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Uni-Klausuren in Coronazeiten.

© Federico Gambarini/dpa

Corona-Notfallfonds verzögert sich: Das lange Warten auf die Studierenden-Nothilfe

Das Sommersemester ist zur Hälfte rum, aber der Notfallfonds für Studierende, die in der Coronakrise ihren Nebenjob verloren haben, verzögert sich.

Für notleidende Studierende soll es in der Coronakrise eine Überbrückungshilfe geben, dafür werde ein Notfallfonds in Höhe von 100 Millionen Euro zur Verfügung stehen: Das kündigte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) Ende April an.

Doch noch immer warten Studierende darauf, das Geld beantragen zu können, auch wenn das Sommersemester inzwischen zur Hälfte bereits absolviert ist – und es bleibt offen, wann die Nothilfe wirklich startet.

Klar ist bislang nur eines: Der unlängst von Karliczeks Staatssekretär Michael Meister (CDU) genannte 8. Juni als angestrebter Starttermin des Programms wird nicht zu halten sein.

Angestrebt wird die erste Junihälfte

Das Deutsche Studentenwerk, das vom Bildungsministerium (BMBF) mit der Organisation beauftragt wurde, wollte sich am Freitag zu einem Starttermin erst äußern, wenn dieser „verlässlich“ ist, wie Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde sagte: „Alles andere weckt nur nicht erfüllbare Erwartungen.“ Man strebe aber „weiterhin die erste Junihälfte“ an.

Ein BMBF-Sprecher teilte auf Anfrage mit, das BMBF unterstütze das Studentenwerk nach Kräften darin, dass die Überbrückungshilfe schnellstmöglich beantragt und ausgezahlt werden kann.

Kritik an Karliczek kommt aus der SPD

Kritik kommt vom Koalitionspartner: Für „total unbefriedigend“ hält Oliver Kaczmarek, bildungs- und forschungspolitscher Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, die Umsetzung durch das BMBF.

Wegen der aus ihrer Sicht unzureichenden Hilfsmaßnahmen rufen zahlreiche Studierendenverbände jetzt zu bundesweiten Protesten auf.  An eben jenem 8. Juni – also kommenden Montag – soll es in zahlreichen Städten Demonstrationen geben, etwa in Potsdam, Dresden und Hannover sowie vor dem Dienstsitz des BMBF in Bonn. 

"Der Protest soll der Million Studierenden eine Stimme geben, die ihre Jobs verloren haben und keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Kurzarbeitergeld haben", erklärt Nathalie Schäfer von den GEW Studis.

Laut einer Umfrage haben 40 Prozent der Studierenden einen Job verloren

Seit drei Monaten müssten sie irgendwie über die Runden kommen, würden sich Geld von Familie und Freundeskreis leihen. Viele hätten schon ihr Studium abgebrochen, um Anspruch auf Grundsicherung zu bekommen. „Was ist das für eine Bildungsministerin, der diese Bildungskatastrophe egal ist?", fragt Schäfer.

Die Zahl von einer Million Studierenden bezieht sich auf eine Umfrage des Personaldienstleisters Zenjob, für die knapp 1900 Studierende befragt wurden und die den Anspruch hat repräsentativ zu sein. Demnach hatten 40 Prozent der Studierenden wegen der Coronakrise einen Job verloren. 22 Prozent waren nicht mehr in der Lage, wie gewohnt Miete und Rechnungen zu bezahlen. 

Woran liegt es, dass das Nothilfeprogramm so lange auf sich warten lässt? Ein Grund dürfte sein, dass dafür erst ein neues Vergabesystem geschaffen werden muss. Das gesamte Verfahren von Förderkriterien über ein Online-Portal bis zur Zahlung müsse völlig neu implementiert werden, sagt DSW-Generalsekretär Meyer auf der Heyde: „Welche Imponderabilien dies beinhalten kann, dürfte jedem leicht nachzuvollziehen sein.“

Karliczek lehnte eine Öffnung des Bafögs ab

Eine Öffnung des Bafögs für in Not geratene Studierende– wie von der SPD, der Opposition, den Studentenwerken und der Hochschulrektorenkonferenz gefordert – wäre wegen der vorhandenen Infrastruktur wohl deutlich einfacher und schneller gewesen.

So sieht es auch SPD-Mann Kaczmarek: „Sollte es wegen der Umsetzung jetzt Vorwürfe gegen das Studentenwerk geben, wäre das unberechtigt: Die haben ja einen einfachen Vorschlag gemacht, während die Ministerin einen komplizierten Weg gewählt hat.“

Tatsächlich lehnte Karliczek die Bafög-Öffnung wie berichtet kategorisch ab. Sie setzt ohnehin darauf, dass sich Studierende in akuter Geldnot über den Studienkredit der KfW-Bankengruppe Geld leihen, also Schulden machen. Der Notfallfonds wurde erst auf Druck der SPD zusätzlich aufgesetzt. 

Auszahlung nach Kontostand

100 bis 500 Euro pro Monat sollen Studierende nun daraus erhalten, wobei das Geld nur für maximal drei Monate beantragt werden darf. Auf der Webseite des BMBF werden noch Juni, Juli und August als diese Monate genannt.

Heftige Kritik löste in den sozialen Medien bereits aus, dass die Förderung an den Kontostand gebunden werden soll: Erhalten soll die Hilfe nur, wer weniger als 500 Euro auf dem Konto hat. Wie genau das ermittelt werden soll, ist bisher noch nicht offiziell. Offenbar soll es darauf hinauslaufen, dass Anwärterinnen und Anwärter Auszüge der vergangenen drei Monate einreichen und daraus dann ein Mittelwert gebildet wird.

Für Kai Gehring, Sprecher für Forschung, Wissenschaft und Hochschule der Grünen im Bundestag, ist es eine „vertane Chance und ein grober Fehler“, dass die Nothilfe für Studierende im Konjunkturpaket keine Rolle spielt.  „Die Bundesregierung muss endlich eingestehen, dass sie unterschätzt hat, wie viele Studierende pandemiebedingt in Not geraten sind“, erklärte Gehring auf Anfrage.  Die geplante Nothilfe der Bundesregierung würde „hinten und vorne nicht reichen“.

Gehring fordert Bildungsministerin Karliczek und ebenso Jugendministerin Franziska Giffey (SPD) auf, „am Kabinettstisch endlich wie Löwinnen für die junge Generation kämpfen“. Sie dürften es nicht zulassen, dass die junge Generation die Verlierer der Corona-Krise wird. Gehring fordert erneut, das Bafög vorübergehend für in Not geratene Studierende zu öffnen.

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