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Gut gebrüllt. Makaken fehlt die neuronale Steuerung für Sprache.

© imago/Nature Picture Library

Anatomie: Warum Affen nicht sprechen können

Studie bestätigt Annahme von Charles Darwin: Den Affen fehlt nicht der Sprechapparat, sondern die entsprechenden Verschaltungen im Gehirn.

Die Stimme krächzte ein wenig und ein unbekannter Akzent schwang bei der Frage „Willst du mich heiraten?“ mit. Aber sonst kamen die vier Wörter klar verständlich aus dem Sprachcomputer – zur Überraschung der Sprachforscher. Schließlich ahmte der Rechner Lippen, Zunge und Kehlkopf eines Affen nach.

Seit mehr als 50 Jahren waren Forscher überzeugt, dass die Anatomie die Tiere am Sprechen hindert. Ihr Körperbau erlaube Affen zwar, Warnrufe und andere Laute zu formen. Eine Sprache wie beim Menschen sei damit aber unmöglich. „Es geht doch!“, schreiben nun Tecumseh Fitch von der Universität Wien und seine Kollegen im Fachblatt „Science Advances“.

Sie bestätigen damit eine Vermutung, die bereits Charles Darwin hegte: Der Bau des Sprachapparates zwischen Kehlkopf und Lippen unterscheidet sich bei Affen und Menschen nicht allzu sehr. Dass sich die heutigen Menschen in mehr als 6000 unterschiedlichen Sprachen miteinander verständigen, während keine Affenart eine Sprache entwickelt hat, liege an den Verschaltungen im Gehirn. Nur wir Menschen haben dort Verbindungen, die den Sprachapparat so kontrollieren und koordinieren, dass wir damit sprechen können.

Die Gipsabdrücke führten in die Irre

Diese These galt bis in die 1960er Jahre. Dann schauten sich Wissenschaftler Gipsabdrücke des Sprachapparats von toten Rhesusaffen und später von anderen Affen bis ins kleinste Detail an, fütterten ihre Computerprogramme mit den Daten und rechneten die Sprachkapazitäten der Tiere aus. Das Ergebnis war immer ähnlich: Rein anatomisch sei der Sprachapparat nicht in der Lage, derart viele verschiedene Laute zu produzieren, aus denen sich die menschliche Sprache aufbaut. Darwin war anscheinend widerlegt, zumindest auf diesem Gebiet.

Fitch und seine Kollegen machten nun Röntgenvideos von lebenden Javaneraffen. So beobachteten sie Mund und Rachen, während die Tiere Warnrufe ausstießen, während sie fraßen, schmatzten oder mit den Zähnen klapperten. Ähnlich wie ihre Vorgänger fütterten sie mit den Daten das Computermodell und stellten fest, dass die Affen sehr wohl viele verschiedene Laute produzieren und damit Tausende von Worten formen können. Anhand von Gipsabdrücken toter Tiere hatten die anderen Forscher die Möglichkeiten der Affen gewaltig unterschätzt.

Die Affen können fünf Vokale bilden

Problemlos erzeugen die Affen zum Beispiel fünf verschiedene Vokale – manche menschliche Sprache benötigt nur drei. Konsonanten wie p, b, k, g, h, m und w bereiten ihnen ohnehin keine Schwierigkeiten. Um herauszubekommen, wie die Sprache eines Affen klingt, verbanden Fitch und seine Kollegen das Computermodell mit dem Affen-Sprachapparat mit einer Software. Zwar krächzt der so erzeugte Heiratsantrag noch stark, aber die Worte sind gut verständlich. Lange bevor die Menschen sich entwickelten, waren offensichtlich die körperlichen Voraussetzungen fürs Sprechen angelegt. Für die Entwicklung von Sprache musste dann nur noch eine Steuerung im Gehirn entstehen. So, wie es Darwin vermutete.

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