforderung der Woche“, bei der es darum ging, selbst einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, hat Christian Duerig folgenden Hinweis gegeben: „Ich habe mit 65 meinen Porsche verkauft. Seither gehe ich zu Fuss.“ Viele berichteten über erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Versuche, ihre Familien, Kinder und Mitbewohner von vegetarischem Essen zu überzeugen. Ein Einblick in die Mühen der Ebenen.

Um die Mühen der Klimaforschung geht es im zweiten Kapitel der Online-Vorlesung des Deutschen Klima Konsortiums (DKK), der Umweltstiftung WWF und der Online-Bildungsplattform Iversity mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung. Professor Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg hat die Einheit konzipiert. Es geht um Klimamodelle, Klimaszenarien und Prognosen möglicher Klimaveränderungen. Ein weites Feld.

Der Hamburger Professor Jochem Marotzke hat das zweite Kapitel der Onlinevorlesung zum Klima konzipiert. Dabei geht es um Prognosen, Klimamodelle und Szenarien.
Der Hamburger Professor Jochem Marotzke hat das zweite Kapitel der Onlinevorlesung zum Klima konzipiert. Dabei geht es um Prognosen, Klimamodelle und Szenarien.

© Christian Charisius/picture-alliance/dpa

Über nichts ist in den vergangenen Jahren mehr öffentlich gestritten worden als über den Nutzen und Wert von Klimamodellen. Das war kein Wissenschaftlerstreit. Die Forscher haben sich seit der Bildung des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) vor allem damit beschäftigt, ihre jeweiligen Klimamodelle zu verbessern und gegenseitig zu überprüfen. Doch die vor allem Ölkonzerne, die ein großes Interesse daran hatten, Klimapolitik zu verhindern, haben derweil fachfremde Wissenschaftler oder gleich klimawandel-skeptische Aktivisten viel Geld für eine Kampagne ausgegeben, die die Glaubwürdigkeit der Klimawissenschaft untergraben sollte. Hauptangriffspunkt waren dabei Klimamodelle.

Die angebliche "Erwärmungspause"

In seiner Online-Vorlesung greift Jochem Marotzke die Kritik auf. In der öffentlichen Debatte ist das Thema als „Erwärmungspause“ oder „Hiatus“ diskutiert worden. Marotzke zeigt eine Grafik, die von Skeptikern gerne verwendet wird: Sie zeigt die gemessenen Temperaturdaten der Jahre 1998 bis 2012. Diese Messdaten werden mit den Erwartungen einer Vielzahl von Klimamodellen für die gleichen Jahre in Beziehung gesetzt. Alle Modelle haben eine stärkere Erwärmung für diese Jahre erwartet, als sie real stattgefunden hat. Allerdings zeigt ein Blick auf eine vergleichbare Grafik der  Jahre 1984 bis 1998 das glatte Gegenteil. Da haben die realen Messungen die Erwartungen der Klimamodelle deutlich überholt.

Der gewählte Zeitraum 1998 bis 2012 zeigt auch deshalb eine so krasse Abweichung, weil das Jahr 1998 am Ende eines sehr starken El-Nino-Ereignisses gewesen ist. Wäre die Erwärmung so rasch weiter fortgeschritten wie in den Jahren 1997 und 1998 wäre die Welt in noch größeren Schwierigkeiten. Was Marotzke mit diesen zwei 15-Jahres-Grafiken sagen will, ist aber etwas anderes: „Der Zeitraum ist zu kurz gewählt, um Aussagen über das Klima zu machen.“ Für eine Abschätzung der Klimarelevanz sind längere Betrachtungszeiträume nötig. Marotzke tut das mit einer Grafik über die vergangenen 60 Jahre Klimadaten und den in den Klimamodellen hinterlegten Daten. Und über einen so langen Zeitraum betrachtet, stimmen Modelle und Realität weitgehend überein. Für Marotzke ist das ein Grund zu sagen: „Wir können unseren Klimamodellen vertrauen.“  Der „Hiatus“ sei zwar „für uns Wissenschaftler hoch interessant“, für eine Bewertung der künftigen Klimapolitik aber „völlig irrelevant“.

Was macht eigentlich der IPCC?

