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Brustkrebszellen zehren lange von ihren Reserven.

© C. Bickel/Science

Brustkrebsforschung: Gestreute Tumorzellen lassen sich im Schlaf töten

Selbst nach einer Brustkrebs-OP können im Körper noch Krebszellen schlummern. Forscher hoffen, sie am Aufwachen zu hindern.

Etwa jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Damit ist das Mammakarzinom der häufigste bösartige Tumor der Frau. Zwar haben Mediziner inzwischen ein größeres Arsenal im Kampf gegen die Krankheit. Ein Problem aber bleibt bestehen: Nach dem ersten Auftreten des Tumors in der Brust können sich Krebszellen unbemerkt in anderen Organen ansiedeln – etwa in Lunge, Leber oder Wirbelsäule.

Dort wachsen diese Metastasen oft so schnell, dass es keine Heilung mehr gibt. Neun von zehn Todesfälle bei Brustkrebs werden Metastasen zugeschrieben. Das Heimtückische daran: Oft verharren die Zellen nach dem ersten Auftreten des Brustkrebses jahrelang in einer Art Winterschlaf, um dann plötzlich wieder aktiv zu werden und sich rasend schnell zu teilen. In diesem Ruhezustand benutzen die Krebszellen einen Trick: Sie ernähren sich von sich selbst, wie Forscher diese Woche im Fachblatt "Nature Communications" schreiben.

Als die Zellen nicht mehr recyceln konnten, starben sie

Selbstverdauung ("Autophagie") ermöglicht es Zellen, auch dann zu überleben, wenn sie nicht genügend Nährstoffe bekommen, etwa in Hungerphasen. Dabei recyceln die Zellen ihre eigenen Bestandteile. Brustkrebszellen machen von dem Mechanismus Gebrauch, vor allem in der ersten Zeit nach dem Einwandern in andere Organe. Das versuchten Kent Hunter vom Nationalen Krebsinstitut in Bethesda und sein Forscherteam im Experiment zu verhindern.

Sowohl durch genetische Veränderungen als auch durch Medikamente gelang es den Wissenschaftlern, den Recycling-Mechanismus der Zellen zu unterbinden. Wenn sie die Krebszellen daran hinderten, beschädigte Zellorganellen wiederzuverwerten, sammelten sie sich in der Zelle an wie auf einer Müllhalde. So wie Schrottautos Öl verlieren, sondern diese Schrottorganellen giftige Sauerstoff-Radikale ab, die die Tumorzellen zusätzlich schwächen und schließlich töten.

Wachen die Krebszellen auf, wächst der Tumor

Im Experiment wuchsen in Mäusen, bei denen die Forscher das Recycling blockierten, deutlich weniger Tumorzellen als in Tieren, bei denen die Krebszellen ungestört verharren (und recyceln) konnten. Waren die Krebszellen aber erst einmal aus ihrem Schlafzustand aufgewacht, nützte auch die Blockierung der Autophagie nichts mehr. Denn dann schalteten die Krebszellen den Notmechanismus aus und auf Wachstum um. Die Zellen teilten sich, der Tumor wurde größer.

Falls es gelingen sollte, schlafenden Tumorzellen ihre Fähigkeit zum Recycling zu nehmen und sie so sterben zu lassen, könnte das in Zukunft eine Strategie sein, um ein Wiederauftreten von metastasiertem Brustkrebs nach einer Operation zu verhindern, schreiben Kent Hunter und seine Kollegen. Offenbar lässt sich die Autophagie recht gezielt nur in schlafenden Krebszellen ausschalten, trotzdem können erst Studien an Patienten zeigen, dass dabei keine Nebenwirkungen für andere, gesunde Zellen im Körper entstehen.

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