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Der Historiker Fritz Stern.

© Kai-Uwe Heinrich

Büsten Fritz Sterns aufgestellt: Ein Lächeln für Breslau und Berlin

Gedenken an Fritz Stern: Auf Initiative der Stadt Wroclaw erinnern an der dortigen Universität und an der Berliner Akademie Bronze-Büsten an den Historiker.

Die junge polnische Bildhauerin hat ihm einen ironischen Zug gegeben. So hält die Bronze-Büste Fritz Sterns von Barbara Olech, die am Mittwoch in der Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt aufgestellt wurde, den lebhaften, stets freundlich zugewandten Charakter in Erinnerung, der den vor zwei Jahren in New York verstorben Historiker auszeichnete. Der Kopf setzt aber auch ein Zeichen: Entstanden auf Initiative der Stadt Wroclaw, bekräftigt er die Verbundenheit von Breslau, Sterns Geburtsort, mit Berlin.

Es gab der schönen Geste der Übergabe der Büste das spezifische Gewicht, dass es Breslaus Stadtpräsident Rafal Dutkiewicz war, der sie überbrachte. Denn ihm vor allem verdankt das Verhältnis der beiden Städte den erstaunlichen Aufschwung, den es in den letzten Jahrzehnten genommen hat. Ein zweites Exemplar der Büste steht seit einer Woche in der Bibliothek der Universität Wroclaw; ihr hat Stern seinen Buchnachlass gestiftet.

In Berlin beeindruckte ihn 1954 das Gedenken an den 20. Juli

Die Gedenkveranstaltung für Fritz Stern im Einstein-Saal der Akademie stand unter dem Titel „Breslau – New York – Berlin“. Was Breslau und New York angeht, so versteht er sich von selbst. Aber Berlin? In Sterns Lebensweg spielt Berlin nicht die gleiche gewichtige Rolle wie Breslau oder wie New York, wo er studierte, lehrte und lebte. Aber es war für ihn, woran Jürgen Kocka in seinem biografisch-würdigenden Vortrag erinnerte, gleichwohl eine wichtige Station. Der Emigrant, der Deutschland zunächst mit Distanz, ja, auch mit einem gewissen Hass gegenübergestanden hatte, erlebte in Berlin 1954 als Student die Gedenkveranstaltungen für den 20. Juli 1944. Sie waren für ihn eine bewegende, ja, wie er gestand, befreiende Erfahrung. Und man kann wohl der Ansicht sein, dass der Fritz Stern, der mit den Jahren für die Deutschen zu einer intellektuellen und auch moralischen Instanz wurde, hier einen wichtigen Anstoß erfuhr.

Eine Bronze-Büste Fritz Sterns der Künstlerin Barbara Olech.
Bronze-Büste Fritz Sterns der Künstlerin Barbara Olech, die jetzt an der Universität Wroclaw und an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin aufgestellt wurde.

© Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

So jedenfalls deutete Kocka diese Erfahrung, der dann ein reiches und wirkungsmächtiges Leben als Historiker und Publizist folgten. Seine bedeutenden Bücher, Essays und Porträts machten ihn zum Brückenbauer zwischen Amerika und Deutschland, aber auch und wahrhaftig nicht zuletzt in der zerklüfteten Landschaft der deutschen Vergangenheit. Auch seine letzte große Rede hielt Fritz Stern in Berlin, als Willy-Brandt-Lecture 2015 an der Humboldt-Universität: „Freiheit und Exil – Heinrich Heines Welt und die unsere“.

Wiederbegegnung mit der Geburtsstadt

Breslau hatte für Fritz Stern einen unvergleichbaren Rang. Das hatte, natürlich, mit der Herkunft zu tun, der Christoph Markschies den anderen Beitrag der Veranstaltung widmete. Er zog die Konturen des jüdischen Breslau nach, aus dem Stern stammte. Allerdings war das weniger eine jüdische als vielmehr eine bildungsbürgerliche Welt – Eltern und Großeltern waren Protestanten und gehörten dem gehobenen Bürgertum an. Gleichwohl ließ Markschies’ Expedition in dieses Breslau erkennen, weshalb die Wiederbegegnung mit der Geburtsstadt nach vier Jahrzehnten amerikanischer Existenz für Fritz Stern ein überwältigendes Erlebnis wurde.

Er hat in seinen Erinnerungen „Fünf Deutschland und ein Leben“ davon eindrucksvoll und einfühlsam Zeugnis gegeben. Für den Historiker, den Deutschland verjagt hatte und der zu einer „mitteleuropäisch-amerikanischen Gestalt“ (Jürgen Kocka) wurde, bildete sie nichts Geringeres als eine Art später Heimkehr.

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