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Desinfektionsmaßnahmen an einem Bahnhof in Wuhan

© AFP/Stringer

Coronavirus aus Wuhan: Wie sich Deutschland auf die Lungenkrankheit vorbereitet

Auch in Deutschland stellen sich Behörden, Kliniken und Flughäfen auf Fälle der Lungenkrankheit aus China ein. Doch Gelassenheit überwiegt.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat aus Anlass der Probleme mit dem Wuhan-Virus für Mittwoch einen Notfallausschuss einberufen hat, um zu klären, ob die Ausbreitung des Coronavirus einen internationalen Gesundheitsnotstand darstellt.

Die Behörden in Deutschland bleiben aber derweil gelassen. So schätzt das Robert-Koch-Institut die Wahrscheinlichkeit reiseassoziierter Fälle in Deutschland als gering ein. Ein "Import" einzelner Fälle könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, teilte eine Sprecherin auf Nachfrage von Tagesspiegel Background Gesundheit mit.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mahnt sogar zur Zurückhaltung. „Die Gefahr für Deutschland durch das neu aufgetretene Coronavirus wird von unseren Fachleuten momentan als sehr gering eingeschätzt“, heißt es. „Trotzdem beobachten wir die Situation in China natürlich aufmerksam und stehen dazu in ständigem Austausch mit unseren internationalen Partnern.“

Neun Todesfälle

Koordiniert werde die Lagebeobachtung durch das Robert-Koch-Institut. „Wie in solchen Fällen üblich, werden alle relevanten Stellen über den aktuellen Sachstand fortlaufend informiert." Die Gesundheitsbehörde der zentralchinesischen Metropole Wuhan meldete weitere Todesfälle. Die Zahl der im Zuge einer Infektion verstorbenen Personen liegt aktuell bei neun. Betroffen waren zumeist ältere Menschen mit schweren Vorerkrankungen.

Nach dem Ausbruch der Lungenkrankheit im Dezember in China ist, Stand Mittwochmorgen deutscher Zeit, die Zahl der bestätigten Fälle auf circa 440 gestiegen. Die meisten entfallen auf die Provinz Hubei mit der Metropole Wuhan, wo das Virus vermutlich seinen Ursprung hat. Nachweise gibt es zudem in Taiwan, Thailand, Japan und Südkorea – in allen Fällen erkrankten Menschen, die zuvor in Wuhan waren. Auch in den USA trat ein Fall auf.

WHO-Entscheidung am Mittwoch

Sollte die WHO heute einen internationalen Gesundheitsnotstand ausrufen, empfiehlt sie damit schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche. Dazu könnten unter anderem Grenzkontrollen und das Einrichten spezialisierter Behandlungszentren gehören. Auch die EU-Kommission plant zur Bewertung der Risiken durch die neue Lungenkrankheit ein Treffen. Nach Angaben eines Sprechers soll der Ausschuss für Gesundheitssicherheit am Donnerstag zusammenkommen.

Behandlung nur symptomatisch möglich

Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg gab sich am Dienstag gelassen. Derzeit gebe es keinen bestätigten Fall in Deutschland, sagte der Leiter der Abteilung für Virusdiagnostik. Patienten, bei denen der Verdacht einer Infektion mit Coronaviren besteht, würden darauf getestet.

Gegebenenfalls kämen sie dann auf eine Isolationsstation, um eine Weiterverbreitung zu vermeiden. „Die Lage entspannt sich, weil auch mehr leicht verlaufende Erkrankungen diagnostiziert werden“, so Schmidt-Chanasit. Behandelt werden können Menschen, die sich mit dem Virus angesteckt haben, bisher allerdings nur symptomatisch.

Sars-Virus, Skulptur des Künstlers Luke Jerram.
Sars-Virus, Skulptur des Künstlers Luke Jerram.

© Heller Gallery, New York

Die Berliner Charité hat nach Angaben ihres Virologen Christian Drosten bereits „alle Testsysteme hochgefahren“, um Infektionen mit dem neuen Virus schnell nachweisen zu können. Drosten war 2003 als Mitentdecker des Sars-Virus weltbekannt geworden. Eine Sprecherin stellte aber gegenüber dem Tagesspiegel Background klar: Wäre in der Charité die Behandlung eines Patienten mit einem nachgewiesenen Coronavirus nötig, so würde das Personal dies nicht im Schutzanzug tun. „Der Umgang mit den Patienten wäre vergleichbar mit solchen, die an einer resistenten Tuberkulose erkrankt sind.“

Fieberkontrollen in USA und Australien

Weil Reisende die Lungenkrankheit importieren könnten, haben Flughäfen in asiatischen Ländern sowie den USA und Australien Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt. Temperaturmessungen bei Passagieren, wie derzeit auf Flughäfen in anderen Ländern praktiziert, hält Charité-Experte Drosten für wenig sinnvoll. Schließlich verzichteten Kranke mit Symptomen eher auf Reisen, sagte er im Deutschlandfunk. Bei Infizierten in der Inkubationszeit trete zudem noch gar kein Fieber auf.

Solche Vorsichtsmaßnahmen auf Flughäfen hätten daher eher „psychologische“ Wirkung. Im Interview mit dem Tagesspiegel hatte auch der Londoner Virologe John Oxford solche Maßnahmen als kaum effektiv bezeichnet. Auch das BMG hält ein Fiebermessen für unverhältnismäßig. „Einige Flughäfen in Deutschland haben allerdings geplant, Reisende über die Situation zu informieren. Das hält die Bundesregierung für angemessen.“

Deutschlands größter Flughafen in Frankfurt am Main sieht aktuell jedenfalls keine Notwendigkeit für Schutzmaßnahmen, zumal dort keine Direktflüge aus Wuhan landen. Weder die WHO, das Auswärtige Amt noch das Robert-Koch-Institut haben Reisebeschränkungen ausgesprochen. Wie eine Fraport-Sprecherin auf Nachfrage sagt, sei der Flughafen auf Infektionskrankheiten gut vorbereitet.

Abstimmung der Flughäfen mit Gesundheitsämtern

Empfehlungen der hiesigen Gesundheitsbehörden würden erfüllt. Aktuell sei der Flughafen in Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt der Stadt sowie mitanderen deutschen und europäischen Flughäfen, um einheitliche Reiseinformationen für Passagiere vorzubereiten.

Auch am Hamburger Flughafen wird bald Informationsmaterial liegen – in Chinesisch und Englisch. Reisende mit entsprechenden Symptomen sollen über weitere Maßnahmen und Ansprechpartner in Hamburg informiert werden. Sollte sich ein Verdachtsfall an Bord einer Maschine Richtung Düsseldorf befinden, gäbe der Pilot einen Hinweis an die Flugsicherung oder den Airport, erklärte ein Sprecher.

„Der Flughafen würde sofort das Gesundheitsamt informieren und die entsprechende Maschine später in einem separaten Bereich platzieren.“ Vom Flughafen München heißt es: „Im Moment gibt es kein Screening oder andere Maßnahmen.“ (Mitarbeit Sonja Álvarez, mit Material von AFP und dpa)

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