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Peter-André Alt, FU-Präsident, wechselt am 1. August an die Spitze der Hochschulrektorenkonferenz.

© Thilo Rückeis

Alt wechselt von FU Berlin zur HRK: „Ich bin kein Fan von Studiengebühren“

FU-Präsident Peter-André Alt wechselt zur Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Wie er die Unifinanzen beurteilt und wie er die Schlagkraft der HRK verbessern will, verrät er im Interview.

Herr Alt, was könnte schöner sein als das Amt des FU-Präsidenten?

(lacht). Die Schönheit des Amtes hängt von der Variationsbreite seiner Aufgaben ab. Da ist die Vielfalt der Funktionen eines Universitätspräsidenten kaum zu überbieten. Das Themenspektrum reicht von Laborsicherheit bis zum Curriculum der Erziehungswissenschaften. HRK-Präsident zu sein ist vermutlich nicht schöner. Aber das Politische und Öffentliche steht hier stärker im Vordergrund. Das finde ich sehr reizvoll.

Nach acht Jahren als FU-Präsident: Womit wollen Sie in Erinnerung bleiben?

Mit dem Satz: „Er hat das, was er angekündigt hat, auch umgesetzt.“ Ich habe bei meinem Amtsantritt vor acht Jahren erklärt, dass wir bessere Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs schaffen, mehr für die akademische Lehre tun und uns enger mit den außeruniversitären Einrichtungen vernetzen müssen. Das haben wir gut hinbekommen. Außerdem ist die Freie Universität während meiner Amtszeit gewachsen: im Umfang, aber auch, was ihre Qualität und ihre Bedeutung betrifft.

An der FU ist Ihr um Ausgleich bemühtes Auftreten immer gelobt worden. Trotzdem gibt es an der FU Verwerfungen über die Verteilung der Finanzen zwischen den Fachbereichen. Was ging schief?

Es gibt eine Interessenkollision, die daraus resultiert, dass Forschung und Lehre nicht in allen Fachbereichen gleich stark sind. Wir haben ein Modell, das gute Leistung belohnt und schlechte sanktioniert. Da kann es nicht nur zufriedene Gesichter geben. Es ist derzeit aber auch keine wirklich bessere Lösung sichtbar. Denn unser Modell muss zu den Leistungsindikatoren passen, nach denen das Land Berlin uns Mittel zuweist. So kann das Universitätspräsidium zwar hier und da einige Härten mildern – aber auch nur, indem die Mittel dafür bei anderen Fachbereichen eingespart werden.

Auch andere Hochschulen in Deutschland sind unterfinanziert. Hätten Sie sich vom Koalitionsvertrag der Bundesregierung mehr versprochen?

Mehr Zeit im Bachelor. Peter-André Alt schlägt eine Reform vor (im Bild: die Silberlaube der FU).
Mehr Zeit im Bachelor. Peter-André Alt schlägt eine Reform vor (im Bild: die Silberlaube der FU).

© imago/Priller und Maug

Ein Schwachpunkt im Koalitionsvertrag ist tatsächlich, dass es für die Erhöhung des Overheads, also der Nebenkosten von Forschungsprojekten, nur eine sehr vage und unverbindliche Formulierung gibt. Gut ist aber, dass der Hochschulpakt auf Dauer gestellt wurde. Hier muss nun über den Anteil von Grundmitteln und die wettbewerblich vergebenen Mittel verhandelt werden.

In Deutschland sind im Wesentlichen die Länder für die Hochschulen zuständig, sie tragen 75 Prozent der Finanzierung. Beginnt nicht da schon das Finanzierungsproblem der Universitäten? Sie stehen im internationalen Wettbewerb und nehmen eine nationale Aufgabe wahr – aber ihre Zuschüsse bekommen sie von regional ausgerichteten Parlamenten?

Ich finde es nicht schlecht, dass die Länderparlamente Verantwortung für ihre Hochschulen haben. Problematisch ist es nur, wenn die Länder auf Bundesfinanzierungen sehr unterschiedlich reagieren. Hier brauchen wir verbindliche Regeln. Es darf sich nicht wiederholen, was beim Bafög passiert ist, nachdem der Bund die Finanzierung dauerhaft übernommen hat: Die Länder sollten die freiwerdenden Mittel für die Hochschulen ausgeben. Das haben aber nicht alle getan. Dieser Umstand hat viel größere Verschiebungen zwischen den Hochschulen ausgelöst als die Exzellenzinitiative.

