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In einem fast leeren Klassenraum werden drei Kinder von zwei Lehrkräften betreut.

© Sina Schuldt/dpa

Bildung in der Pandemie: Kultusminister gegen Inzidenz-Automatismus bei Schulschließungen

Die neue KMK-Chefin Britta Ernst plädiert gegen pauschale Vorgaben zum Schulbetrieb in der Pandemie. Und wirbt um Verständnis für digitale Defizite.

Wie geht es nach dem weitgehenden Schullockdown weiter? Britta Ernst (SPD), die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), hat sich am Montagabend gegen automatische Schulschließungen anhand der Infektionsstatistik ausgesprochen. „Wir möchten genau hingucken und die Gesamtsituation beurteilen“, sagte Ernst in den „Tagesthemen“.

Die Kultusminister der Länder seien gegen einen Automatismus, nach dem Schulen geschlossen werden, sobald ein bestimmter Corona-Inzidenzwert in der Region erreicht ist. In den vergangenen Monaten habe es zum Beispiel Situationen gegeben, in denen der Grund für die höheren Zahlen in Pflegeheimen gelegen habe, in Krankenhäusern oder in Schlachtbetrieben, sagte Ernst, die Bildungsministerin in Brandenburg ist und am Donnerstag offiziell den KMK-Vorsitz für 2021 übernimmt.

In ihrer Amtszeit will sich Ernst vorrangig dem Thema „Lehren und Lernen und guter Unterricht in den Zeiten der digitalen Transformation“ widmen. Dass zum Auftakt des erneuten bundesweiten Distanzunterrichts Server in Schulen und Lernplattformen teilweise nicht funktionierten, sei ärgerlich, sagte Ernst.

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„Aber was wir in den vergangenen fünf bis acht Jahren versäumt haben an Initiativen für die digitale Bildung, holen wir nicht in sechs bis neun Monaten auf“.

Unterricht im Theater? Kaum machbar

„Ich gebe zu, wir wären gerne woanders“, sagte Ernst weiter. Am späten Montagabend wurde zudem bekannt, dass auf die bundesweite Schulcloud des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts ein Hacker-Angriff verübt wurde.

Auf die Frage, warum nicht leerstehende Theater oder Messehallen für die Schulen angemietet werden können, erklärte die Ministerin, die Idee sei gut, aber nur begrenzt umsetzbar, weil beim Unterricht ja nicht eine Gruppe den ganzen Tag zusammenkomme.

Britta Ernst spricht in ein Mikrofon, im Hintergrund ist der Schriftzug Land Brandenburg zu sehen.
Britta Ernst (SPD), Bildungsministerin in Brandenburg und neue KMK-Präsidentin.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Nach dem Ende der Weihnachtsferien im ganzen Bundesgebiet sind die meisten Schulen in Deutschland in eine Phase des Fernunterrichts gestartet, von der noch nicht klar ist, wie lange sie dauert. Mit Ausnahme von Abschlussklassen gilt für fast alle Schüler zunächst „Homeschooling“.

[Lesen Sie auch unseren Bericht über psychosoziale Folgen der Schulschließungen für Kinder und Jugendliche (T+): Stress und Ängste]

In Berlin, wo der Schulbetrieb im Lockdown stark umstritten war, soll am 19. Januar darüber entschieden werden, wie es ab dem 25. Januar mit dem Schulbetrieb an den Grundschulen weitergeht.

Verbände fordern klare Ansagen von der KMK

Bildungsverbände hatten am Montag zum Schulstart nach den Winterferien deutliche Kritik am Vorgehen von Bund und Ländern bei der Corona-Prävention geübt und klare Regelungen gefordert. Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, mahnte ein gemeinsames Vorgehen der Kulturminister an.

„Den Schülerinnen und Schülern dürfen aus der aktuellen Situation keine Nachteile für ihren weiteren Lebensweg entstehen“, betonte er. „Die Anerkennung der Bildungsabschlüsse über Landesgrenzen hinweg ist daher Pflicht.“ Laut Beckmann bedarf es dafür bundesweit anerkannter rechtssicherer Regelungen.

Die Entscheidung der Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres etwa, schriftlichen Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss abzusagen, schaffe zwar Planungssicherheit für Schüler und Lehrkräfte. „Ein abgestimmtes Vorgehen sieht aber anders aus“, kritisierte der VBE-Präsident.

Die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, appellierte an die Kultusminister der Länder, den digitalen Unterricht stärker zu fördern. Wenn alle elf Millionen Schüler in Deutschland morgens gleichzeitig damit beginnen wollten, brauche es eine Serverkapazität, „die sich bisher niemand vorgestellt hat“, erklärte Tepe im SWR.

Es müsse deshalb ein Zusammenspiel geben zwischen „digitalen Lernvoraussetzungen, wo sie jetzt schon gegeben sind, und analogem Lernen“. Bis der digitale Unterricht überall umgesetzt sei, müsse man sich noch gedulden, so Tepe.

Gleichzeitig warnte sie davor, den Technikkonzernen die Daten von Schülern offenzulegen. „Weder die E-Mail-Adresse, noch die Lernergebnisse“, sollten von „Firmengiganten wie Microsoft“ gespeichert werden. (Tsp/KNA/dpa)

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