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AhA: Warum gurren Tauben?

Die männlichen Vögel wollen auf diese Weise die Weibchen locken.

Tauben sind ins soziale Abseits geraten. Heerscharen brotloser Vögel tummeln sich in der Berliner Innenstadt. Die alten Ägypter und Römer wussten Heimtreue und Orientierungssinn der Tauben noch für Nachrichtendienste zu nutzen. Heute verärgert ihre Sesshaftigkeit manchen Hauptstädter. Statt die fliegenden Briefboten zu bewundern, schimpft die Postmoderne über ihren Kot und ihr Gurren.

Von März bis August ist Brutsaison. Dann ertönt das monotone „Ruh-Ruh“ oder „Gang-Ruh-Guruh“ der Stadttauben auf Dächern und Balkonen, Mauern und Plätzen. „Tauben gurren nicht, um ihr Revier zu verteidigen“, sagt der Tierphysiologe Reinhold Necker, Emeritus der Ruhr-Universität Bochum. „Das Gurren ist Teil des ritualisierten Balzverhaltens.“

Sobald sie eine Täubin erspähen, fangen die Männchen an zu gurren. Sie verbeugen sich und richten sich wieder auf, drehen sich im Kreis, um auf sich aufmerksam zu machen. Zwischendurch schlagen sie mit den Schwingen.

Die Vögel gurren mit geschlossenem Schnabel und aufgeblasenem Kopf. Anders als der Mensch, erzeugen Tauben ihre Töne nicht durch Schwingungen von Stimmbändern im Kehlkopf. Das Stimmorgan der Vögel, die Syrinx, sitzt tief unten in der Luftröhre, ungefähr da, wo die beiden Hauptäste der Bronchien abzweigen. Mit Hilfe der Atemluft werden Membranen in der Syrinx in rasche Schwingungen versetzt. Je nach Muskelspannung, straffen oder lockern sich die Membranen, die Schwingungsfrequenz ändert sich und damit die Tonhöhe.

Die Luftröhre selbst wirkt wie ein Resonator. Sie verstärkt den Grundton und dämpft die Obertöne. Dieser Vorgang setzt sich bis zur aufgeblasenen Speiseröhre fort, die die Kehle anschwellen lässt. So bringen die Männchen jene tiefen Laute hervor, auf die die Weibchen fliegen. Das Gurren ist Musik in ihren Ohren und stimuliert sie zur Paarung. Sie haben ein besonderes Gespür für die Klangfarbe ihrer Partner, mit denen sie die gesamte Saison oder gar das ganze Leben zusammenbleiben.

„Tauben paaren sich pausenlos“, sagt Necker. Ihre Brutzeit ist mit weniger als drei Wochen sehr kurz. In einer Saison kann ein Taubenpaar daher bis zu einem Dutzend Jungvögel großziehen. Zur Geburtenkontrolle hat man in einigen Städten Taubenschläge eingerichtet, in denen ihre Eier gegen Plastik- oder Gipseier ausgetauscht werden. Thomas de Padova

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