Auch Christiane Textor, Leiterin der IPCC-Koordinierungsstelle in Deutschland, wirbt um Vertrauen für die Klimawissenschaft. In ihrem Beitrag zur Vorlesung stellt sie die Geschichte des IPCC und seine Arbeitsweise vor. Wer das zur Kenntnis nimmt, kann kaum noch auf die Idee kommen, dass der Weltklimarat nicht präzise arbeiten könnte.

Im zweiten Kapitel des Klima-MOOCs können die mittlerweile 5381 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Online-Vorlesung lernen, wie Klimamodelle gebaut werden, welche Szenarien diesen Modellen zugrunde liegen, und welche Prognosen damit möglich sind. Dabei beschreiben diese Prognosen einen „Möglichkeitsraum“ für Politik und Wirtschaft, der ihren Handlungsspielraum beschreibt. Denn je nachdem, ob sich die Welt für einen starken Klimaschutz entscheidet, das wären die Szenarien, die es ermöglichen, die globale Erwärmung unter zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu halten, oder ob sie sich für weniger wirksamen Klimaschutz oder auch gar keinen entscheiden sollte, entscheidet sich, wie die globale Erwärmung voranschreitet. Die Bandbreite zwischen zwei Grad und einem Szenario, das den aktuellen Zustand der Weltwirtschaft in die Zukunft fortschreibt, also ein sogenanntes Business-as-Usual-Szenario, das im schlimmsten Fall zu einer Erwärmung um bis zu sechs Grad führen kann, beschreibt den politischen Handlungsraum.

Warum es überhaupt sinnvoll ist, zu fordern, die globale Erwärmung unter zwei Grad zu halten. Und wie es zu dem Ziel gekommen ist, begründet Marotzke in einem der Videos der Online-Vorlesung.

Welche Folgen das Handeln oder Nicht-Handeln beim Klimaschutz haben, beschreibt Marotzkes Kollegin Tatiana Ilyina. Sie berichtet über die Folgen der hohen Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre und in den Meeren für die verschiedenen Weltregionen. Während der Meeresspiegelanstieg vor allem tropische Regionen härter trifft, trifft die Versauerung der Ozeane die Polregionen härter. Vor wenigen Tagen hat der Potsdamer Klimafolgenforscher Anders Levermannn bei einer Konferenz im Auswärtigen Amt vorgetragen, dass der Meeresspiegelanstieg nicht gleichmäßig verläuft. In der Arktis trägt die Anziehung beispielsweise der großen Landmassse  Grönlands dazu bei, dass der Meeresspiegel langsamer steigt. Das gleiche gilt erst Recht für die Antarktis. Das Meerwasser muss aber irgendwo hin, und das sind die Regionen um den Äquator herum. Schlecht für niedrig liegende Inselstaaten wie die Malediven oder die kleinen pazifischen Inselstaaten wie Tuvalu, Vanuatu oder Micronesien.

Ozeane im Klimastress

Ilyina berichtet in der Online-Vorlesung aber darüber, wie sich die Meeresversauerung abspielt. Überall sinken die ph-Werte der Meere. Mit dem ph-Wert wird der Säuregrad einer Flüssigkeit gemessen. Aber in den Polregionen sinkt der ph-Wert schneller als in den tropischen Regionen, sagt sie. Zugleich sinkt der Carbonatgehalt im Wasser. Carbonat ist der Baustoff, den Muscheln oder Korallen oder auch Krebse brauchen, um ihre Kalkschalen zu bilden. Der höhere ph-Wert zwingt die Tiere, mehr Energie aufzubringen, um ihre Schalen zu bilden. Das ganze Ökosystem steht unter Stress.

Ausblick auf das dritte Kapitel

Am Montag, 23.11.2015 ist bereits das dritte Kapitel des Klima-MOOCs – Klimageschichte – freigeschaltet worden. Aber auch das erste und das zweite Kapitel stehen weiter zur Verfügung. Das Deutsche Klima-Konsortium (DKK), die Umweltstiftung WWF und die Online-Bildungsplattform Iversity haben den Kurs mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung am 9. November begonnen. Fünf Wochen lang wird jeden Monat ein weiteres Kapitel freigegeben. Wer noch in den kostenlosen Kurs einsteigen will, findet die dafür nötigen Informationen hier:https://iversity.org/de/courses/klimawandel-und-seine-folgen

Es gibt noch weitere Bildungsangebote zum Klima. Die Informationen darüber finden Sie hier: Klüger mit dem Klimakurs.

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