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Aggressiver Gast. Die etwa fünf Millimeter große Tigermücke sticht tagsüber – und zum Teil auch durch die Kleidung hindurch. In den Tropen überträgt sie zahlreiche Infektionskrankheiten.

© James Gathany/CDC/dpa

Besuch aus den Tropen: Tigermücke in Berlin-Treptow nachgewiesen

Forschende haben in einer Berliner Kleingartenanlage eine Population der Asiatischen Tigermücke aufgespürt. Die exotischen Insekten können zahlreiche Krankheiten übertragen.

Nachdem in einer Kleingartenkolonie im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick die Asiatische Tigermücke nachgewiesen wurde, hat die Insektenforscherin Doreen Werner die Öffentlichkeit zur Mithilfe aufgerufen. Bürgerinnen und Bürger sollen Mücken, die sie in ihrer Umgebung auffinden, an das wissenschaftliche Projekt „Mückenatlas“ einsenden.

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Die Biologin Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung im brandenburgischen Müncheberg (Zalf) betreibt das Projekt seit einigen Jahren mit dem Ziel, die in Deutschland ansässigen Mückenarten zu kartieren – und neu zugewanderte Arten aufzuspüren.

Klein, tagaktiv und flugträge

In den Treptower Kleingartenanlage Vogelsang 1 war im Spätsommer 2021 mit Hilfe der Zalf-Forscherin eine Population der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) nachgewiesen worden. Für die kleine, tagaktive und recht flugträge Stechmücke, die eine Vielzahl von Erkrankungen übertragen kann, reichen schon kleine Pfützen zur Vermehrung aus.

Stehende Wasseransammlungen müssen daher verhindert werden. Besonders beliebt bei Mücken sind Autoreifen, in denen sich Regenwasser sammelt. Mit ihrem Transport können Mückenarten über größere Distanzen verschleppt werden.

Die Berliner Gesundheitsverwaltung ist nun aktiv geworden, um die weitere Ausbreitung in Treptow zu verhindern. Dazu müssen alle Möglichkeiten zur Eierablage entfernt, trocken gelegt und gereinigt werden. „So kann man die Population relativ gut eindämmen, wenn nicht sogar eliminieren“, sagte Werner nun dem RBB. Von der Regentonne über die Gießkanne und Blumenvase bis zur Vogeltränke und verstopften Abflussrinne kommen vielerlei Orte als Brutgewässer in Frage. 

Es können auch sogenannte BTI-Tabletten für Regenfässer eingesetzt werden. Der biologische Wirkstoff zerstört den Darm von Mückenlarven und tötet sie. Hinzu kommen Fallen für Eier, Larven und erwachsene Exemplar. An Orten, an denen sich die Stechmücke etabliert hat, müsse man „wirklich handeln“ , so Werner.

Vermehrt Funde in Deutschland

Mittlerweile tauchen von der Asiatischen Tigermücke vermehrt Funde in Deutschland auf. Dem Mückenatlas-Projekt waren 2021 aus der Berliner Kleingartenanlage mehrere Exemplare zugeschickt worden. Sämtliche Regentonnen und Wasserbehälter waren überprüft und dort auch Exemplare in allen Entwicklungsstadium entdeckt worden.

Das könnte bedeuten, dass eine stabile Population entstanden ist, erklärt die Biologin. Ob diese durch den Winter gekommen ist, wisse man aktuell aber noch nicht, doch es sei wahrscheinlich. Die Tigermücken ist ab Mitte Mai aktiv.

Eigentlich bevorzugt diese Stechmücke tropische Temperaturen, lange, kalte und frostreiche Winter verhindern ihre Ausbreitung. In Deutschland war sie früher nicht heimisch, mit der fortschreitenden Erderwärmung scheint sich dies aber zu ändern.

Wie gefährlich wird ein Mückenstich? Mücken sind in Deutschland nicht mehr so harmlos wie früher.
Wie gefährlich wird ein Mückenstich? Mücken sind in Deutschland nicht mehr so harmlos wie früher.

© Der Tagesspiegel / Rita Böttcher

Bisher wurde die Asiatische Tigermücke vor allem in Süddeutschland nachgewiesen: in Bayern, Baden-Württemberg, aber auch in Thüringen und Nordrhein-Westfalen. 2021 waren Populationen unter anderem im bayrischen München und Fürth gefunden worden. Nachweise gab es auch an bereits bekannten Fundstellen, zum Beispiel in Frankfurt (Main), Heidelberg, Freiburg, dem Oberrheingraben und Jena.

In Berlin hatte es bereits 2017 einen Fund gegeben. Aus Brandenburg liegen bisher noch keine Meldungen vor. Vor mehr als zehn Jahren wurden die ersten Exemplare der tropischen Stechmücke in Deutschland entdeckt. Alles in allem wurden sie bisher aber recht selten bei uns gefunden.

Die Mücke umkreist ihre Opfer in Schwärmen

Die Asiatische Tigermücke ist weiß gestreift, sie umkreist ihre Opfer in Schwärmen, verfolgt es penetrant und greift auch trotz Verscheuchen schon nach wenigen Sekunden wieder an. Die Weibchen brauchen wie auch bei den anderen Stechmücken die Blutmahlzeit, um ihre Eier reifen zu lassen. Die flugfaule Mücke bewegt sich nur wenige 100 Meter um ihre Brutstätten herum. Verschleppt wird sie vor allem unbeabsichtigt durch Menschen beim Transport von Pflanzen oder Gegenständen, in denen sie brütet.

Die Tigermücke ist als Trägerin von besonders vielen Krankheitserregern bekannt, darunter auch gefährliche tropische Fieberkrankheiten wie Dengue, Chikungunya, Zika oder das West-Nil-Virus. Mehr als 20 Keime wurden in der Mücke bereits gefunden. Die als aggressiv gelten Mücke sticht mit Vorliebe mehrere Menschen hintereinander, was zur Ausbreitung der Krankheiten beiträgt.

Dass es zur Übertragung von Krankheiten kommt, setzt allerdings voraus, dass zuvor ein Mensch gestochen wurde, der ein entsprechendes Virus in sich trägt – was zumindest bei den tropische Krankheiten in unserer Region eher seltener der Falls sein dürfte. Eine Wahrscheinlichkeit könnte aber bestehen wenn zum Beispiel ein infizierter Reiserückkehrer hier mit dieser Mücke zusammentreffe, erklärt Werner. 

Hinzu kommt dass die Erreger der tropischen Fieber – abgesehen von Chikungunya – sehr hohe Temperaturen zur Vermehrung benötigen. In Südfrankreich waren im Oktober 2021 die ersten Zika-Fälle in Europa gemeldet worden, die von dort heimischen Tigermücken übertragen wurden. Dieses Virus ist vor allem für Schwangere gefährlich, da es beim ungeborenen Kind zu Hirn- und Schädelfehlbildungen führen kann.

Bürger-Hilfe von unschätzbarem Wert

Zalf-Forscherin Doreen Werner ist für die Kartierung der Mückenarten auf die Hinweise aus Bevölkerung angewiesen. „Dieses Wissen ist für uns von unschätzbarem Wert“, sagt sie. Erhält sie Hinweise, wo eine bestimmte Mückenart angekommen ist, startet sie ein Monitoring, ob die Population sich etabliert hat – und eingegriffen werden muss.

Bislang schickten private Mückenjäger mehr als 24 000 Insekten ein. In Deutschland gibt es geschätzt 50 unterschiedliche Mückenarten, weltweit rund 3500. 

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