Die Zahl der Studierenden in Deutschland ist deutlich gewachsen. Viele Professorinnen und Professoren macht das aber unglücklich, sie wollen die Unis nicht als Massenbetriebe und auch nicht als Ausbildungsbetriebe, sondern als wissenschaftliche Einrichtungen. Brauchen die deutschen Unis vielleicht gar nicht mehr Geld, sondern einfach nur weniger Studierende?

Ich begrüße es sehr, dass mittlerweile die Hälfte eines Jahrgangs studiert. Wir sollten aber etwas grundsätzlich an der Verteilung der Studierenden zwischen Universitäten und Fachhochschulen ändern. Beispielsweise müssen Universitäten nicht in allen Massenfächern, wie etwa den Wirtschaftswissenschaften, eine derart hohe Zahl von Studienplätzen anbieten. Außerdem sollten wir die Regelstudienzeit an die Realität anpassen. Eine Verlängerung des Bachelors auf acht Semester wäre für viele Fächer sinnvoll, dann bliebe für den Master noch ein Jahr. Das funktioniert in Großbritannien sehr gut.

Die HRK hofft auf „sozial verträgliche Studiengebühren“. Allerdings haben die fünf Bundesländer, die Studiengebühren eingeführt haben, sie längst wieder abgeschafft. Nur Baden-Württemberg versucht es noch einmal, mit Gebühren für Nicht-EU-Ausländer und für Studierende im Zweitstudium. Warum sind Studiengebühren in Deutschland so unpopulär?

Es geht um Gerechtigkeit, um den Zugang zum Studium unabhängig vom Einkommen. Das hat in Deutschland nicht geklappt. Ich bin aber ohnehin kein Fan von Studiengebühren. Auch nicht von Gebühren für Nicht-EU-Ausländer. Die Gefahr ist, dass der Staat sich aus der Hochschulfinanzierung zieht und die Gebühren immer weiter steigen.

Die HRK vertritt 268 Hochschulen und versteht sich selbst als „die Stimme der Hochschulen“. Ist sie das wirklich?

Ja. Sie kann manchmal aber auch vielstimmig sein. Nicht immer lassen sich die Interessen der verschiedenen Hochschultypen zur Deckung bringen. Dann ist es die Aufgabe des Präsidenten, daraus eine gemeinsame Stimme zu machen.

Offenbar fühlen sich die verschiedenen Hochschultypen schon seit längerem nicht gut von der HRK vertreten. Sie haben außerhalb der HRK Zusammenschlüsse gebildet, wie etwa die TU9, die UAS7 oder die HAWtech. Sie selbst waren Sprecher eines eigenen Clubs, nämlich der German U15, die die Interessen der universitären Spitzenforschung vertreten will. Warum hat es die HRK nicht geschafft, solche Gründungen zu verhindern?

Ich würde nicht sagen, dass diese Clubs quer zur HRK liegen. Vielmehr verständigen sich deren Mitgliedshochschulen untereinander über spezifischere Themen. Ich möchte aber darauf hinwirken, dass sie sich künftig stärker in der HRK engagieren, etwa, indem sie Papiere einbringen. Auch plane ich, sie regelmäßig zu besuchen, um die Stimmung in den betreffenden Gruppen besser kennenzulernen.

Nimmt die HRK genug öffentlichen Einfluss? Manche haben den Eindruck, der Deutsche Hochschulverband, die konservative Vertretung von 30 000 Professoren, sei stärker wahrnehmbar.

Den Eindruck teile ich auch. Der Hochschulverband oder auch die DFG sind deutlicher sichtbar. Das muss sich ändern. Die HRK ist eine Lobby-Gruppe, sie sollte aber auch ein Thinktank sein. Beide Rollen muss sie gleichermaßen stark wahrnehmen. - Die Fragen stellte Anja Kühne. - Peter-André Alt, 57, ist seit 2005 Professor für Neuere deutsche Literatur an der Freien Universität und seit 2010 ihr Präsident.

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