zum Hauptinhalt

AhA: Warum fliegt der Ball um die Kurve?

Im Tennis- oder Tischtennisspiel sind Bälle mit Unterschnitt und Rückwärtsdrall sinnvoll, um das Angriffsspiel des Gegners zu bremsen. Aber im Fußball? Der italienische Spieler Andrea Pirlo zeigte, wie es geht.

Seit Sonntag spricht ganz Italien vom „Cucchiaio“. Das Wort bedeutet eigentlich Löffel. Nun aber ist „Cucchiaio“ jener Ball, den Andrea Pirlo beim Elfmeterschießen im Zeitlupentempo über den englischen Keeper hinweglöffelte. Ein raffinierter Treffer in die Mitte des Tores, ein „Cucchiaio d’oro“ (goldener Löffel).

Löffel-Elfer sieht man selten. Im flotten Tennis- oder Tischtennisspiel sind Bälle mit Unterschnitt und Rückwärtsdrall sinnvoll, um das Angriffsspiel des Gegners zu bremsen. Aber im Fußball?

Der Rückwärtsdrall gibt einem Ball Auftrieb. Eine rotierende Kugel wird stets zu der Seite hin abgelenkt, auf der sich ihre Oberfläche mit der vorbeiströmenden Luft bewegt – beim Rückwärtsdrall also nach oben. Dort entsteht ein Unterdruck, weil die umströmende Luft nahe der Balloberfläche mitgerissen wird. Schon bei geringer Umdrehungszahl segeln Schüsse mit Rückwärtsdrall daher übers Tor. Dieser Rückwärtsdrall macht den Ball auch langsamer. Als der Engländer Gary Lineker in einem Länderspiel gegen Brasilien einen Löffel-Elfer riskierte, wurde ein peinlicher Kullerball daraus.

Fußballspieler wie Philipp Lahm bevorzugen den Seitwärtsdrall. Die Flugbahn beim Sidespin, ob als Torschuss oder Bananenflanke, ist für den Torhüter schwer einzuschätzen. Denn der Ball macht eine Kurve. Wie beim Rückwärtsdrall entsteht ein Unterdruck, diesmal an der Seite. Ein Freistoß aus 23 Metern Entfernung, der mit 100 Stundenkilometern und bis zu zehn Umdrehungen pro Sekunde geschossen wird, könne um mehr als drei Meter zur Seite gelenkt werden, schätzt der britische Physiker Ken Bray.

Zurück zum Elfmeterschießen: Ein strammer Schuss in die Tormitte ist gar nicht dumm. Beim Elfmeter entscheidet sich der Keeper meist im Voraus für eine Ecke. Im WM-Finale 1974 Holland gegen Deutschland hämmerte Johan Neeskens den Ball geradewegs in die Mitte. Sepp Maier hatte nicht die Nerven, stehen zu bleiben. Beim EM-Endspiel zwei Jahre später hechtete Maier wieder in die Ecke, wodurch der Lupfer des Tschechen Antonín Panenka seinen Fängen entging.

Am Sonntag sprang auch der englische Keeper Joe Hart vergeblich ins Eck. Unterdessen flatterte Pirlos Zauberball adagio in die Tormitte. Ein Treffer, der Englands Angst vorm Elfmeterschießen auf den Punkt brachte.

Zur Startseite