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Ein moderner Forschungsbau steht auf einem Campus in Berlin, im Vordergrund fährt ein Auto vorbei.

© Felix Petermann/MDC

Berlin Institute of Health: Ein Haus für die Forschung – und zur mahnenden Erinnerung

Das erste Forschungsgebäude des BIH trägt den Namen der Kinderärztin Käthe Beutler, einer Berliner Medizin-Pionierin, die ins Exil gezwungen wurde.

Das Berlin Institut of Health (BIH) eröffnet ein erstes eigenes Gebäude und verbindet dies mit der Erinnerung an die Kinderärztin Käthe Beutler, die in der NS-Zeit als Jüdin in die USA emigrieren musste.

Das Käthe-Beutler-Haus, das am Mittwoch auf dem Campus in Berlin-Buch eröffnet wird, entstand in einer dreijährigen Bauzeit für 24 Millionen Euro und vereint Teile der gemeinsamen Forschung des BIH und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) unter einem Dach.

„Unser Schwerpunkt im Käthe-Beutler-Haus wird die Vaskuläre Biomedizin sein, also die Forschung an Blutgefäßen: Diese spielen eine wichtige Rolle bei vielen Erkrankungen, neben Herz- Kreislauf-Krankheiten auch bei Krebs, Diabetes oder, ganz aktuell, bei Covid-19“, sagte Thomas Sommer, kommissarischer wissenschaftlicher Vorstand des MDC, dem Tagesspiegel.

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Wesentliche Pathologien und Erkrankungen beruhten auf Pathomechanismen in kleineren Gefäßen in terminalen Gefäßbetten und der Mikrozirkulation, erläutern BIH und MDC. Beispiele seien auch vaskuläre Demenz, diastolische Herzinsuffizienz und eine Form der Angina pectoris.

Ein zentrales Thema für die translationale Forschung

Damit ist die vaskuläre Biomedizin ein zentrales Thema für die translationale Forschung am BIH, die der Bund und Berlin im Verhältnis 90:10 mit einem Jahresbudget von rund 78 Millionen Euro fördern. „Wir freuen uns, dass Wissenschaftler*innen von beiden Partnern hier unter einem Dach forschen“, sagt Christopher Baum, Vorsitzender des BIH-Direktoriums.

„Grundlagenforscher und Klinikerinnen kooperieren, damit die wissenschaftlichen Erkenntnisse schnell bei den Patientinnen und Patienten ankommen. Ganz im Sinne unseres Mottos: Aus Forschung wird Gesundheit.“

Eine junge Frau in einem hellen, zweiteiligen Kleid steht auf einem Balkon (historische Aufnahme, ca. 1918).
Käthe Italiener nahm 1918 ein Medizinstudium an der Charité auf. 1925 heiratete sie ihren Kollegen Alfred Beutler.

© privat/Frederick Beutler

Ein erinnerungspolitisches Signal ist die Benennung des „BIH & MDC Center for Vascular Biomedicine“ nach der Kinderärztin Käthe Beutler (1896 bis 1999). Damit ehrt die Berliner Medizin gleichzeitig eine Pionierin ihres Fachs und erinnert an die dunkelsten Seiten der deutschen Geschichte. Käthe Beutler studierte in den 1920er Jahren in Berlin Medizin und war als Kinderärztin wissenschaftlich und ärztlich tätig, bevor sie 1935 in die USA emigrierte.

Vertreibung und Neuanfang in den USA

1896 als Käthe Italiener in Berlin geboren, gehörte sie1918 zur zweiten Generation von Frauen, die an der Charité Medizin studierten. Außerordentlich war auch ihre wissenschaftliche Karriere: 1923 promovierte sie und erhielt 1924 die Approbation, bevor sich die junge Ärztin sich für die Pädiatrie entschied und zur Behandlung der angeborenen Syphilis mit dem Arsenpräparat Salvarsan forschte und publizierte.

1927 eröffnete sie ihre eigene Praxis. Zwei Jahre zuvor hatte sie ihren Kollegen Alfred Beutler geheiratet.

[Im Gedenken an die Vertreibung der Familie Beutler wurden 2016 am Theodor-Heuss-Platz Stolpersteine verlegt - im Beisein des Enkels Bruce Beutler]

Durch den radikalen Antisemitismus im nationalsozialistischen Deutschland und die Entrechtung jüdischer Ärzt:innen wurden die Beutlers und ihre drei Kinder in die Emigration gezwungen. In den USA legte Käthe Beutler ihr amerikanisches Staatsexamen ab und gründete 1937 wieder eine eigene Praxis.

Beutlers Lebensweg wird auf einer Gedächtnistafel an dem nach ihr benannten Forschungsgebäude nachgezeichnet – bis hin zum Medizinnobelpreis, den ihr Enkel Bruce Beutler 2011 für seine Arbeiten über die Aktivierung des angeborenen Immunsystems erhielt.

An der virtuellen Eröffnungsfeier des Käthe-Beutler-Hauses nehmen unter anderem Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU), der Regierende Bürgermeister und Wissenschaftsenator Michael Müller (SPD) sowie Käthe Beutlers Sohn Frederick Beutler und auch Bruce Beutler teil.

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