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Demonstranten beim Berliner "March for Science" im April 2017.

© picture alliance / Jörg Carstens

Bedrohte Wissenschaftsfreiheit: Berlin lädt Exilanten ein

Mit zwei Programmen will der Berliner Senat bedrohten Forschern Zuflucht bieten und internationale Spitzenforscher abwerben - zehn davon auf Lebenszeit.

Berlin soll stärker als bisher ein Zufluchtsort für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden, die in ihren Ländern nicht frei forschen können. Nachdem bereits etliche „Scholars at risk“ unter anderem mit Stipendien der Alexander-von- Humboldt-Stiftung in die Hauptstadt kamen, legt der Senat ein eigenes Programm auf – „Einstein-Gastprofessuren und Einstein Junior Scholarships zur Förderung der Wissenschaftsfreiheit“.

Angesiedelt ist die Initiative bei der Einstein-Stiftung, die seit 2009 vorwiegend aus Landesmitteln Wissenschaft und Forschung „auf internationalem Spitzenniveau“ fördert.

Gefördert werden nicht nur Kriegsflüchtlinge

„Das Profil Berlins als tolerante, weltoffene Stadt“ solle mit den auf zwei Jahre befristeten Gastprofessuren und Stipendien gestärkt werden, hieß es zur Präsentation des Programms am Donnerstag. Es ist breiter angelegt als andere Initiativen für bedrohte Forscher, so will man auch solche einladen, die von „subtilen“ Einschränkungen betroffen sind und in Deutschland eine neue Perspektive suchen. Das zielt auf Länder wie die USA oder Ungarn, deren Regierungen die Wissenschaftsfreiheit allgemein oder bestimmte Felder wie die Klimaforschung einschränken.

Zwei der Stipendien sind bereits für Forschende aus den Hochschulen der University of California reserviert, die zum Klima, zur nachhaltigen Stadtentwicklung oder zur Smart City arbeiten. Hintergrund sei die Städtepartnerschaft Los Angeles-Berlin, heißt es.

Private Stiftung finanziert zehn Profil-Professuren

Zuvor müssen alle Interessenten allerdings Kontakte mit einer der vier Berliner Universitäten oder mit der Charité knüpfen, denn nur diese sind antragsberechtigt. Für Wissenschaftler, die schon auf einer höheren Karrierestufe stehen, bietet das Programm Gastprofessuren auf der mittleren Stufe W2 an. Jüngere haben Aussicht auf ein Äquivalent zur Juniorprofessur (W1) oder auf ein zweijähriges Stipendium in Höhe des Gehalts für wissenschaftliche Mitarbeiter. Für das Programm stehen insgesamt drei Millionen Euro bereit, die Zahl der Geförderten hängt von der Verteilung der Professuren und Stipendien ab.

Neben diesem humanitären Programm starten das Land und die Einstein-Stiftung zum Jahresbeginn noch eine zweite Initiative, mit der sie anderen Wissenschaftsstandorten weltweit Konkurrenz machen wollen. Zehn zusätzliche „Einstein-Profil-Professuren“ werden von der Damp-Stiftung aus Schleswig-Holstein mit jeweils bis zu 500 000 Euro finanziert. Stifter ist Walter Wübben, der frühere Inhaber des Krankenhauskonzerns Damp, der 2011 an die Helios Kliniken GmbH verkauft wurde. 2014 hatte Wübben der Einstein-Stiftung bereits eine jährliche Spende von drei Millionen Euro zugesagt; mit diesem Geld wurden seitdem die Einstein Visiting Fellows finanziert. Bei der Höhe des Engagements der Damp-Stiftung bleibt es, nur kommt die Spende künftig den Profil-Professuren zugute.

Dafür sollen in fünf Jahren insgesamt 15 Millionen Euro fließen. Anders als bei klassischen befristeten Stiftungsprofessuren können die Unis Lebenszeitstellen ausschreiben: Nach den ersten fünf Jahren hat das Land die dauerhafte Finanzierung von zehn Stellen zugesagt.

Es geht um die gezielte Abwerbung guter Leute

Auch hier zielt der Senat auf die „aktuelle weltpolitische Situation“ – also auf Forscher, die etwa wegen Donald Trumps Politik oder wegen des Brexit bereit sind, ins Ausland zu gehen. Es gehe ausdrücklich um die „gezielte Abwerbung guter Leute“, sagt Stock. Erwartet wird, dass sie in Berlin „innovative Forschungsfelder“ aufbauen. Damit soll das Programm auch den Berliner Bewerbungen in der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern helfen.

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