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Wissen: Das drohende Sterben der Könige

Noch sind ihre Kolonien riesig - doch langfristig könnte der Klimawandel die zweitgrößte Pinguinart am Südpol verhungern lassen

Angst haben die Königspinguine vor den Touristen kaum, die sich in zunehmender Zahl auf die abgelegenen Inseln nördlich der Antarktis verirren, auf denen die Vögel brüten. Eine direkte Gefahr geht von den Menschen nicht aus, die allenfalls mit Kameras bewaffnet sind. Indirekt aber gefährdet der Mensch Aptenodytes patagonicus. Denn er heizt den Klimawandel an, und steigende Temperaturen lassen die Nahrung der Königspinguine knapp werden. Das könnte die fast einen Meter großen und bis zu 14 Kilogramm schweren Vögel bedrohen, befürchten Yvon Le Maho von der Universität Straßburg und seine Kollegen, wie sie im Fachblatt „PNAS“ berichten.

Seit 1998 haben die Forscher auf der Insel Possession im Crozet-Archipel im südlichen Indischen Ozean hunderten Königspinguinküken einen Chip unter die Haut gepflanzt. Im Boden vergrabene Antennen empfangen ein Signal, wenn einer der zehn Monate alten Vögel die Stelle passiert. Da Königspinguine ihrem Partner ein Leben lang treu bleiben und immer auf der gleichen Insel brüten, können die Forscher ihr Leben gut verfolgen.

Bei Königspinguinen zieht das Paar sein Küken gemeinsam auf. Während ein Elternteil das Ei oder das Junge vor Angriffen der Riesensturmvögel schützt, jagt der Partner ein paar hundert Kilometer entfernt im Meer nach Weichtieren und Fischen. Dabei taucht er bis zu 500 Meter tief und unternimmt bis zu 150 Tauchgänge, bis er nach ein paar Tagen mehr als 20 Kilogramm Beute verschlungen hat. Dann löst er den Partner ab, der mit knurrendem Magen gewartet hat. Das Küken füttert der Rückkehrer mit Nahrungsresten, die er hervorwürgt. Nach neun Monaten kann das Jungtier auf eigenen Beinen stehen. Bald darauf verliert es das wärmende braune Federkleid und schmückt sich mit weißen und blaugrauen, wasserabweisenden Federn, die auch seine Eltern zu hervorragenden Tauchern machen.

Jedes Mal, wenn ein Königspinguin zu seinem Partner zurückkehrt, meldet die vergrabene Antenne dies an ein Computersystem. Kehrt ein Pinguin nicht zurück, ist er höchstwahrscheinlich tot. Sein Partner überlässt das Jungtier dann dem Hungertod, sobald er es selbst vor Hunger nicht mehr aushält. Nur so hat er eine Chance, in der nächsten Saison einen anderen Partner zu finden und sich fortzupflanzen.

Neun Jahre erhoben die Forscher die Daten. Jedes Jahr fallen einige Pinguine einem Schwertwal oder Seeleoparden zum Opfer. In manchen Jahren aber warteten auffallend viele Pinguine vergeblich auf ihren Partner – entsprechend wenige Küken wurden groß. Als die Forscher diese Ergebnisse mit den Oberflächentemperaturen des Meerwassers in den Jagdgebieten der Königspinguine verglichen, fanden sie einen auffälligen Zusammenhang: Je wärmer das Wasser, umso weniger Pinguine kehrten zurück. Der Grund: Je wärmer das Wasser um die Antarktis ist, umso schlechter wächst das Phytoplankton, weil ihm die Nährstoffe fehlen. Dieses Plankton ist die Nahrung für Fische und Tintenfische, von denen sich die Königspinguine ernähren. Wird das Wasser um 0,26 Grad Celsius wärmer, nimmt die Zahl der Königspinguine um neun Prozent ab. Und der Weltklimarat IPCC ist sich weitgehend sicher, dass die Temperaturen in jedem der kommenden Jahrzehnte im weltweiten Durchschnitt um 0,2 Grad Celsius steigen werden. Der vom Menschen verursachte Klimawandel könnte daher die Königspinguine in absehbarer Zeit verhungern und aussterben lassen. Ihre Zukunft lässt sich genauer vorhersagen als die ihrer Leidensgenossen – den Eisbären am Nordpol. Diese friedfertigen, zahmen Vögel zu zählen und mit Sendern auszustatten ist ein Leichtes, verglichen mit der Erforschung der Eisbären, die auch Menschen gefährlich werden, riesige Gebiete bewohnen, Hunderte Kilometer wandern und ihre Jungen in versteckten Höhlen aufziehen.

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