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Arabisch-deutsche junge Akademie in Berlin eröffnet: Neue Blicke auf den Orient

An der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften wurde jetzt die arabisch-deutsche junge Akademie eröffnet. Dort werden Nachwuchswissenschaftler beider Seiten fünf Jahre lang gemeinsame Projekte verfolgen.

„Ist die Wissenschaft ein Abenteuer?“, fragte Matthias Kleiner, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft und ehemaliger Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Damit meinte er nicht nur die Entdeckung neuer Tatsachen, sondern auch den kulturellen Austausch zwischen Wissenschaftlern. Ein neuer Ort dafür ist die arabisch-deutsche junge Akademie (AGYA), bei deren Deutschland-Eröffnung an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Kleiner am Sonnabend sprach.

Die AGYA ist die erste bilaterale junge Akademie weltweit. Fünfzig Forscher aus Deutschland und aus 16 arabischen Ländern arbeiten fünf Jahre lang gemeinsam an gesellschaftlich relevanten Themen. Dabei überqueren sie die Grenzen einzelner Disziplinen: Fragen zur Biodiversität werden parallel zu denen des Denkmalschutzes oder der Migration erforscht.

Vielleicht die größte Herausforderung der AGYA ist der kulturelle Austausch. Bisher kommen viel mehr Wissenschaftler aus arabischen Ländern nach Deutschland als umgekehrt. „Die arabische Welt ist für Deutsche nicht attraktiv“, vermutetete Abdelhadi Soudi, Botschafter der Alexander von Humboldt-Stiftung in Marokko bei der Podiumsdiskussion. Der Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Günther Schauerte, sprach dagegen von einem Ungleichgewicht in der gegenseitigen Erforschung. „Wir gehen in arabische Länder, um deren Kultur zu untersuchen. Mir fehlen Kollegen, die uns die deutsche und europäische Kultur erklären“, sagte er.

Den Beitrag politischer Flüchtlinge zu sozialen Bewegungen erforschen

Die AGYA habe junge Forscher ausgewählt, die nicht nur viel geleistet haben, sondern auch eine starke Persönlichkeit besitzen, sagt die Präsidentin der Akademie Verena Lepper. An der Akademie gebe es Nachwuchswissenschaftler, die nach ihrer Promotion an einer renommierten Universität wie Yale einen Ruf nach Cambridge abgelehnt haben, um in ihrem Heimatland etwas zu bewirken. „Das sind die Führungskräfte von morgen.“

Eine von ihnen ist Tamirace Fakhoury. Die Politikwissenschaftlerin kommt aus dem Libanon, wurde in Freiburg promoviert und arbeitet jetzt an der libanesisch-amerikanischen Uni in Beirut und in Berkeley. Sie beschäftigt sich mit dem Arabischen Frühling. „Viele arabische Migranten im Westen sind politische Flüchtlinge“, sagt sie. Sie hätten zu einer internationalen sozialen Bewegung beigetragen, aber würden in Studien bisher kaum beachtet, sagt die engagierte Forscherin.

"Mehr als europäische Aufklärung und arabischer Konservatismus"

Auch Sarhan Dhouib forscht zum Arabischen Frühling. Der gebürtige Tunesier hat in Deutschland promoviert und lehrt am Institut für Philosophie der Universität Kassel. „Die kritische Arbeit in der arabischen Welt wird in Europa leider nicht wahrgenommen“, sagt er. „Es gibt mehr als die europäische Aufklärung und den arabischen Konservatismus.“

Der Austausch zwischen Deutschland und der arabischen Welt ist nicht nur bei politischen Themen wichtig: Salma Balazadeh ist Pflanzenbiologin und erforscht, wie Pflanzen sich genetisch an Strapazen wie Dürre, Hitze oder einem hohen Salzgehalt anpassen. „Diese Bedingungen sind gerade in den arabischen Ländern sehr wichtig“, sagt die Forscherin, die sowohl einen deutschen als auch einen iranischen Pass hat.

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