Drosten befürchtet nach Sommerferien sehr hohe Corona-Zahlen
Der Virologe Christian Drosten rechnet nach den Sommerferien in Deutschland mit
einer sehr hohen Zahl an neuen Corona-Fällen. „Ich hoffe, dass die Schulferien
den Anstieg der Erkrankungsfälle etwas dämpfen werden. Aber ab September,
fürchte ich, werden wir sehr hohe Fallzahlen haben“, sagte der Leiter der
Virologie-Abteilung an der Berliner Charité dem „Spiegel“ in einem am
Donnerstagabend veröffentlichten Interview. Wenn nichts getan werde, werde es im
Arbeitsleben „sehr viele krankheitsbedingte Ausfälle“ geben.
„Wir sehen
tatsächlich schon wieder einen exponentiellen Anstieg der Fallzahlen“, warnte
Drosten. „Die BA.5-Variante ist einfach sehr übertragbar, und die Menschen
verlieren gleichzeitig ihren Übertragungsschutz aus der letzten Impfung.“ In
anderen Ländern sehe man, dass bei sehr hohen Fallzahlen auch die
Hospitalisierungs- und Todeszahlen wieder anstiegen. „Das wird auch bei uns
leider so sein. Insgesamt werden aber viel weniger Menschen schwer erkranken und
sterben als noch 2021.“
Er glaube nicht, dass man zum Jahresende den
Eindruck haben werde, die Pandemie sei vorbei, sagte der Corona-Experte. Im
Januar hatte Drosten noch die Hoffnung geäußert, dass Deutschland im Laufe des
Jahres den pandemischen Zustand für beendet erklären kann. Der Virologe empfahl,
eine Infektion möglichst zu vermeiden - auch wegen des Risikos von Long Covid.
„Leider ist eine Infektion langfristig aber unausweichlich. Und nach und nach
bildet sich tatsächlich ein schleimhautspezifischer Schutz, von dem ich annehme,
dass er die Bevölkerungsimmunität insgesamt belastbarer
macht.“
Andererseits entwickle sich auch das Virus weiter. „Ich gehe
davon aus, dass sich da irgendwann ein neues Gleichgewicht einpendelt: Die
Bevölkerungsimmunität durch Impfungen und Infektionen wird irgendwann so stark
sein, dass das Virus an Bedeutung verliert. Dann sind wir im endemischen
Zustand.“ Im schlimmsten Fall könne dies aber „noch einige Winter dauern“. Als
endemisch gilt eine Krankheit, wenn sie in einer Region mit relativ konstanter
Erkrankungszahl dauerhaft auftritt. (dpa)