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Vampirfledermäuse (Desmodus rotundus) verbringen den Tag an Ruheplätzen wie in einem hohlen Baum.

© Simon Ripperger, CC BY 4.0

Blutmahl mit Freundinnen: Vampirfledermäuse speisen ungern allein

Vampirfledermäuse rufen mit vollem Mund nach Artgenossen. Vielleicht, damit sie auch satt werden.

Sie werden als „Vampire“ bezeichnet und dazu noch als „gemein“. Dass solche Tiere ein reges Sozialleben führen, mit viel Kuscheln und Fellpflege, und gelegentlich sogar unverwandte hungrige Artgenossen füttern, würde man von Desmodus rotundus, der Gemeinen Vampirfledermaus, nicht annehmen. Tun sie aber.

Nun haben Fledermausforschende herausgefunden, dass ihre freundschaftlichen Beziehungen sogar da halten, wo Wolf und Hund als die bekanntesten Gemeinschaftstiere sich bisweilen gefährlich anknurren: beim Fressen. Bislang ist die große Sozialkompetenz aber nur bei den Weibchen nachgewiesen.

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Jagdausflüge mit Rucksack-Computer

Ein Forschungsteam um Gerald Carter von der Ohio State University hat 50 weibliche Vampirfledermäuse in Panama mit winzigen Rucksack-Computern ausgestattet. So konnten die Wissenschaftler die Bewegungen der Tiere während ihrer Jagdausflüge verfolgen. Einige waren zuvor in Gefangenschaft gehalten und dann wieder freigelassen worden, die übrigen waren wild. Tagsüber teilten sich die Fledermäuse einen hohlen Baum als Ruheplatz. Nachts flogen sie zur Jagd aus.

Vampirfledermäuse sind, der Name lässt es vermuten, auf Blut aus. Sie landen neben, nicht auf ihren Beutetieren. Meist werden Rinder oder andere größere Säugetiere ausgesucht, gelegentlich aber auch Menschen. Die Fledermäuse nähern sich hüpfend und suchen sich für den Biss eine geeignete, bevorzugt unbehaarte Stelle aus. Mit den spitzen Zähnen wird eine Wunde eröffnet und das austretende Blut aufgeleckt. Die Spender merken oft gar nichts davon und schlafen weiter. Dass sie daraufhin selbst zu Vampirfledermäusen werden, wurde nie beobachtet. Infizierte Vampire können jedoch Krankheiten wie die Tollwut übertragen.

Die besenderten Fledermäuse in Panama holten sich ihre Mahlzeiten meist von Kühen auf nahe gelegenen Weiden. Im Laufe von zwei Wochen lieferten die 50 Rucksack-Computer Daten über fast 400 000 individuelle Treffen zweier oder mehrerer Tiere. Wie die Forschenden jetzt in der Fachzeitschrift „Plos Biology“ berichten, waren Tiere, die am Ruheplatz häufig interagieren, auch am Futterplatz häufig zusammen.

Die Fledermäuse verlassen den Schlafplatz unabhängig voneinander. „Aber die Fledermäuse, die eine Beziehung zueinander haben, finden sich irgendwie auf der Viehweide wieder zusammen“, berichtet Carter. Die Wissenschaftler nehmen an, dass sie sich koordinieren, damit alle Freundinnen satt werden. Das Verhalten könnte damit dem gleichen Zweck dienen, wie das Hochwürgen und Teilen von erbeutetem Blut am Ruheplatz.

Kooperative oder partnerschaftliche Begegnungen

Mitautor Simon Ripperger vom Naturkundemuseum Berlin machte Video- und Audioaufnahmen. Er beobachtete Fledermäuse, die gemeinsam auf einer Kuh saßen und tranken, andere auf unterschiedlichen Kühen und einige, die sich um den Trinkplatz stritten. „Ich konnte sehen, dass sie hin und her riefen, wenn sie allein auf einer Kuh saßen.“ Die Forschenden gehen daher davon aus, dass die Tiere auch während des Fressens interagieren.

Alte Freundschaften aus der gemeinsamen Gefangenschaft hielten auch nach Rückkehr in die Freiheit. Fledermäuse, die tagsüber mehr Zeit zusammen am Schlafplatz verbrachten, flogen auch nachts länger gemeinsam aus und begegneten sich bei der Futtersuche häufiger als Fledermauspaare, die keine Anzeichen sozialer Bindungen aufwiesen. Tiere, die eine enge Beziehung zueinander hatten, waren bei der Futtersuche im Durchschnitt auch länger zusammen.

„Längere Interaktionen sind wahrscheinlicher kooperativ oder partnerschaftlich als kurze Begegnungen, die neutral oder aggressiv sein könnten“, sagt Ripperger.

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